Ausländische Investoren beklagen Reformstau in Tschechien

Foto: Europäische Komission

Vertreter ausländischer Investoren in Tschechien haben vergangene Woche Alarm geschlagen: Die Prager Regierung vernachlässige die wirtschaftspolitischen Reformen, warnten die Vertreter der Handelskammern Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, der Niederlande und Schwedens. Das habe schon jetzt fatale Folgen für das Land. Sybille Korte war auf der Pressekonferenz des Euro-Czech Forums, in dem sich die Industrie- und Handelskammern dieser fünf Länder zusammengeschlossen haben.

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Der Reformstau bremst Tschechiens Wirtschaftswachstum. Hätte die Regierung die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schneller modernisiert, läge das Wachstum heute mehrere Prozentpunkte höher. Da sind sich die Vertreter der fünf ausländischen Industrie- und Handelskammern einig, die vergangene Woche vor die Presse gingen. Vor einem Jahr hatten sie der tschechischen Regierung eine Agenda 2003 vorgelegt mit den aus Sicht der Wirtschaft dringendsten Reformen. Doch bis heute hat sich nicht viel getan, beklagt Dieter Mankowski, der Vorsitzende des Euro-Czech Forums, in dem die fünf Industrie- und Handelskammern zusammen arbeiten:

"Wir sprechen schon sehr intensiv, seit die sozialdemokratische Regierung am Ruder ist, das heißt seit 1997, über diese Punkte, weil diese Regierung damals als erste wirklich die Anstrengungen aufnahm, hier etwas zu tun. Leider hat sich bisher noch nicht viel Erfolg eingestellt, weil wohl entweder der politische Wille oder auch die Durchsetzungsfähigkeit im Einzelfall fehlte."

Einer der größten Bremsklötze für die wirtschaftliche Entwicklung ist das umständliche Verfahren bei der Eintragung neuer Firmen ins Handelsregister. Ohne diese Eintragung kann kein Unternehmen seine Arbeit aufnehmen. Und schon hier, beim Start, gerät der Motor ins Stottern. Monatelang müssen die Firmen warten, um überhaupt aktiv werden zu dürfen, erläutert Mankowski:

"Wir haben vor über einem Jahr schon mal mit Herrn Zeman zusammen gesessen, dem früheren Premier. Der sagte: Das gibt es überhaupt nicht, dass Handelsregister so langwierig arbeiten. Da saß dann auch ein Herr von einer französischen Großbank mit am Tisch, die damals eine tschechische Bank übernommen hatte und sagte: Wissen Sie, Herr Premier, Sie haben immer gesagt, die Banken sollen den kleinen und mittelständischen Unternehmen in Tschechien mehr Geld geben. Wir haben vor einem halben Jahr beschlossen, dass wir ein neues Vorstandsmitglied in unseren Kreis aufnehmen, dessen Zuständigkeit es sein wird, den Kleinen und Mittelständlern finanziell auf die Beine zu helfen. Wir haben damals hier in Prag sofort eine Eintragung ins Handelsregister beantragt und es ist uns bis zum heutigen Tag nicht möglich gewesen. Das heißt, diese Bank konnte ein halbes Jahr später den Beschluss noch nicht verwirklichen und in diesem auch für die tschechische Wirtschaft so wichtigen Feld nicht Kredite an Klein- und Mittelständler ausgeben. Das wäre illegal gewesen."

Die Wirtschaftsvertreter fordern deshalb, das Verfahren bei der Eintragung ins Handelsregister neu zu regeln. Gebraucht werde auch ein ganz neues Insolvenzrecht. Beim Konkurs eines Unternehmens müsse die Möglichkeit geschaffen werden, überlebensfähige Teile herauszulösen und wieder aktiv werden zu lassen. Weitere Kritikpunkte: Die Gerichte müssten in geschäftlichen Streitfragen schneller entscheiden. Ausländische und tschechische Firmen müssten gleich behandelt werden. Mankowski und seine Kollegen vom Euro-Czech Forum wissen, wovon sie reden. Fast 80 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in Tschechien kommen aus diesen fünf Ländern Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden und Schweden. Daran hängen 1,2 Millionen Arbeitsplätze.

Wenn Sie zu mehr diesem Thema hören wollen, schalten Sie am Mittwoch nächster Woche unser Wirtschaftsmagazin ein. Dort berichten wir noch einmal ausführlich darüber, warum die Attraktivität Tschechiens für ausländische Investoren in Gefahr sein könnte.