Babiš enttäuscht: Auch Slowaken erklären Tschechien zum Corona-Risikogebiet
Noch am vergangenen Mittwoch hatte der tschechische Premier Andrej Babiš (Partei Ano) nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen in Wien verkündet: Tschechien, Österreich und die Slowakei planen keine gegenseitigen Reisebeschränkungen wegen der aktuellen Corona-Lage. Seit Montag aber ist diese Behauptung hinfällig. Denn die Slowakei hat Tschechien zum Corona-Risikogebiet erklärt. Und das ist letztlich auch eine Enttäuschung für Babiš, den gebürtigen Slowaken.
Die Tschechen und Slowaken gelten in ganz Europa als Musterpartner. Fast ein Dreivierteljahrhundert bildeten sie einen gemeinsamen Staat, und seit der Trennung im Jahr 1993 pflegen sie sehr enge und in vielen Fällen auch familiäre Beziehungen. Von daher kommt es selten vor, dass man beispielsweise außenpolitisch einer anderen Meinung ist. Die Corona-Pandemie aber stellt die nahezu tadellosen Beziehungen nun vielleicht vor ihre bisher größte Zerreißprobe. Angesichts der seit Anfang September rapide gestiegenen Infektionszahlen in Tschechien wuchs auch in der Slowakei die Angst vor einer Ansteckungswelle von Seiten des westlichen Nachbarn. Und nun wurde es Gewissheit: Ab Freitag ist Tschechien von Bratislava aus gesehen ein Corona-Risikogebiet. Das heißt, für die Einreise aus Tschechien in das Nachbarland wird entweder ein negativer Coronatest nötig, oder man muss in Quarantäne gehen. Dazu sagte der slowakische Premier Igor Matovič am Montagabend:
„Es tut mir sehr leid, aber die Tschechische Republik befindet sich jetzt in einer schlimmen Situation. Drücken wir ihr die Daumen, dass sie so schnell als möglich wieder in unsere grüne Gruppe der risikoarmen Länder gelangt.“
Diesem Wunsch schickte der slowakische Regierungschef dann noch eine etwas versöhnliche Botschaft hinterher, indem er auf die trotz allem geltenden Ausnahmeregelungen verwies:
„Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, einen Modus Vivendi zu vereinbaren, so dass wir nicht davon sprechen können, dass unsere gemeinsame Grenze geschlossen wird. Es wird vor allem im Grenzgebiet Sonderregelungen geben, denn wir sind uns bewusst, dass dort sehr enge Bindungen bestehen.“
Der Staatssekretär im slowakischen Außenministerium, Martin Klus, hatte zuvor mitgeteilt, dass sich diese Ausnahmen vor allem auf Arbeitspendler in einer Entfernung von 30 Kilometern von einem Grenzübergangspunkt beziehen. Doch auch andere weitere Berufsgruppen wurden berücksichtigt, darunter Pädagogen, Wissenschaftler, Mediziner und Landwirte, aber auch Studenten, einige Sportler und Künstler. Trotz dieser Zugeständnisse zeigte sich der tschechische Premier Andrej Babiš (Partei Ano) von der Entscheidung seines Geburtslandes enttäuscht:
„Ich denke, dass wir kein Risikoland sind. Die slowakischen Epidemiologen haben anhand irgendwelcher Zahlen entschieden. Doch wir sollten darüber diskutieren, wer, wo und wie oft Corona-Tests durchführt. In der Slowakei wird fünfmal weniger getestet als bei uns. Deswegen bedauere ich diese Entscheidung. Hoffen wir nur, dass dies nicht in grundlegendem Maße unseren wirtschaftlichen Beziehungen schadet.“
Premier Matovič wiederum kritisierte den Staatssekretär Klus, er habe die Öffentlichkeit schon vor ihm via Facebook darüber informiert, dass man Tschechien nunmehr als ein Risikogebiet einstuft. Dies wollte er Andrej Babiš zunächst persönlich mitteilen, so Matovič. Das hielt Martin Klus jedoch nicht davon ab, etwas später gegenüber dem Tschechischen Fernsehen zu erklären, wie diese Entscheidung zustande gekommen sei:
„In letzter Zeit haben sich einige Politiker in Tschechien relativ nachsichtig zur Maskenpflicht gezeigt, und das war in der Slowakei ein sehr großes Thema. Ich weiß, dass dies inzwischen korrigiert wurde, und deshalb haben wir im zentralen Krisenstab in Bratislava dann auch so argumentiert, dass die Bedingungen für die Tschechische Republik nach ihrer Einstufung in die rote Gruppe etwas milder sind.“