Atelier und Garten: Pilsen ehrt Jiří Trnka mit zwei Ausstellungen
Jiří Trnka war ein bedeutender bildender Künstler, Illustrator, Drehbuchautor und Regisseur animierter Filme. In seiner Geburtsstadt Plzeň / Pilsen, die in diesem Jahr auch Kulturhauptstadt Europas ist, wird das ganze Jahr über mit mehreren Veranstaltungen an ihn erinnert. Die beiden wichtigsten davon sind zwei Ausstellungen: Das Atelier Jiří Trnka zeigt mehr als 300 seiner Werke, und der sogenannte Garten 2 ermöglicht es, in die Welt Jiří Trnkas zu treten und diese mitzuerleben. Die eine Schau wurde von Trnkas Sohn und die andere von Trnkas Enkel konzipiert. Mehr dazu nun von Markéta Kachlíková im folgenden Kultursalon.
„In der Ausstellung vertreten sind alle Disziplinen: Puppentheater, Bühnendekorationen im Nationaltheater, Bilder und Skulpturen - und natürlich auch Buchillustrationen. In dieser Branche sowie im Film hat Trnka Weltruhm erlangt. Der Film wird dokumentiert durch Drehbücher, Filmproben und Puppen. Zudem werden Trnkas Arbeiten für Weltausstellungen gezeigt: Er hat vielleicht als einziger bildender Künstler hierzulande für drei Expo-Weltausstellungen gearbeitet. 1939 schuf er für die Ausstellung in New York das Diorama Hochzeit bei den Käfern, zudem beteiligte er sich 1959 am Stand in Brüssel und 1967 in Montreal.“
Initiator und Autor der Ausstellung ist Jan Trnka, ein Sohn von Jiří und selbst bildender Künstler. Er bietet den Besuchern einen Einblick in die Arbeit seines Vaters.„Ich wollte in der Ausstellung auch etwas aus den Ateliers zeigen, sowohl aus dem privaten als auch aus dem Filmatelier. Diese werden in Form einer Installation präsentiert. Einige der Sachen haben meinem Vater gehört.“
Atelier des Vaters - für Sohn kleines Wunder
Das Atelier sei für seinen Vater der Ort gewesen, der seine Persönlichkeit am meisten geprägt habe. Und für ihn als Sohn war ein Besuch dort immer ein wunderbares Erlebnis:„Ich habe ziemlich oft sein letztes Atelier besucht. Es lag sehr schön im sechsten Stock eines Hauses in der Konviktská-Straße, mit Blick auf die Prager Burg. Ich durfte dort sogar ab und zu eines der Werkzeuge in die Hand nehmen, wenn es nicht zu scharf war. Ich habe dort gezeichnet, gemalt und auch am Reck geschaukelt. Mein Vater turnte gern, wenn er Rückenschmerzen hatte. Und ich bin auch regelmäßig in sein Filmstudio in der Bartolomějská gegangen. Das würde ich jedem Kind wünschen, so etwas zu erleben. Es war ein kleines Wunder, ein kleines Marionetten-Hollywood für mich. Es war überhäuft mit Requisiten, Dekorationen, alles verkleinert. Ich habe alles als Spielzeug wahrgenommen, es war wirklich bezaubernd.“
Wie bereits erwähnt, war Jiří Trnka in vielen Bereichen tätig. Welcher davon stand für seinen Sohn an erster Stelle?„Es sind die Bücher, die ich als Junge gelesen und geliebt habe. Die Filme habe ich damals nicht so gemocht. Dass die Filme meines Vaters für Kinder bestimmt seien, ist ein großer Irrtum. Sie gefallen ihnen gar nicht, sondern Erwachsenen, die sich an ihre Kindheit erinnern beziehungsweise sich eine Kindheit vorstellen, die sie nie erlebt haben. Heute bin ich bereits älter, als mein Vater geworden ist, und ich bin begeistert. Die Filme sind wirklich herrlich. Sie enthalten viele Allegorien und viel Humor, den Kinder nicht verstehen können, es finden sich dort viele Elemente der bildenden Kunst und viel Poesie. Ich habe die Filme unzählige Male gesehen und jetzt, als älterer Mann, bewundere ich sie.“
Jan Trnkas Favoriten aus Jugendtagen, den Kinderbüchern und Buch-Illustrationen, ist eine kleine Kammer im Keller der Pilsner Stadtgalerie gewidmet.„Ich wollte hier zuerst ein Bücherregal hinstellen. Die Besucher sollten sich die Bücher mit den Illustrationen anschauen können. Das war aber nicht möglich, da es hier im Keller feucht ist. Die Bibliothek wurde daher auf eine Filmleinwand übertragen. Wir haben die bekanntesten Bücher und ihre Figuren animiert. Sie sind in einem sehr schönen Film zu sehen.“
Ausstellung zeigt Trnkas Universalität
Diese Belebung im Film entspricht ganz dem Sinn von Trnkas Schaffen. Kurator Marcel Fišer erläutert das Gesamtkonzept der Ausstellung:„Die Ausstellung ist weder chronologisch noch nach einzelnen Disziplinen geordnet, in denen Jiří Trnka tätig war. Wir haben uns um ein neues, originelles Konzept bemüht, es soll die Universalität Trnkas zeigen. Die Ausstellung ist nach einzelnen Themen geordnet. Zu jedem Thema werden Werke aus verschiedenen Etappen und Wirkungsbereichen gezeigt. Die jeweiligen Phasen seines Schaffens werden aber von bestimmten Themen dominiert. Daher findet der Besucher auch eine logische und zeitliche Linie darin.“
Das Doppelthema „Vom Holztheater zum Nationaltheater“ zeigt die Anfänge im Marionettentheater. Trnka arbeitete in der Zwischenkriegszeit im Pilsner Theater von Josef Skupa, dem Autor der berühmten Marionettenfiguren Spejbl und Hurvínek. Während des Zweiten Weltkrieges ging Trnka nach Prag und entwarf dort unter anderem Bühnenbilder für das Nationaltheater.
