Originelles Kybernetoskop – magischer Garten von Jiří Trnka auf Schloss Chvaly
Jiří Trnka (1912–1969) war ein bedeutender tschechischer Künstler, Illustrator, Regisseur und Drehbuchautor des Puppentrickfilms. 1962 erschien sein Buch „Zahrada“ (Der Garten), das er selbst illustrierte. Auf Schloss Chvaly am Stadtrand von Prag wurde eine Ausstellung eröffnet, die von Trnkas Buch inspiriert worden ist.
Auf Schloss Chvaly am Stadtrand von Prag ist derzeit eine Ausstellung zu sehen, die sich auf das Buch „Zahrada“ (Der Garten) von Jiří Trnka bezieht. Der namhafte Künstler, Puppentrickfilmregisseur und Illustrator Trnka schrieb sein Buch „Zahrada“ im Jahre 1962. Inspiriert hat ihn vermutlich der geheimnisvolle Garten von Turbová. In dem Barockanwesen im Prager Stadtteil Košíře hat Trnka von 1938 bis 1958 gelebt. In seinem Buch erzählt er die Geschichte von fünf Jungen, die ein altes knarrendes Tor öffnen und einen geheimnisvollen Garten betreten. Dort begegnen sie einem steinernen Zwerg, einem gelehrten Walfisch, einem bösartigen Kater und fünf Elefanten. Dabei enthüllen die Jungen viele Geheimnisse. Das Buch ist sehr poetisch und humorvoll geschrieben, und es ist in Tschechien über mehrere Generationen beliebt.
Unter dem Titel „Zahrada 2“ wurde vor kurzem auf Schloss Chvaly eine interaktive Ausstellung eröffnet, die sich an Trnkas Buch anlehnt. Zusammengestellt wurde sie von Jiří Trnkas Nachkommen: seinem Sohn Jan Trnka und seinem Enkelsohn Matyáš Trnka. Beide sind bildende Künstler. Jan Trnka verbessert mich gleich beim Betreten der Installation, wenn ich von einer Ausstellung spreche. Es sei keine Ausstellung, sagt der Künstler und erläutert:
„Wir nennen es ,Kybernetoskop‘, obwohl wir nicht wissen, was ein Kybernetoskop ist. Es ist eine Bezeichnung dafür, was sich hier findet. Dazu gehören beispielsweise ein Labyrinth, Installationen zum Anfassen, interaktive Installationen. Darum nennen wir es ,Kybernetoskop‘ – also eine Art Unterhaltungsmaschine.“
Jan Trnka betont, sie seien beide vom Buch seines Vaters ausgegangen:
„Wir – Matyáš und ich – sind Künstler. Wir haben unsere eigene künstlerische Handschrift unterdrückt, denn wir ehren und respektieren meinen Vater und Matyášs Großvater. Alles entspricht seinem Denken und seiner grafischen Gestaltung.“
Nicht zu überhören im Ausstellungssaal sind etwa Hunde, die ein Trink- oder ein Volkslied singen oder eigentlich bellen. Es reiche die entsprechende Taste zu drücken, um die Vierbeiner zum Bellen zu bringen, sagt Jan Trnka:
„Das sind Hunde, die in der Nacht den wilden Wein pflücken und dann auch trinken. Im Buch treten acht Hunde auf, einschließlich eines Chow-Chows. Er ist auch hier in Chvaly auf einer der vergrößerten Buchillustrationen zu sehen. Mich hat ein wenig überrascht, dass mein Vater vermutlich nicht wusste, wie ein Chow-Chow aussieht. Darum malte er ihn wie einen verwöhnten Hund auf einem Schloss.“
Die Hauptfigur im ersten Saal der Ausstellung ist der auf den ersten Blick unsichtbare Kater. Dieser versteckt sich angeblich in einem Fass und soll nicht gestört werden, wie auf einem Schild mitgeteilt wird. Jan Trnka dazu:
„Der Kater war ursprünglich eine negative Figur, aber es zeigte sich, dass er eigentlich beinahe nett sein kann. Manchmal ist er ein wenig boshaft. Momentan schläft er im Fass. Um ihn zu wecken, reicht es zu klatschen.“
Der Boden des Saals verwandelt sich nach dem Klatschen in einen Bildschirm, auf dem der Kater, der gerade geweckt wurde, auf einem Dreirad fährt. Die kleinen Besucher können sogar versuchen, ihn zu fangen. Dafür stehen ihnen im Raum einige Dreiräder zur Verfügung.
