Begegnungen

Am 8. Mai 2000 hat der deutsche Außenminister Joschka Fischer in der Berliner Humboldt-Universität eine Rede gehalten, deren Zentralthema er als "Finalität der europäischen Integration" definierte. Mit anderen Worten: Es ging um die künftige Gestaltung Europas. Sein Vortrag löste anschließend einen echten Wettstreit der Ideen über ein neues Bild des "alten" Kontinents aus. Die Diskussion über den Umbau der Europäischen Union in Zusammenhang mit ihrer vorgesehenen Osterweiterung umfasst ein breites Spektrum von Meinungen, die sich aber im Prinzip zwei Lagern sowohl in den EU- als auch in den Kandidatenländern zuordnen lassen. Die einen plädieren für eine echte europäische Föderation, die anderen bestehen wiederum darauf, dass die Nationalstaaten weiter ihre bisherige Funktion behalten sollen. Ein Meinungsaustausch hierzu fand kürzlich wieder einmal in der Humboldt-Universität statt - und zwar auf einer internationalen Konferenz, die eine Frage als Zentralmotto hatte: "Die Erweiterung der EU - ein Schritt auf dem Weg zu einer gesamteuropäischen Föderation?" Veranstalter war das Forschungsinstitut der Internationalen Wissenschaftlichen Vereinigung Weltwirtschaft und Weltpolitik e.V. (IWVWW), Berlin. Damit willkommen zu dieser Ausgabe von Begegnungen, am Mikrophon ist Jitka Mladkova.

Künftig, faktisch in absehbarer Zeit, dürften der Europäischen Union 28 Mitgliedsländern angehören. Wie soll dieses Europa-Modell funktionieren? Wie ist die Handlungsfähigkeit dieser multinationalen Staatengemeinschaft zu gewährleisten? Wie ist die nationale Identität der jeweiligen Länder zu bewahren? Diese und viele andere Fragen wurden auf der Konferenz aufgeworfen, fertige Antworten kaum erwartet. Trotz differenzierter Blickwinkel und Urteile der Teilnehmer aus Deutschland, Großbritannien, Spanien und vor allem aus allen beitrittswilligen Ländern über die - wie es u.a. auch hieß - Westverschiebung Osteuropas herrschte hier eindeutig die Übereinstimmung darüber, dass es zu einem vereinten Europa keine Alternative gibt. Zu einem vereinten Europa, das als "ideale Idee" auf seine Umsetzung wartet. Wie soll also das vereinte Europa aussehen? Diese Frage stellte ich als erste im folgenden Gespräch Prof. Karl-Heinz Domdey, Direktor des Forschungsinstituts der IWVWW, Berlin: