Fehlende Gesichter und Hände, klaffende Wunden: So sehen die Barockplastiken aus, die seit Montag in der Prager Galerie DION zu sehen sind. Sie stammen aus Kirchen, die während des Kommunismus in der nordböhmischen Region von Chomutov abgerissen wurden oder die verfielen.
Zu den Tönen wohlklingender Barockmusik wurden die Besucher der Vernissage durch die Ausstellung der geschundenen Heiligenfiguren geführt. Die Ausstellung soll nach Meinung der Initiatoren vom Regionalmuseum von Chomutov / Komotau den qualvollen Weg darstellen, den das Land während der Jahre des Aufbaus des „realexistierenden Sozialismus“ gegangen ist. Die ausgestellten Kunstwerke stammen zwar nur aus der Region von Chomutov, aber Kirchen, Schlösser, Plastiken und andere Werke wurden praktisch überall vom selben Schicksal getroffen. Im Grenzgebiet war die Verwüstung noch schwerwiegender als anderswo.
Stanislav Ded
Im früheren Bezirk Chomutov sind insgesamt 107 Gemeinden und 29 Kirchen vollständig verschwunden. Auf das Landschaftsbild wirkten sich die Vertreibung der deutschen Bevölkerung nach dem Krieg sowie später eine mangelnde Besiedlung der Region aus. Außerdem wurde die Landschaft durch den Bergbau, den Bau von einigen Stauseen sowie die Errichtung einiger Militärübungsplätze stark beschädigt, sagt der Leiter des Museums in Chomutov, Stanislav Ded. Die Barockstatuen, die er für die Ausstellung ausgesucht hat, wurden währenddessen an verschiedenen Orten gelagert. In den neunziger Jahren landeten sie in einer Grundschule in Kadan / Kaaden, sagt der Museumsleiter.
„Dort lagen sie alle auf einem Haufen in absolutem Chaos auf dem Sandboden. Bei den Vorbereitungen für die Einrichtung eines Museums im Franziskanerkloster in Kadan wurden die Plastiken entdeckt. Wir haben uns entschieden, in Zusammenarbeit mit weiteren Institutionen die Plastiken öffentlich zugänglich zu machen, weil es sich um wertvolle Kunstwerke handelt.“
Da es aber um die Botschaft geht, die diese Statuen vermitteln, werden fehlende Hände, Füße oder andere Teile nicht ersetzt. Allmählich sollen die einzelnen Heiligenstatuen jedoch konserviert und teilweise restauriert werden. Denn künftig werden sie gemeinsam mit weiteren Plastiken, die ein ähnliches Schicksal hatten, im Museum der verschwundenen Gemeinden ausgestellt, dass zurzeit in der Gemeinde Perstejn bei Kadan errichtet wird.
Die Ausstellung mit dem Titel „Zeugen vergangener Zeit“ ist in der Galerie DION im Prager Stadtteil Prosek bis zum 19. Dezember zu sehen.