„Dieses Spiel ist sehr beliebt. Auch in dem Buch, das mein Vater schrieb, fahren die Jungen sowie der Kater auf Dreirädern. Die Dreiräder, die hier stehen, können übrigens nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene ausprobieren.“
Hat Jiří Trnka sein Buch „Zahrada“ für seinen Sohn geschrieben? Jan Trnka dazu:
„Als ich klein war, hat er jedenfalls das Buch an mir getestet. Zuerst hat er mir eine der Geschichten erzählt, und anschließend hat er sie aufgeschrieben. Einiges davon, was er mir erzählte, hat den Test vermutlich nicht bestanden. Da ich bei einigen der Episoden nicht gelacht habe, hat mein Vater diese dann nicht ins Buch aufgenommen. Der Krake im Springbrunnen wurde beispielsweise gestrichen. Aber der Kater ist im Buch geblieben. Alles, was hier in der Installation zu sehen ist, geht von den im Buch erzählten Geschichten aus. Wir haben nur mit den Illustrationen gearbeitet.“
Eine wichtige Figur, die laut Jan Trnka in der Kunstinstallation nicht fehlen darf, ist der Zwerg. Dieser ist eigentlich ein bisschen versteckt, er steht in einem kleinen Gang.
„An der Wand hängt ein Zitat aus dem Buch, das sich auf den Zwerg bezieht. Das Buch führt eigentlich durch das ganze Kybernetoskop. Ich will den Begriff ,Ausstellung‘ nicht benutzen. Man kann von hinten in die Figur des Zwerges hineinkriechen, und dann lässt sich durch seine Augen der ganze umliegende Garten beobachten. Die Besucher können es ausprobieren. Wenn ihn niemand sieht, wandert der Zwerg durch den Garten. Aber niemand darf ihn sehen, denn er ist sehr scheu, und zudem handelt es sich um einen steinernen Zwerg.“
Ein weiterer Raum erinnert an einen Kino- oder Theatersaal. Jan Trnka zitiert dazu eine Passage aus dem Buch:
„Die fünf Jungen sollten für ihr gutes Schulzeugnis mit einem Theaterbesuch belohnt werden. Auf dem Programm stand gerade das Stück ,Prinzessin Pustelblume‘ von Jaroslav Kvapil. Da sie sich jedoch erkältet hatten, konnten sie nicht ins Theater gehen. Die Elefanten boten den Jungen darum direkt im Garten eine lustige Vorstellung. Für die Schau in Chvaly haben wir etwa 15 Sketche zusammengestellt. Es handelt sich um kurze Trickfilmszenen. Wenn man sich auf einen der Klappstühle setzt, fängt die Vorstellung automatisch an, und wenn man aufsteht, endet sie.“
Eigentlich handelt es sich um ein Elefantentheater. Die Tiere sind laut Trnka jedoch sehr ungeschickt, geben sich trotzdem viel Mühe, um humorvolle Szenen vorzuführen.
Eine wichtige Rolle spielt in Jiří Trnkas Buch ein Walfisch. Diesem begegnen die Besucher der Schau im letzten Saal. Er spricht sie von einem Bildschirm aus an, der sich in einer überdimensional großen Sardinenbüchse befindet. Jan Trnka merkt an:
„Der Walfisch verhält sich im Buch unerträglich. Er ist pedantisch und versucht, jeden zu belehren. Wenn sich der Besucher dem Bildschirm nähert, fängt der Walfisch sofort an, einen Vortrag zu halten.“
Bei der Gestaltung des „Kybernetoskops“ gingen Jan Trnka und sein Sohn Matyáš ausschließlich vom Buch „Zahrada“ aus. Die Helden haben Trnka zufolge denselben Charakter. In der grafischen Gestaltung halten sich die beiden Künstler streng an die Illustrationen von Jiří Trnka.
„Alles, was hier zu sehen ist, stammt aus dem Buch meines Vaters. Manchmal sind die Bilder vergrößert, manchmal verkleinert worden. Auch Gegenstände, die hier den Kindern zur Verfügung stehen, wurden nach den Vorbildern aus dem Buch kreiert.“
Ein Teil der Schau wurde vor neun Jahren zum ersten Mal in Plzeň / Pilsen gezeigt. Inzwischen wurde sie mehrmals erweitert und umgestaltet, wie Jan Trnka erläutert:
„Wir halten eine Regel ein: Wenn wir unser ,Kybernetoskop’ an einem neuen Ort zeigen, ergänzen wir es immer um etwas Neues. Dadurch sind weitere Exponate hinzugekommen. Derzeit wiegt das ganze Material über acht Tonnen, und für den Transport brauchen wir zwei Lkw.“
Jan Trnka merkte an, er könne sich vorstellen, auch mit einem von einem Pferd gezogenen Wohnwagen von Dorf zu Dorf zu ziehen und an jeder der Stationen ein kleineres „Kybernetoskop“ vorzuführen. Derzeit wird der magische „Garten“ von Jiří Trnka jedoch in vollem Glanz auf Schloss Chvaly gezeigt.
Die Ausstellung „Trnkova zahrada II“ (Trnkas Garten) auf Schloss Chvaly ist noch bis 19. Januar 2025 zu sehen. Das Schloss ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Die Residenz befindet sich im Prager Stadtteil Horní Počernice. Von der Endhaltestelle Černý most der Metrolinie B ist es nach Chvaly nur eine Busstation. Mehr über das Projekt erfahren Sie unter: www.zahrada2.cz.
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