Barbora Špotáková reist als größte Goldhoffnung für Tschechien nach Peking

Barbora Špotáková, foto: Ludovic Péron, CC BY 3.0

Der Juli und der August hielten und halten zwei große Sportereignisse parat: das Radsportevent Tour de France und die Olympischen Spiele in Peking. In der chinesischen Hauptstadt will die tschechische Olympiamannschaft versuchen, zumindest acht Medaillen wie vor vier Jahren in Athen zu gewinnen. An Sympathie und Erfahrung wiederum hat bei der Frankreich-Rundfahrt ein anderer Tscheche gewonnen: Roman Kreuziger.

Roman Kreuziger  (Foto: ČTK)
Am vergangenen Sonntag ist in Paris die 95. Tour de France zu Ende gegangen. Die Radsportwelt feiert jetzt den neuen Tourkönig Carlos Sastre aus Spanien sowie die weiteren Gesamtsieger in den begehrten Trikotwertungen. In die Annalen des populären Radrennens aber hat sich auch ein junger Tscheche eingeschrieben, der gleich bei seiner ersten Frankreich-Schleife einen hervorragenden 13. Platz erkämpfte.
Roman Kreuziger  (Foto: ČTK)
Die Rede ist von Roman Kreuziger, dem 22-jährigen Junioren-Weltmeister und diesjährigen Gewinner der Tour de Suisse. Mit seiner Gesamtplatzierung schaffte er auf Anhieb das beste Resultat, das jemals ein Tscheche bei der Frankreich-Rundfahrt erreicht hat. Und nur sehr knapp hat Kreuziger zudem sein heimliches Ziel, den Gewinn des weißen Trikots für den besten Fahrer bis 25 Jahre verfehlt. Mit etwas über einer Minute Rückstand belegte er in dieser Wertung den zweiten Platz hinter dem Luxemburger Andy Schleck. Sein spanischer Rennstall Liquigas allerdings konnte sich insgesamt nicht so stark in Szene setzen. Dementsprechend urteilte Kreuziger dann auch über seine erste Tour:

„Ich denke, von meiner Seite ist die Tour relativ gut gelaufen, aber von Seiten meines Teams bleibt der Makel, dass wir keinen Etappensieg erringen konnten. Für mich war es eigentlich eine Rundfahrt wie jede andere, auch wenn ich sagen muss, dass der durch die Medien und das Zuschauerinteresse aufgebaute Druck schon etwas größer ist. Da kommt dann eines zum anderen.“

Špotáková: In Peking will ich alles geben und mein Leistungspotenzial ausschöpfen

Barbora Špotáková | Foto: Ludovic Péron,  CC BY 3.0
In gut einer Woche, am Freitag, dem 8. August, werden in Peking die Olympischen Sommerspiele feierlich eröffnet. Unter den rund 10.500 Athleten aus aller Welt, die sich als Teilnehmer für das Großereignis angemeldet haben, werden auch 133 Sportlerinnen und Sportler aus Tschechien in 19 Sportarten an den Start gehen. Das ist die zahlenmäßig zweitstärkste Vertretung, die die Tschechische Republik jemals zum olympischen Wettstreit entsandt hat. Bei den letzten Sommerspielen vor vier Jahren in Athen haben die tschechischen Wettkämpfer acht Medaillen errungen, darunter die goldene durch Zehnkampf-Weltrekordler Roman Šebrle. Milan Jirásek, der Vorsitzende des Tschechischen Olympischen Komitees (ČOV) wäre zufrieden, wenn seine Sportler auch diesmal mit der gleichen Medaillenausbeute nach Hause kämen. Ein Roman Šebrle oder eine Štěpanka Hilgertová im Wildwasser-Kanuslalom werden es allerdings schwer haben, ihre Erfolge von Athen zu wiederholen. Es müssen sich also auch andere aufdrängen, um die Lorbeeren zu pflücken.

Die tschechische Athletin mit der größten Chance nicht nur auf eine Medaille, sondern sogar auf den Olympiasieg ist zweifelsohne die Speerwerferin Barbora Špotáková. Die Weltmeisterin des Vorjahres hat bisher eine exzellente Saison hingelegt, in der sie ihre schärfsten Kontrahentinnen ein ums andere Mal bezwang. Besonders wichtig aber war ihr der Sieg am 13. Juli beim Weltcup-Meeting in Athen:

„In Athen war die komplette Weltelite am Start. Nach dem Einwerfen, bei dem fast alle Konkurrentinnen besser waren, wusste ich nicht so recht, ob ich sie alle schlagen kann. Nach einer etwas längeren Pause war es nicht einfach für mich, wieder in den Wettkampfrhythmus zu finden. Von daher war es ein wirklich wichtiger Sieg für mich, über den ich mich sehr gefreut habe.“

