Basketballerinnen von USK Prag triumphieren die Europaliga

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Als relativ kleines Land hat es die Tschechische Republik nicht leicht, international im Spitzensport auf allerhöchstem Niveau mitzuhalten. Besonders im Teamsport ist es schwierig, in der Weltelite Fuß zu fassen. Wenn dann aber eine Mannschaft ihre Außenseiterrolle nutzt und einen überraschenden Erfolg verbucht, ist die Freude darüber wohl doppelt groß. Ein solcher Erfolg ist am vergangenen Sonntag einem Prager Team im Damen-Basketball gelungen.

USK Prag  (Foto: ČTK)
„Unverhofft kommt oft“, sagt eine Redensart. Im Sport sind damit die Erfolge der Außenseiter über die Favoriten gemeint. Doch die werden immer rarer, weil auch hier die Schere immer mehr auseinander geht zwischen den reichen Clubs und den auf Sparflamme wirtschaftenden Vereinen. Diese Rollenverteilung gab es auch beim diesjährigen Final-Four-Turnier der Europaliga im Basketball der Frauen, das am vergangenen Wochenende in Prag stattfand. Teilnehmer waren die finanzstarken Vereine Fenerbahce Istanbul nebst Jekaterinburg und Kursk aus Russland sowie der gastgebende USK Prag. Alle Experten rechneten mit dem Turniergewinn der Teams aus Jekaterinburg oder Istanbul, am Ende aber wurde ein anderer Name als Sieger ausgerufen:

Im Halbfinale bezwang USK Prag Fenerbahce Istanbul  (Foto: ČTK)
„USK Prag ist der Champion der Europaliga in der Saison 2014/15“, verkündete der Hallensprecher.

Auf dem Weg zu dieser Sensation haben die Basketballerinnen des Hauptstadtvereins die beiden Favoriten des Turniers aus dem Feld geschlagen: Im Halbfinale bezwangen sie Fenerbahce Istanbul deutlich mit 62:49 und im Endspiel den scheinbar übermächtigen UMMC Jekaterinburg mit 72:68.

Das waren zwei Resultate, die ihre erfolgreichen Protagonistinnen nach dem letzten Abpfiff kaum fassen konnten. Nationalspielerin Jana Veselá:

Ilona Burgrová  (rechts). Foto: ČTK
„Ich kann es immer noch nicht glauben, es ist einfach super. Der Gewinn der Europaliga ist für mich etwas Unglaubliches, mit den Mädels haben wir es allen gezeigt. Ich finde keine Worte.“

Kapitänin Ilona Burgrová:

„Mir fällt nur ein: einfach Bombe, unglaublich! Ich weiß wirklich nicht, was ich jetzt sagen oder machen soll…“

Ihre Arbeit aber haben die Spielerinnen des Universitäts-Sport-Clubs (USK) bereits zuvor mit Bravour erledigt. Allen voran die beiden US-Amerikanerinnen Kia Vaughn und Danielle Robinson, die das Team antrieben, aber auch Jana Veselá, die im Finale elf Körbe erzielte. Zwei ganze wichtige Körbe warf Veselá in den nervenaufreibenden Schlusssekunden der Partie, die sie von der Freiwurflinie einnetzte:

Jana Veselá  (rechts). Foto: ČTK
„Ich bin zum Punkt gegangen mit der Einstellung, ich muss beide Freiwürfe verwandeln. Im Training sind mir diese Würfe ganz gut gelungen, von daher hatte ich genügend Selbstvertrauen.“

Im an Spannung und Dramatik kaum noch zu überbietenden letzten Viertel kamen die Russinnen von zehn Zählern Rückstand noch bis auf zwei heran, für die endgültige Entscheidung aber sorgte Veselá mit den bereits erwähnten Freiwürfen. Kapitänin Burgerová saß da nach vier Fouls und der taktischen Maßnahme von Trainerin Natália Hejková nur noch auf der Bank. Dort habe es sie vor lauter Nervenflattern kaum ausgehalten, sagte die Nationalspielerin und ließ wie alle ihrer Freude zusammen mit den Teamkolleginnen nach dem Abpfiff freien Lauf. Jana Veselá aber wusste, bei wem man sich noch zu bedanken hatte:

Finale der WM 2010  (Foto: YouTube)
„Das ist unsere ganz besondere Spezialität in Tschechien: Wenn wir zu Hause spielen, dann gewinnen wir auch. Das war so bei der WM 2010, und jetzt auch hier beim Europaliga-Finale. Es herrschte eine Superatmosphäre, die Halle war ausverkauft und die Fans haben uns nach vorne getrieben.“

Zusammen mit Jana Veselá stand Ilona Burgrová vor fünf Jahren auch in der tschechischen Nationalmannschaft, die in Karlovy Vary / Karlsbad die WM-Silbermedaille gewann.

