Aus Tradition hervorgegangen: Weinerntefest in Velke Pavlovice

Als die Weintrauben fast reif waren, wurde der ganze Weinberg gereinigt und alle Wege geebnet, damit man später eventuell erkennen konnte, ob jemand versucht hatte, den Weinberg zu betreten. Der "Berg" wurde sozusagen "geschlossen." In diesem alten Brauch hat auch das heutige Weinfest seine Wurzel, zu dem Winzer sowie Weinliebhaber am vergangenen Wochenende in Velke Pavlovice / Großpawlowitz zusammenkamen. In die berühmte südmährische Weinstadt lädt Sie Martina Schneibergova im folgenden "Reiseland Tschechien" ein.

Der Begriff Velke Pavlovice ist auch für die aus Böhmen stammenden Tschechen ein Synonym für das Weingebiet, aus dem viele der Weinsorten stammen, die man auch weit außerhalb Südmährens kaufen kann. Nicht alle Rotweinliebhaber ahnen, dass einer der in Tschechien populärsten Weine - der Andre - eben aus Velke Pavlovice stammt. Denn dort wurde diese Rebsorte vor einigen Jahrzehnten gezüchtet. Die heute 3.500 Einwohner zählende Stadt, die nicht weit von der österreichischen Grenze liegt, kann auf eine recht lange Winzertradition zurückblicken. Abgesehen von den Rebsorten, die angeblich schon von den römischen Legionären in Südmähren gezüchtet wurden, stammen die ersten schriftlichen Erwähnungen der Weinberge von Velke Pavlovice aus dem 13. Jahrhundert. Der Weinanbau war hier einst mit verschiedenen Bräuchen verbunden, die heute noch bei Volksfesten wieder belebt werden. Nachdem der Weinberg für eine bestimmte Zeit gewissermaßen "geschlossen" wurde, musste er, sobald die Trauben reif waren, wieder feierlich "geöffnet" werden. An diese alte Zeremonie knüpft das Schauspiel an, das den Höhepunkt des Weinerntefestes in Velke Pavlovice bildet.

"Es wird allen bekannt gegeben, dass jetzt der Weinberg geöffnet und danach die berühmte Weinlese beginnen wird. Alle Bewohner von Pavlovice und aus der Umgebung sollen hierher kommen. Vor allem sollen viele Menschen kommen, die guten Wein lieben."

Die Darsteller, die die Schließung sowie die Öffnung des Bergs vorführten, hatten vorher gemeinsam mit vielen anderen Stadtbewohnern an einem festlichen Umzug teilgenommen, der vom Winzerplatz zum historischen Speicher führte. Dieser Umzug folgt bestimmten Regeln. Der Vizebürgermeister der Stadt, Pavel Prochazka, dazu:

"Der Umzug ist sehr bunt, er stellt die Traditionen von Pavlovice dar. An der Spitze sind die Reiter mit der Fahne, hinter ihnen wird die festliche Weintraube getragen. Dann folgen Mädchen und Jungen in Volkstrachten, danach verheiratete Männer in speziellen roten Trachten. Zum Schluss fahren die Kutschen und Wagen, auf denen Trauben sowie verschiedene Werkzeuge und Maschinen transportiert werden, die die Winzer benutzen."

Die in der Nähe des Speichers errichtete Open-Air-Bühne gehörte seit Freitagabend verschiedenen Musik- und Tanzensembles. Vizebürgermeister Pavel Prochazka organisiert die Weinfeste regelmäßig seit 2003:

"Winzerfeste hat es hier zwar schon früher gegeben, aber sie wurden sehr unregelmäßig veranstaltet - vielleicht einmal in fünf oder sogar in zehn Jahren. Ich glaube, dass es uns seit 2003 gelungen ist, den Weinfesten einen wirklich wertvollen Inhalt zu geben. Wir richten das Programm auf die Folklore dieser Region aus. Es freut uns, dass jedes Jahr immer mehr Leute kommen, die Südmähren besser kennen lernen wollen. Wir sind froh, dass es ihnen hier gefällt und dass sie hier zufrieden sind."

Das Musik- und Tanzprogramm spielt sich nicht nur auf der vielleicht am besten besuchten Bühne hinter dem historischen Speicher ab, sondern auch auf dem Winzerplatz und im Stadion. Zum Weinfest gehört auch das Weinangebot an den einzelnen Winzerständen sowie in den Weinkellern. Die hiesigen Winzer gehören natürlich mit zum Programm.

"Wir hatten das Glück, dass hier im vergangenen Jahr eine Winzervereinigung entstanden ist, die einfach ´Wein aus Velke Pavlovice´ heißt. Die Winzer helfen uns damit, dass sie Imbisse verschiedener Art samt Wein und Most anbieten. Es sind alles junge Winzer, die sehr begeistert sind. Sie präsentieren hier wirklich das Beste, was sie haben und sie wollen es der Öffentlichkeit zeigen."

Foto: Martina Schneibergová
Die Winzer aus Velke Pavlovice, die den erwähnten Winzerverein gegründet haben, haben in diesem Jahr das Programm mit dem Titel "Wein in orange" gestartet. Es geht darum, dass das ganze Jahr hindurch, ab März bis Silvester, jede Woche zwei Winzer sozusagen "Dienst halten" und den ganzen Tag lang den Interessenten zur Verfügung stehen, die mehr über die Weinproduktion erfahren möchten. Sie bieten Führungen durch ihre Weinkeller samt Weinproben an, können aber vor allem von den Besonderheiten des Weinanbaus in der Region erzählen. Währen des Winzerfestes waren mehrere Weinkeller offen. Bei Winzer Baloun, dessen Weine mit mehreren Preisen auch im Ausland ausgezeichnet wurden, begegnete ich Karel Michna, den die Weinkenner aus Velke Pavlovice scherzhaft als ihren Pressesprecher bezeichnen. Ist es für einen Touristen, der nicht gerade aus einer Weinregion stammt, nicht gefährlich, mehrere Weinkeller an einem Tag zu besuchen? Der Weinkenner meinte:

"Wenn man den Wein nur kostet, und nicht trinkt, kann man viele Weinkeller besuchen. Man kann zwischendurch eine Pause einlegen. Ansonsten braucht man ein gewisses Training."

Foto: Autorin

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