Ende Mai hat Barbora Špotáková beim Meeting in Saragossa mit 69,15 Meter einen neuen Landesrekord aufgestellt. Nur einige Tage später, bei den Landesmeisterschaften in Tábor, warf sie den Speer sogar erstmals über 70 Meter. Da sie beim diesem Versuch jedoch leicht übergetreten hatte, konnte er nicht als neuer Rekord gewertet werden. Dennoch: Mit diesen Weiten hat die Weltmeisterin der Konkurrenz nicht nur den Fehdehandschuh hingeworfen, sondern sich vielmehr auf das Favoritenschild für den olympischen Wettkampf gehoben. Eine Rolle, die Barbora Špotáková dankend annimmt, auch wenn sie einräumt:

„Es wird auf jeden Fall schwieriger für mich als im vergangenen Jahr. Als hohe Favoritin stehe ich nämlich auch unter einem größeren Druck. Auf der anderen Seite zeigen die 70-Meter-Weite von Tábor und der Landesrekord, den ich in Saragossa geworfen habe, dass auch mein Leistungspotenzial gestiegen ist. Das stimmt mich zuversichtlich. Wenn ich demnach bei Olympia das zeige, was ich drauf habe, dann muss ich mich vor niemandem fürchten. Also werde ich in Peking versuchen, das abzurufen, was ich zu leisten vermag.“

Nichtsdestotrotz, die Gegnerschaft wird ihr den Olympiasieg nicht schenken. Beim Meeting von Athen spürte die tschechische Topathletin auch bereits, auf welche Kontrahentinnen sie besonders achten muss:

„Nun ja, meine schärfste Konkurrenz schält sich bereits heraus. In Athen zeigte besonders die kubanische Weltrekordlerin Osleidys Menendez, dass man in Peking wieder mit ihr rechnen muss. Und natürlich muss ich meine deutsche Konkurrentin Christina Obergföll nennen, die in Athen erneut den Eindruck hinterließ, perfekt vorbereitet zu sein. Wenn sie es schaffen sollte, ihre noch etwas instabile Technik weiter zu konsolidieren, dann wird sie auf jeden Fall eine sehr gefährliche Gegnerin sein.“

Auch Steffi Nerius, die zweite deutsche Olympiahoffnung hat Barbora Špotáková auf ihrer Rechnung. Weniger allerdings die Speerwerferinnen des Gastgeberlandes, obwohl es heißt, dass die Chinesen und Chinesinnen von allen abgeschirmt auf eine möglichst hohe Medaillenausbeute getrimmt würden:

„Ich glaube nicht daran, dass sich eine Chinesin zum Beispiel von bisher 62 Metern im Nu auf 68 Meter verbessern kann. Das wäre eine große Überraschung, denn so etwas passiert sehr selten. Ich denke aber, dass sich zumindest eine Chinesin für das Finale der besten Acht qualifizieren wird.“

Dafür könnte Barbora Špotáková ein anderer chinesischer Gegner durchaus Probleme bereiten – der Smog in Peking. Die 27-Jährige aber glaubt, auch dem zu trotzen:

„Allzu sehr fürchte ich den Smog nicht, denn meine Disziplin gehört nicht zu den Ausdauerdisziplinen, in denen er die Athleten wirklich belastet. Ich hoffe aber, dass ich mich auf diese Bedingungen gut einstellen kann in den neun Tagen, an denen ich mich vor dem Wettkampf in Peking aufhalten werde. Ändern kann ich es ohnehin nicht. Wer sich darüber schon jetzt den Kopf zerbricht, tut meiner Meinung nach nicht gut daran.“

Um sich bei Olympia in einer bestmöglichen Form präsentieren können, hat sich Barbora Špotáková bis zu ihrem Abflug nach Peking in ein individuelles Trainingscamp ins Riesengebirge zurückgezogen. Ihr Ausrüster Nike will anderseits dafür Sorge tragen, dass die tschechische Medaillenhoffnung auch mit einem optimalen Schuhwerk in Peking an den Start geht. Deshalb hat Nike für Špotáková maßgeschneiderte und mit goldenen Streifen abgesetzte Spikes anfertigen lassen. Eine gut gemeinte Idee, der Barbora allerdings mit einem Augenzwinkern nicht so recht über den Weg traut:

„Ich habe nie über goldene Spikes gesprochen. Das war die Idee von Nike. Ich hoffe nur, dass sich die damit verknüpfte Symbolik nicht von mir abwendet.“

In drei Wochen, wenn die Speerwurfkonkurrenz der Damen in Peking über die Bühne geht, wird man sehen, ob Barbora Špotáková ihre Anstrengungen und ihre Fähigkeiten auch in olympisches Goldmetall ummünzen kann.

Autor: Lothar Martin
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