„Ich denke, die Silbermedaille werde ich weiterhin etwas höher einstufen, doch was wir jetzt geschafft haben, ist bombastisch. Denn es wird sehr schwer sein, solch einen Erfolg irgendwann zu wiederholen.“

Natália Hejková  (Foto: ČTK)
Die slowakische Trainerin von USK Prag, Natália Hejková, ist da etwas anderer Meinung. Kein Wunder, denn sie hat die Trophäe für den Sieger der Europaliga nun bereits zum fünften Mal erobert. 1999 und 2000 ist ihr das mit dem slowakischen Team aus Ružomberok gelungen sowie in den Jahren 2007 und 2008 mit Spartak Moskau Region. Vor dem schweren Spiel gegen die mehrfachen Titelträger aus Jekaterinburg war die 61-Jährige daher gelassen und gedämpft optimistisch:

„Das wird wieder ein harter Kampf. Klar, Jekaterinburg ist der Favorit, und in dieser Saison haben wir beide Spiele gegen die Russinnen auch verloren. In den letzten Jahren war das nicht anders, stets haben wir gegen sie in den Gruppenspielen den Kürzeren gezogen. Jekaterinburg hat eine große Finalerfahrung, wir sind Neulinge in einem Endspiel. Den Spielerinnen aber habe ich eingeimpft: Das ist die Chance, die man vielleicht nur einmal bekommt.“

Illustrationsfoto: Miguel Ugalde,  Free Images
Und ihre Schützlinge haben diese Chance beim Schopfe gepackt. Daher ist der USK Prag nun das zweite Damenteam, das den Europapokal nach Tschechien geholt hat. Im Jahr 2006 war dies der Mannschaft von Gambrinus Brünn gelungen. Jana Veselá stand vor neun Jahren in der Brünner Mannschaft. Dazu hat sie die Europaliga auch im Trikot von Valencia und somit nun schon zum dritten Mal gewonnen:

„Ich will das nicht vergleichen, denn jedes Team war anders. Der erste Titel ist natürlich immer der schönste. Aber auch diesen dritten schätze ich sehr, und zwar weil unsere Prager Mannschaft lange Zeit nur auf der Stelle trat. Nun aber haben wir etwas Großes gewonnen. Deshalb freuen wir uns riesig, und der Triumph wird groß gefeiert.“

Zu Recht, denn wenn der David den Goliath schlägt, wird auch im Sport oft etwas Einmaliges geleistet.

Rennfahrer Štybar erster Tscheche auf dem Podium nach Paris–Roubaix

Rad-Klassiker Paris–Roubaix  (Foto: ČTK)
Einen historischen Erfolg feierte am Sonntag auch der tschechische Rennfahrer Zdeněk Štybar. Beim berühmten Rad-Klassiker Paris–Roubaix belegte er den hervorragenden zweiten Platz. Im Schlussspurt einer siebenköpfigen Spitzengruppe musste er sich im Velodrom von Roubaix lediglich dem Deutschen John Degenkolb beugen. Štybars Klasseleistung erbrachte somit die erste Podiumsplatzierung eines Tschechen bei dem wegen seiner Härte als „Hölle des Nordens“ bezeichneten Rennen. Die Schwierigkeiten und Gefahren der Strecke liegen vor allem auf den engen Kopfsteinpflaster-Straßen.

Štybars belgischer Rennstall Etixx-Quick Step war in der Spitzengruppe als einziges Team mit zwei Fahrern vertreten. Sein Mannschaftskollege Yves Lampaert fuhr am Ende als Siebter über die Ziellinie. Štybar hat sich also auch wärmstens für eine Leader-Rolle im Team empfohlen. Doch schon bei der Präsentation des Rennstalls zur diesjährigen Saisoneröffnung ließ Štybar durchblicken:

Zdeněk Štybar,  John Degenkolb und Greg Van Avermaet  (Foto: ČTK)
„Unser Team hatte stets nicht nur einen Leader. Auch Tom Boonen, der Paris–Roubaix schon viermal gewonnen hat, war nie der einzige Leader. Ich denke, in diesem Jahr wird es nicht anders sein, diese Rolle werden wir gleich auf drei, vier Fahrer im Team aufteilen. In dieser Weise werden wir bei jedem Rennen an den Start gehen.“

Beim Klassiker Paris–Roubaix hat Štybar aber nun deutlich nachgewiesen, dass er für diese Rolle bereit ist.

Autor: Lothar Martin
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