Das Thema Geschichte und Tradition hat wiederum seinen Schwerpunkt in den 1940er Jahren. In der Nachkriegszeit baute Trnka ein eigenes Filmstudio auf. Dort schuf er seine Puppen- und Zeichentrickfilme, mit denen er Weltruhm erlangte. Zu den bekanntesten Kinowerken gehört die Verfilmung der alten böhmische Sagen von Alois Jirásek und der Film über den braven Soldaten Schwejk nach Jaroslav Hašek. Weitere berühmte Werke waren Die kybernetische Großmutter und Die Hand.Die böhmische Landschaft, alte böhmische Sagen, das Filmstudio, die Expo-Weltausstellungen – das sind nur einige der Bereiche der laufenden Ausstellung. Marcel Fišer:
„Ein weiterer Themenbereich ist Trnkas Beziehung zur Natur gewidmet. Er heißt ‚Imagination der Natur‘.Trnka schaffte es auf geniale Weise, die Natur in seinen Illustrationen und Bildern darzustellen. Bäume ziehen sich zum Beispiel durch sein ganzes Schaffen durch. Sie kommen in seinen Landschaftsdarstellungen, Buchillustrationen und Filmen vor. Ich denke, dass seine Vorliebe für Bäume mit seiner Holzschnitzerei zusammenhängt. Er schnitzte seine Marionetten aus Holz, schon in frühen Kinderjahren lernte er zu schnitzen. Und seine späten Plastiken aus den 1960er Jahren sind ebenfalls aus Holz. Er hatte starke Hände, in denen Holz wie Butter zerschmolz. Seine Beziehung zur Natur war geprägt durch Bäume und durch Holz als natürliches Material.“ Neben zahlreichen Werken, die von dem Künstler selbst geschaffen wurden, enthält die Ausstellung auch einige neue audiovisuelle und interaktive Installationen. Durch zwei Atelierfenster blickt man in eine Trickfilmlandschaft hinein. Animierte Filme vermitteln zudem eine Begegnung mit den Helden aus Trnkas Filmen und mit Figuren aus seinen Büchern.Interaktiv und multimedial: Garten 2
Ähnliches bietet auch die Ausstellung Zahrada 2 (Der Garten 2) im Westböhmischen Museum in Pilsen, die sich vorrangig an Kinder richtet. Der Name wurde abgeleitet vom Motiv des bekannten Buches und Films Der Garten von Jiří Trnka. Die Ausstellung setzt sich aus sechs Installationen in sechs Räumen des Museums zusammen, und jede Installation hat eine einzigartige Atmosphäre, die durch Animationen und audiovisuelle Effekte entsteht. Geschaffen wurde diese Schau von Jan Trnka und seinem Sohn Matyáš Trnka, der dazu anmerkt:
„Wir schaffen die Illusion einer anderen Welt, einer magischen Welt. Dabei verwenden wir Filmanimationen und verschiedene Kulissen wie etwa Sträucher aus Holz und einen künstlichen Rasen. Die Kinder können dort im Gras liegen, spielen, laufen, sich die Animationen ansehen. Es ging uns darum, einen ungewöhnlichen Kinderspielplatz zu schaffen.“Die Ausstellung Atelier Jiří Trnka findet bis zum 10. Mai in der Städtischen Galerie auf dem Platz der Republik in Pilsen statt. Der Garten 2 kann im Westböhmischen Museum bis 24. Mai besucht werden.