Auftrieb durch die Unzufriedenen: Programmparteitag der Sozialdemokraten

Jiří Paroubek (Foto: Ondřej Besperát, www.aktualne.cz)

Wenn am nächsten Sonntag Parlamentswahlen wären, dann sähe es für die oppositionellen Sozialdemokraten alles andere als schlecht aus. Das Reformpaket mit Einschnitten in im Sozial- und Gesundheitssystem hat der von den Bürgerdemokraten geführten Mitte-Rechts-Regierung deutlich an Zustimmung gekostet, und auch das außenpolitische Prestigeprojekt, das US-Raketenabwehr Radar, kommt bei einer Mehrheit der Tschechen nicht gut an. Ihr Anti-Reform-Kurs bringt den Sozialdemokraten derzeit Erfolg. Am Wochenende haben sie sich zu einem Programmparteitag im ostböhmischen Pardubice versammelt.

„Ich möchte allen Bürgern versichern, dass für uns bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode keine Koalition mit den Bürgerdemokraten in Frage kommt. Die beste und sauberste Lösung wären vorgezogene Neuwahlen, aber ich verstehe, dass sich die Herren aus der Regierung an ihren Positionen festklammern.“

So Sozialdemokraten-Chef Jiří Paroubek, der sich der positiven Umfragewerten seiner Partei durchaus bewusst ist. Der Wahlkampf hat nach dem Patt der letzten Abgeordnetenhauswahlen im Sommer 2006 und den Schwierigkeiten der Regierungsbildung nie ganz aufgehört – jetzt ist er vollends wieder da. Und die Richtung für die Sozialdemokraten ist klar: entgegengesetzt zum Reformpaket der Regierung. Nochmals Parteichef Paroubek:

„Wir haben die Kritik an den Regierungsreformen vertieft und klar gemacht, was an den Reformen für uns nicht akzeptabel ist und was wir annehmen können. Das ist allerdings ein Minimum. Wir lehnen die Änderungen in den Bereichen Gesundheit und Soziales ab; natürlich auch die Rückgabe des von den Kommunisten enteigneten Kirchenbesitzes in der Form, wie das die Regierung aufs Tapet gebracht hat, und nicht zuletzt die Radar-Pläne. Uns geht es um eine Stärkung der direkten Demokratie und der Solidarität in der Gesellschaft.“

Aussagen, die ODS-Fraktionschef Petr Tluchoř nicht für ausreichend hält:

„Das ist doch alles nichts Neues. Es zeigt sich, dass die Sozialdemokraten nur weiter nach einem Feindbild suchen. Es gibt auch nicht ein Zipfelchen von einem positiven Programm für die kommenden Wahlen. Die Sozialdemokraten haben nur die Kritik an der ODS, daneben gibt es kein gesamtstaatliches und auch kein regionales Thema. Das tut mir leid, dass es wieder nur über die alten Stereotypen läuft.“

Eines der wichtigsten Themen war auf dem sozialdemokratischen Programmparteitag die Vorbereitungen zum Bau des US-Raketenabwehr-Radars auf tschechischem Boden. Die Sozialdemokraten kritisieren weiterhin das Vorgehen der ODS-geführten Regierung. So auch der Abgeordnete Jan Hamáček:

Jan Kaplický mit Jiří Paroubek  (Foto: ČTK)
„Ich habe den Eindruck, dass die Regierung die Verhandlungen führt, ohne vorher dafür eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus gesichert zu haben. Dort fehlt es offensichtlich an Unterstützung, und ich bin sicher, dass das nicht gut ausgehen kann und dass eine eventuelle Ablehnung der Verträge Spuren in den tschechisch-amerikanischen Beziehungen hinterlassen wird. Wir fordern deshalb die Regierung auf, die Verhandlungen zu unterbrechen, im Rahmen der Nato an den Verhandlungstisch zurückzukehren und da die Debatte zu führen, um die es geht: eine Debatte um die Risiken, die Bedrohung und die Art und Weise, wie dem zu begegnen ist – aber ihm Rahmen der Nato, und nicht bilateral.“

Ihre Ablehnung des Radars wollen die Sozialdemokraten nun auch demonstrativ zum Ausdruck bringen – mit einer symbolischen Hungerstreik-Kette:

„Jeder von uns, der will und dem es der gesundheitliche Zustand erlaubt, soll sich an dem symbolischen Hungerstreik beteiligen. Wir würden uns dann im 24-Stunden-Rhythmus abwechseln. Die ersten stehen schon für den Beginn der Woche bereit.“

So Parteichef Jiří Paroubek. Auch er selbst wolle sich beteiligen, ließ Paroubek verlauten – aber nicht gleich zu Beginn. Der Parteichef ist erfahren genug, um erst einmal abzuwarten, was denn die Öffentlichkeit wohl zu solcher Art von Oppositionsarbeit sagen wird.