„Lex Ukrajina 2“: Tschechien schränkt finanzielle Hilfe für ukrainische Geflüchtete ein

Die staatliche Unterstützung für ukrainische Geflüchtete in Tschechien wird eingeschränkt. Das Abgeordnetenhaus hat am Dienstag eine Verschärfung der sogenannten „Lex Ukrajina“ beschlossen.

Illustrationsfoto: Lucie Heyzlová,  Tschechischer Rundfunk

Geflüchtete aus der Ukraine, die in Tschechien eine kostenlose Unterkunft und Verpflegung nutzen, sollen demnächst keinen Anspruch mehr haben auf die monatliche Unterstützung von 5000 Kronen (200 Euro). Alle anderen, die diesen Zuschuss wiederholt beantragen, müssen nun ab dem zweiten Mal belegen, dass sie sich dauerhaft in Tschechien aufhalten – und dies bei Aufforderung auch durch persönliches Erscheinen auf dem Amt. Die Regierung will damit dem sogenannten „Sozialhilfetourismus“ Einhalt gebieten. Dabei wird unterstellt, dass einige Menschen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft nur vorübergehend nach Tschechien kommen, um sich an dem Geld zu bereichern.

Zudem haben die Parlamentarier den Zeitraum, in dem der Staat die Kosten der Krankenversicherung für die Geflüchteten übernimmt, auf 150 Tage beschränkt. Innenminister Vít Rakušan (Stan) begründete das im Plenum so:

Vít Rakušan | Foto:  Regierungsamt der Tschechischen Republik

„Dies ist ein motivierender Faktor, damit die Menschen, die nach Tschechien kommen, sich selbst eine Arbeit suchen und damit zur Finanzierung beitragen. Diesbezüglich sind wir schon sehr erfolgreich. Denn 64.000 Personen sind bereits im hiesigen Arbeitsmarkt integriert.“

Dauerhaft kostenlos bleibt die Krankenversicherung allerdings für Geflüchtete im Kindes- und Seniorenalter. Die Beschränkung für alle anderen fand die volle Unterstützung der Oppositionspartei Ano. Zumal sie auch vorgeschlagen hatte, die ursprünglich von der Regierung angedachte Frist von 180 Tagen auf 150 Tage herabzusetzen. Ebenso fand die zeitliche Einschränkung Anklang bei der zweiten Oppositionsfraktion, der Rechtsaußenpartei SPD. Der Parteivorsitzende Tomio Okamura:

Tomio Okamura | Foto:  Archiv von Tomio Okamura,  Wikmedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

„Wir sagen ganz klar, dass eine angemessene und vorübergehende Unterstützung sowie eine Unterkunft gewährleistet werden für jene Menschen, die wirklich Kriegsflüchtlinge sind. Dies aber nur für einen absolut notwendigen Zeitraum. Ansonsten sehen wir keinen Grund, öffentliche Gelder einzusetzen für die Versorgung von Migranten, die nicht vor dem Krieg fliehen. Denn dies geht auf Kosten der tschechischen Bürger.“

Die sogenannte „Lex Ukrajina 2“ wurde am Dienstag im beschleunigten Verfahren des legislativen Notstands beschlossen. Sie wird nun umgehend im Senat behandelt. Im Abgeordnetenhaus enthielten sich nur drei der anwesenden Parlamentarier, der Rest stimmte für die Reform.

Schon am Mittwoch folgte die Kritik aus dem Nichtregierungssektor. Das NGO-Konsortium für die Arbeit mit Migranten sprach sich gegen die zeitliche Begrenzung der kostenlosen Gesundheitsversorgung aus. Die ersten Flüchtlinge, die bereits Ende Februar nach Tschechien kamen, müssten demnach schon ab August selbst für ihre Krankenversicherung aufkommen. Dies dürfte den Betroffenen nicht immer bewusst sein, mahnte Andrea Krchová, die Leiterin des NGO-Konsortiums, in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

Illustrationsfoto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

„Die Menschen geraten damit in Schulden und können die Krankenversicherung nicht zahlen. Womöglich wird ihnen gar nicht mitgeteilt, dass sie Ausstände haben, und die ganze administrative Belastung bleibt an den Krankenhäusern hängen.“

Das Konsortium vereinigt 15 Hilfsorganisationen, die seit Beginn der Flüchtlingswelle bei der Aufnahme und Versorgung der Ankommenden helfen. Bei der Pressekonferenz am Mittwoch zog es eine erste Bilanz und konstatierte, dass die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung inzwischen stagniere. Die Kompetenzen und Aufgaben von Staat, Gemeinden und NGOs seien nicht klar aufgeteilt, hieß es weiter, und die Koordination funktioniere nicht. Dies liege vor allem daran, dass die Regierung sich nicht für die langjährigen Erfahrungen der Organisationen interessiere. Dabei würden zu ihnen auch erfahrene Einrichtungen wie die Caritas, Adra oder die Vereinigung für Integration und Migration zählen, so die Konsortiumsvertreter. Ihren Angaben nach haben seit Anfang März etwa 1300 Ehrenamtliche mit fast 40.000 Arbeitsstunden die Aufnahme der Geflüchteten in Tschechien unterstützt.

Autoren: Daniela Honigmann , Adéla Paruchová
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