Berufsausbildung in Tschechien soll ent-spezialisiert werden
Worin sollten die Schulabgänger in Tschechien ausgebildet werden, damit sie auf dem Arbeitsmarkt unterkommen? Diese Frage wird derzeit im Bildungsministerium diskutiert, um die Studien- und Berufslehrpläne zu aktualisieren.
Drei Jahre studiert, nun aber ohne Jobaussichten. Oder Firmen, die einfach keine Arbeitskräfte in ihrem Fachbereich finden. Beides gibt es in Tschechien, und deswegen bereitet das Bildungsministerium zwei Novellen vor. Sowohl die Lehrpläne für Berufsschulen als auch einige Studiengänge werden überarbeitet, um sie besser an die Anforderungen des hiesigen Arbeitsmarktes anzupassen.
Die Berufs- und Fachschulen im Land bieten 283 Ausbildungsgänge an. Diese unterlägen derzeit der Revision durch das Nationale Pädagogikinstitut, berichtet Matěj Bulant, Abteilungsleiter für die Lehrpläne der Fachausbildung:
„Die derzeitige Zusammensetzung entspricht der Lage in den 1990er Jahren. Damals waren die Struktur des Arbeitsmarktes und dessen Bedürfnisse ganz andere als heute und vor allem als jene, die uns noch erwarten.“
Welche Änderungen konkret angedacht sind, will Bulant noch nicht bekanntgeben. Es sei aber nicht gut, hochspezialisierte Fächer für nur einige Dutzend Studenten anzubieten…
„Sobald sich die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt ändern, wird es für derart speziell ausgebildete Menschen zum Problem, eine Arbeit zu finden“,
sagt Bulant und stellt zudem zur Debatte, ob heute noch die Ausbildung in allen bisherigen Handwerksfächern nötig ist. Immerhin würden viele Arbeitsschritte inzwischen von Robotern ausgeführt, so der Experte.
Von einer Abschaffung bestimmter Ausbildungsgänge will Bulant allerdings nicht sprechen. Vielmehr würden sie einer Innovation unterzogen, so die Formulierung. Konkreter wird Jiří Zajíček, Vorsitzender der Union der Schulverbände (CZESHA). Seinen Worten zufolge plant das Ministerium eine Zusammenlegung sich ähnelnder Fächer:
„In der Gastronomie sind die Grundlagen etwa für Köche und Kellner die gleichen. Warum muss es dafür also von Anfang an eigenständige Ausbildungsgänge geben? Vielmehr könnten die Schüler die ersten ein oder zwei Jahre gemeinsam lernen und danach in die einzelnen Fachrichtungen aufgeteilt werden.“
Eine Erneuerung der Ausbildungspläne sei seit langem nötig, ergänzt Zajíček. Das jetzige Angebot sei weder für die Schüler noch für die Arbeitgeber übersichtlich. Letztere werden, genau wie die Berufs- und Hochschulverbände, im Herbst gemeinsam mit dem Bildungsministerium an der Novelle arbeiten.
Der Staat gebe jedoch nur das Rahmenprogramm für die Ausbildung vor, betont Matěj Bulant. Die Inhalte würden die Schulen dann selbst bestimmen…
„Im Baugewerbe etwa ist es inzwischen wirklich notwendig, dass die Mitarbeiter mit digitalen Technologien umgehen können. Sie müssen die Aufträge als Zeichnungen visualisieren können. Aktuell wird alles digitalisiert, und oftmals geht es auch um 3D-Modelle.“
Die Anpassung der Ausbildungspläne ist Teil des Regierungsprogramms von Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten). Das Nationale Pädagogikinstitut leiste jetzt lediglich die Vorarbeit, kommentiert die Sprecherin des Bildungsministeriums, Aneta Lednová:
„Die Arbeit an den Rahmenbildungsprogrammen für die neu konzipierten Ausbildungsfächer könnte 2024 beginnen. Sie wird dann an die Vorschläge zur zukünftigen Fächerzusammensetzung anknüpfen.“
Der neue Bildungsminister, Mikuláš Bek (Bürgermeisterpartei Stan), hat angekündigt, den Allgemeinbildungscharakter der weiterführenden Schulen stärken zu wollen. Zudem erwägt er eine Verlängerung der Berufs- und Fachausbildung um zwei Jahre.