Babišs zweiter Versuch zur Regierungsbildung wohl schon gescheitert

Andrej Babiš und Richard Brabec (Foto: ČTK)

Die Gespräche über eine Regierungskoalition der Partei Ano mit den Sozialdemokraten sind gescheitert. Dies ist das Ergebnis ihrer Verhandlungen am Donnerstagabend.

Andrej Babiš und Richard Brabec  (Foto: ČTK)
Seit den Wahlen im Oktober vergangenen Jahres sondierte die Partei Ano von Premier Andrej Babiš in alle Richtungen. Nachdem die Bürgerdemokraten endgültig nichts von einer gemeinsamen Regierung wissen wollten, schien der Weg frei für eine Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten (ČSSD) – das außerdem mit der Unterstützung der Kommunisten. Der Erfolg schien von Anfang an fraglich, denn beide Parteien hatten in ihrer programmatischen Ausrichtung gleich 17 unterschiedliche Positionen. Am Donnerstag erklärte der Vizechef der Ano-Partei, Richard Brabec, indes:

„Im programmatischen Bereich sehen wir keine Widersprüche, die wir nicht überwinden könnten. Wir können uns also einigen.“

Jan Hamáček  (links). Foto: ČTK
Das war wenige Stunden vor dem Gipfeltreffen zwischen Babiš und Sozialdemokraten-Chef Jan Hamáček und ihren jeweiligen Stellvertretern am Donnerstagabend. Dabei sollten eigentlich nur noch die personellen Fragen geklärt werden. Doch der größte Streitpunkt wurde nicht gelöst: die Rolle von Andrej Babiš, gegen den wegen mutmaßlichen EU-Subventionsbetrugs strafrechtlich ermittelt wird. Die Sozialdemokraten wollten ihn deshalb nicht im möglichen gemeinsamen Kabinett haben. Weil der geschäftsführende Premier aber partout nicht auf eine Fortsetzung seiner Regierungstätigkeit verzichten wollte, bot Hamáček seinem Gegenüber an, den Sozialdemokraten wenigstens das Finanz- oder Innenministerium zu überlassen. Auch deswegen, um beispielsweise eine unabhängige Polizeiarbeit zu garantieren. Doch Babiš lehnte ab. Hamáček verkündete daher vor den Medien:

Justizministerium | Foto: Filip Jandourek,  Tschechischer Rundfunk
„Ich muss konstatieren, dass die Partei Ano alle unsere konstruktiven Angebote ausgeschlagen hat. So bleibt mir nichts anderes übrig, als am Freitag auf der Sitzung unseres Parteivorstands vorzuschlagen, die Verhandlungen mit der Ano über eine mögliche Regierungskoalition zu beenden.“

Andrej Babiš sieht die Gründe für das Scheitern der Verhandlungen mit den Sozialdemokraten logischerweise völlig anders. Seiner Auffassung nach habe seine Partei das Maximum für die Bildung einer stabilen Regierung getan. Hierbei habe man den Sozialdemokraten in der finalen Runde sogar mehrere andere gewichtige Ressorts angeboten, darunter das Justizministerium. Doch der Verhandlungspartner sei stur geblieben, sagte Babiš vor den Medien:

„In den gesamten Verhandlungen ging es nur darum, dass die Sozialdemokraten den Posten des Innenministers für Herrn Hamáček bekommen.“

Ivan Bartoš  (Foto: Adéla Paulík Lichková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Jan Hamáček wies diesen Vorwurf umgehend zurück. Und die meisten der anderen Parlamentsparteien sehen gleichfalls in Andrej Babiš den Verantwortlichen für das Scheitern dieser Koalitionsverhandlungen. So auch Piraten-Chef Ivan Bartoš:

„Dass Andrej Babiš mit niemandem übereinkommt, zeigt deutlich, dass er kein staatsbildender Politiker ist. Er verhandelt vielmehr nach dem Motto ‚Der Sieger erntet alles‘. Von daher kann es durchaus sein, dass wir bald schon der Möglichkeit von Neuwahlen ins Auge sehen müssen.“

Mit dieser Möglichkeit rechnet auch der Politologe Petr Jüptner, zumal die geschäftsführende Regierung von Premier Babiš ihr nicht legimitiertes Mandat derzeit nutzt, um weiter auf Stimmenfang zu gehen. Jüptner erwähnte beispielsweise den jüngsten Regierungsbeschluss, ab Juni die Bus- und Bahnfahrpreise für Rentner und Jugendliche merklich zu reduzieren. Dennoch sieht Jüptner einen erneuten Urnengang längst nicht als einzige Alternative an:

Petr Jüptner  (Foto: YouTube Kanal PK FSV UK)
„Der Weg zu vorgezogenen Neuwahlen ist sehr kompliziert. Bisher wurde erst ein Versuch zur Regierungsbildung unternommen, für den weiteren Prozess wird Präsident Miloš Zeman eine sehr wichtige Rolle spielen. Aktuell erwarte ich eher, dass die Vertreter aller Parlamentsparteien eine Vielzahl von Verhandlungen führen werden. Die Partei Ano wird sich dabei sicher mit den Kommunisten und der Partei Freiheit und direkte Demokratie treffen. Denn die Ano will ihren Wählern und der Öffentlichkeit zeigen, dass man das Maximum für die Bildung einer stabilen Regierung getan habe. Vor allem aber, dass die Partei nicht für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich ist.“

Präsident Zeman, der bis Freitagmittag zu Besuch in der Slowakei weilte, wollte sich noch nicht zu den gescheiterten Verhandlungen von Ano und Sozialdemokraten äußern. Er wolle zunächst mit Babiš persönlich darüber sprechen, sagte sein Sprecher am Freitag.