Auf dem Weg zur Smart City: Pilsen testet fahrerlose Straßenbahn

Plzeň / Pilsen soll zur Smart City werden. Teil des neuen Verkehrskonzepts ist auch eine fahrerlose Straßenbahn. Die dreht bereits ihre Runden auf einer Teststrecke im Stadtteil Bory.

Die Strecke ist frei, die Testfahrt kann beginnen. Mit 20 Kilometern pro Stunde rollt die fahrerlose Straßenbahn über die Teststrecke im Pilsener Stadtteil Bory. Dann fährt ein Auto heran, kreuzt die Gleise. Bremst die Tram rechtzeitig ab? Sie bremst. Tomáš Tichý von der Technischen Universität (ČVUT) in Prag ist zufrieden:

Foto: Martina Klímová,  Tschechischer Rundfunk

„Wir haben hier vier Tage lang Messungen durchgeführt und überprüft, wie sich die Straßenbahn gegenüber Fußgängern oder anderen Fahrzeugen verhält. Die Tests sind sehr gut ausgefallen. Wir werden jetzt die Daten auswerten und vergleichen, um die Funktionen der autonomen Straßenbahn weiter verbessern zu können.“

Bei dem fahrerlosen Schienenfahrzeug handelt es sich um eine umgebaute Škoda 40T. Die Straßenbahn ist mit Kameras und Sensoren ausgestattet, um ihr Umfeld abzuscannen. Und dank 5G-Funktechnik kommuniziert sie mit anderen Fahrzeugen oder sogenannten intelligenten Kreuzungen. An denen befinden sich Detektoren, die den laufenden Verkehr erfassen und daran etwa die Ampelphasen anpassen.

An der Entwicklung der fahrerlosen Straßenbahn sind verschiedene Akteure beteiligt. Langfristiges Ziel ist, aus Pilsen bis 2027 ein Zentrum der smarten Mobilität und ein lebendiges Labor für autonomes Fahren zu machen. Federführend betreut die Westböhmische Universität das Projekt. Und auch das Pilsener Unternehmen Škoda Group ist eingebunden. Jiří Liberda leitet bei dem Schienenfahrzeughersteller die Sektion für digitale Entwicklungen. Den großen Vorteil der digitalen Tram sieht er im Antikollisionssystem:

„Dabei werden mittels Sensoren an der Front des Fahrzeuges Hindernisse erkannt. Adäquat zur Entfernung und zur Geschwindigkeit der Straßenbahn wird dann eine Bremsstrategie gewählt, sodass Kollisionen verhindert werden oder zumindest die Wahrscheinlichkeit dafür sinkt. In Zukunft wird jede autonome Straßenbahn eine solche Einrichtung haben. Aber bereits jetzt können wir die Technologie in ganz normalen Trams einsetzen, um dem Fahrer bei der Vermeidung von Unfällen zu helfen.“

Foto: Martina Klímová,  Tschechischer Rundfunk

Auch Miroslav Macháň setzt viele Hoffnungen in die neue Technik. Er ist Verkehrsdirektor bei den Pilsener Verkehrsbetrieben (PMDP) und sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Der Vorteil dieses Systems ist, dass es flüssig in das Fahren eingreift. Andere Einrichtungen funktionieren so, dass sie automatisch die maximale Bremsleistung abliefern, wenn sie ein Hindernis registrieren und der Fahrer nicht reagiert. Das kann aber dazu führen, dass die Fahrgäste umfallen. Unser System ist hingegen so eingestellt, dass es die Geschwindigkeit komfortabel verringert. Natürlich merken die Reisenden, dass gebremst wird. Es kommt jedoch nicht zu einer Vollbremsung, und niemand fällt um.“

Neben dem Bremssystem verfügt die smarte Tram auch über einen Toter-Winkel-Assistenten. Und wenn es dann doch zu einem Unfall kommen sollte, informiert sie automatisch andere Fahrzeuge in der direkten Umgebung.

Die Testfahrten in Pilsen-Bory werden in den kommenden Monaten fortgesetzt. Nach der Auswertung der Daten soll die neue Technik dann in der Praxis eingesetzt werden. Geplant ist, innerhalb der kommenden vier Jahre 22 der insgesamt rund 100 Trams in Pilsen mit dem Antikollisionssystem auszustatten. Bis die Straßenbahnen in der westböhmischen Stadt aber komplett fahrerlos unterwegs sein werden, wird es wohl noch länger dauern.

Foto: Martina Klímová,  Tschechischer Rundfunk
Autoren: Ferdinand Hauser , Martina Klímová
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