„Lex Ukrajina“: Ukrainische Flüchtlinge erhalten Sonderstatus in Tschechien
Über 200.000 Geflüchtete aus der Ukraine sind bereits nach Tschechien gekommen. Damit sie möglichst unkompliziert materielle Hilfe erhalten und sich Jobs suchen können, hat die Regierung drei Sondergesetze entworfen. Das Abgeordnetenhaus hat diese am Freitag im Schnellverfahren verabschiedet. Worum geht es, und wie sehen die Hilfeleistungen des tschechischen Staates aus?
Am Freitag habe die tschechischen Abgeordneten die sogenannte „Lex Ukrajina“ gebilligt. Mit den drei Gesetzesvorlagen sollen die Flüchtlinge aus der Ukraine problemlos einen Duldungsstatus erhalten. Dieser stellt sie gleich mit EU-Ausländern, die hierzulande eine Daueraufenthaltsgenehmigung haben. Innenminister Vít Rakušan (Stan) erläuterte am Mittwoch:
„Wer diesen vorübergehenden Schutz erhält, der zunächst für ein Jahr gilt, hat in allen Ländern der EU die gleichen Rechte beim Zugang zum Arbeitsmarkt oder zum Gesundheitssystem.“
Das bedeutet, dass die Geflüchteten nicht um eine Arbeitserlaubnis bitten müssen, regulär eine Krankenversicherung abschließen sowie soziale Dienste nutzen können.
Die „Lex Ukrajina“ wird im Parlament im Eilverfahren behandelt. Dies ist möglich, weil die Regierung den Notstand ausgerufen hat. Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka (Christdemokraten) schätzt, dass die Gesetze am übernächsten Montag, also am 21. März, in Kraft treten könnten.
Durch diese erhalten die Kriegsflüchtlinge unter anderem auch das Anrecht auf einmalige Hilfsgelder in Höhe von 5000 Kronen (knapp 200 Euro). Doch schon jetzt helfe der tschechische Staat in dieser Richtung, betonte Jurečka am Freitagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Wer wirklich ohne Geld hier ankommt, kann auch ohne die Sondergesetze bei der Ankunft in Tschechien eine sofortige Hilfe beantragen. Und einige Flüchtlinge haben das auch schon getan. Die ‚Lex Ukrajina‘ vereinfacht aber unsere Maßnahmen.“
Viele geflohene Ukrainer haben Ersparnisse in ihrer Landeswährung mit sich genommen. Doch Hrywnja umzutauschen ist schwer, viele Banken und Wechselstuben in Tschechien lehnen dies derzeit ab. Marian Jurečka hat sich seinen Aussagen nach deswegen auch mit Finanzminister Zbyněk Stanjura (Bürgerdemokraten) und Nationalbank-Gouverneur Jiří Rusnok beraten, ob man den Tauschkurs der ukrainischen Währung von staatlicher Seite beeinflussen könne. Man sei aber zu keiner Lösung gekommen, so der Arbeits- und Sozialminister…
„Es gibt keinen Hebel dafür. Ein solcher Schritt ist auf legale Weise praktisch nicht zu machen. Die Leute müssen also abwarten, bis sich der Kurs der Hrywnja stabilisiert hat und die Banken sowie Wechselstuben diese wieder annehmen“, erläuterte Jurečka.
Ein Problem, das selbst die geplanten drei Gesetze nicht lösen können, ist die Unterbringung der Geflüchteten. Auch der Minister befürchtet, dass – angesichts der Lage in der Ukraine – der Zustrom der Zufluchtsuchenden nicht abreißen dürfte:
„Wir rechnen daher auch mit der Variante, dass wir provisorische Unterkünfte aufbauen müssen. Unsere Möglichkeiten, die Flüchtlinge in Hotels und Pensionen unterzubringen, geraten jetzt bereits an ihre Grenzen. Deswegen möchte ich an alle tschechischen Bürger appellieren, ukrainische Geflüchtete aufzunehmen, wenn dies nur irgend möglich ist. Die Regierung wird auch dabei helfen und einen Teil der Ausgaben erstatten. Eine Unterbringung ist zudem wichtig, damit die Menschen hier ankommen können und etwa die Sprachbarriere überwinden. Deswegen mein Appell an alle Menschen mit einem guten und offenen Herzen.“