Ausstellung zur Landschaftsmalerei im Palais Kinski wiedereröffnet

Julius Edvard Marak, Herbstabend

"Die Landschaft in der tschechischen Kunst" heißt die neue Dauerausstellung, die in der vergangenen Woche im Palais Kinsky auf dem Altstädter Ring in Prag eröffnet wurde. In das herrschaftliche Palais Kinsky laden Sie Martina Schneibergova und Bernd Janning im folgenden Spaziergang durch Prag ein.

Die Ausstellung im Palais Kinsky zeigt die Entwicklung der tschechischen Landschaftsmalerei vom 17. bis 20. Jahrhundert. Es handelt sich um keine vollständig neu konzipierte Schau, denn die Landschaftsmalerei war schon vorher im Palais Kinsky, einem Haus der Prager Nationalgalerie, beheimatet. Aber die vorher zu sehende Dauerausstellung musste vor einigen Monaten wegen einer Biennale zur Gegenwartskunst pausieren. Seit der vergangenen Woche ist die ergänzte und überarbeitete Ausstellung zur Landschaftsmalerei nun wieder zugänglich.

Die Grundlagen der barocken Landschaftsmalerei legten bereits zwei Künstler, die im 16. Jahrhundert aus den Niederlanden nach Prag kamen und auf dem Hof Rudolfs II. wirkten: Roelant Savery und Pieter Stevens. Savery ließ sich oft von der Schönheit Prags inspirieren. Die nachfolgende Künstlergeneration sah die Landschaftsmalerei jedoch auch weiterhin eher als eine Ergänzung der Figuralmalerei und nicht als eigenständige Kunstform. Doch die Werke des Barockmalers Karel Skreta aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts schon ein scheinen schon eher der Landschaft hingewendet zu sein. So zum Beispiel das Gemälde "Silvio und Dorinda". Das Werk ist ein Neuzugang in der überarbeiteten Ausstellung.

Jan Jakub Hartmann und sein Sohn Frantisek Antonin waren die ersten einheimischen Künstler, die sich auf die Landschaftsmalerei spezialisierten. Ihr Stil war sehr ähnlich, sie malten Waldszenen mit ruhenden Pilgern oder Bauern, Meerlandschaften sowie Gemälde mit biblischer Thematik. Der Landschaftsmalerei schenkte auch der Barockkünstler Norbert Grund viel Aufmerksamkeit. Er malte Gärten, Parkanlagen sowie Szenen mit mythologischen Landschaftsmotiven.

Die böhmische Landschaftsmalerei erlebte ihre Blütezeit in der Romantik und im sich anschließenden Realismus. Für die Kunst in Mitteleuropa war die Nähe zu Deutschland für lange Zeit maßgeblich. Erst um das Jahr 1850 herum begannen auch tschechische Maler in Paris zu studieren. Im Unterschied zur pathetischen und vorwiegend figuralen Malerei der französischen Romantik hatte die deutsche Kunst einen eher elegischen Charakter, so wurde in den deutschen Ländern jener Zeit die Landschaftsmalerei bevorzugt.

Diese Richtung setzte sich ab 1820 auch in Böhmen durch. Ihren Höhepunkt erreichte die Landschaftsmalerei in den Werken der Schüler von Max Haushofer, zu denen Adolf Kosarek, Alois Bubak, Bedrich Havranek, Hugo Ullik, Alois Kirnig, Leopold Stephan, Wilhelm Riedel und Julius Marak gehörten. Haushofer führte seine Schüler in die Natur. Er machte sie nicht nur mit der Romantik der Alpen, sondern auch mit der tschechischen Landschaft bekannt.

Haushofers Schüler näherten sich in ihren Werken allmählich der realistischen Darstellung. So setzte sich die Malerei Antonin Chitussis nicht nur mit der Natur selbst auseinander, sondern auch mit der Stimmung den sie zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten erweckt. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vermischten sich sowohl deutsche, als auch französische Elemente in der böhmischen Malerei. Julius Maraks Schüler eröffneten eine neue Entwicklungsetappe der Landschaftsmalerei. Diese stützte sich auf ein tiefes Studium der Landschaft sowie auf ihre farbliche Darstellung und auf ihre emotionale Wahrnehmung. Um die Jahrhundertwende setzten sich dann bereits die Impressionisten - wie z. B. Antonin Slavicek - durch.

Nadezda Blazickova-Horova  (Foto: Autorin)
Die wiedereröffnete Ausstellung ist chronologisch gestaltet und umfasst die bereits erwähnte Landschaftsmalerei des Barock und des 19. Jahrhunderts, aber auch die Landschaftsfotografie des 19. Jahrhunderts, die Natur in der Kunst des 20. Jahrhunderts sowie vielerlei Zeichnungen und Graphiken. Die Kuratorin der Sammlungen des 19. Jahrhunderts, Nadezda Blazickova-Horova, erklärt:

"Die Ausstellung ist deshalb so bedeutend, weil sie die Entwicklung der Landschaftsmalerei exemplarisch zeigt. Zusammen mit der historischen Malerei war die Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert die wichtigste Kunstströmung in Europa. Die Künstler der tschechischen Landschaftsmalerei waren auf jeden Fall dazu imstande, es mit ihren Konkurrenten aus verschiedenen europäischen Kunstzentren aufzunehmen."

Die Ausstellung wird durch Begleitprogramme - wie Sonderführungen und Vorträge für Studenten ergänzt. Monika Sybolova arbeitet in der Nationalgalerie als Lektorin. Über das Angebot für ausländische Galeriebesucher sagte sie:

"Wir haben Lektorinnen und Lektoren, die die Interessenten durch unsere Sammlungen in englischer oder deutscher Sprache führen können. Es ist aber wichtig, fremdsprachige Führungen im Voraus zu bestellen. Im Messepalast der Nationalgalerie, wo die moderne Kunst ausgestellt ist, haben wir auch französischsprachige Führer."

Wie sind die bisherigen Erfahrungen? Gibt es Interesse an fremdsprachigen Führungen durch die Nationalgalerie? Monika Sybolova dazu:

"Ich glaube schon, dass das Interesse da ist. Die Führungen werden jedoch meist nicht von Einzelpersonen, sondern von kunstinteressierten Reisegruppen bestellt. Führungen in Französisch werden vor allem für Lyzeen angeboten. In Englisch werden Führungen vor allem für Gruppen bestellt, die aus den USA kommen und mit einem dortigen Kunstmuseum zusammenarbeiten. Es handelt sich meistens um sehr interessierte Menschen, die Mitglieder eines Kunstklubs sind."

Anlässlich der Wiedereröffnung der ständigen Ausstellung im Palais Kinsky präsentierte die Nationalgalerie auch schon einmal ihre nächsten Ausstellungspläne. Dazu gehört ein großes Projekt zur böhmischen und schlesischen Kunst. Über das Konzept sprach ich mit dem Kurator der Sammlung Alte Kunst, Vit Vlnas:

"Auf die Idee, eine solche Ausstellung vorzubereiten, sind unsere Kollegen aus Breslau gekommen. Sie wünschten, dass wir ein Hauptpartner des Projekts werden. Ziel ist es, erstmals ausführlich die Beziehungen zwischen den böhmischen Ländern und Schlesien im Kunstbereich zu beschreiben. Wir sind sehr froh darüber, dass diese Zusammenarbeit auch von der Europäischen Union gefördert wird."

 (Foto: Autorin)
Die geplante Ausstellung wird sich auf drei historische Epochen konzentrieren, die man als Blütezeit der böhmisch-schlesischen Kunst bezeichnen kann:

"Zum einen geht es um die Kunst des 14. Jahrhunderts und des beginnenden 15. Jahrhunderts, also um die Zeit der Luxemburger Dynastie, als Schlesien Bestandteil der böhmischen Länder wurde. Diese Zeitepoche wird anhand einiger hervorragender gotischer Kunstwerke beschrieben. Dann präsentieren wir in der Schau die Zeit Rudolfs II., als Prag zur kaiserlichen Metropole wurde. Es ist wenig bekannt, dass sich das damalige Kunstschaffen in Prag auch auf die schlesische Kunst auswirkte. Drittens wollen wir die Epoche des Hochbarock vorstellen: Die Zeit nach der Schlacht am Weißen Berg. Bis zum Jahr 1741, als Maria Theresia Schlesien an Preußen abtreten musste. Böhmen war mit Schlesien vor allem dank der Kontakte zwischen den Zisterzienserklöstern verbunden. Auch viele Adelsgeschlechter waren sowohl in Schlesien, als auch in Böhmen zu Hause."

In dieser Zeit wirkte beispielsweise der bekannteste schlesische Barockmaler Michael Willmann, aber auch Petr Brandl oder Vaclav Vavrinec Reiner. Die Prager Nationalgalerie wird eine Auswahl ihrer Werke zeigen, die für schlesische Auftraggeber entstanden sind und noch nie in der tschechischen Hauptstadt ausgestellt wurden. Obwohl es in der Vergangenheit sehr rege Kulturbeziehungen zwischen Böhmen und dem nahe gelegenen Schlesien gab, ist man sich dieser Nähe heute kaum noch bewusst. Vit Vlnas über die Ursachen:

"Dafür gibt es einige Gründe. Schlesien ist aus dem historischen Gedächtnis Tschechiens verschwunden, weil es aus ethnischer Sicht nie tschechisch war. Die dortige Bevölkerung war vorwiegend deutschsprachig. Die frühere Zusammengehörigkeit verschwand im 19. Jahrhundert allmählich, Schlesien wurde mehr und mehr zum Ausland. Erst war es Bestandteil des preußischen und danach des deutschen Staates. Kulturelemente, die aus Schlesien stammen, werden seit dem 19. Jahrhundert von den Tschechen als etwas Fremdes empfunden. Vorher wurde Schlesien dagegen für einen sehr lebendigen Bestandteil der kulturellen und politischen Identität Böhmens gehalten."