Berufungsstrafen für Akteure der Aktion "Assanierung"

Vladimir Starek - ehemaliger Funktionär der kommunistischen Geheimpolizei StB (Foto: CTK)

Im Gerichtsverfahren gegen fünf Funktionäre, die sich an der größten Aktion der kommunistischen Geheimpolizei StB gegen die Signatare der Charta 77 beteiligten, wurden am Dienstag die ersten Urteile gefällt. Sie waren angeklagt, im Rahmen der sog. Aktion "Assanierung" mittels Erpressung und Drohungen einige unbequeme Leute gezwungen zu haben, die Tschechoslowakei zu verlassen. Anfang der 80er Jahre wurde dies bei etwa 20 Leuten erreicht. Über die Entscheidung des Gerichtes berichtet Markéta Maurová.

Vladimir Starek - ehemaliger Funktionär der kommunistischen Geheimpolizei StB  (Foto: CTK)
Drei Angeklagten wurde ein dreijähriger Freiheitsentzug auferlegt, dieser jedoch zur Bewährung ausgesetzt. Grund dafür ist das hohe Alter der Schuldigen. Einer der vier Mitarbeiter des kommunistischen Geheimdienstes wurde wegen Mangels an Beweisen freigesprochen. Die Staatsanwältin Jana Hercegova nahm sich in diesem Fall Bedenkzeit.

"Ich erwäge, ob es für die Anklage annehmbar ist, ich werde aber eher Berufung einlegen. Bei den drei Verurteilten kann ich mich mit der Meinung des Gerichtes identifizieren."

Die Richterin sagte in der Urteilsbegründung, Ziel des Verfahrens sei es, keine unangemessen langen Gefängnisstrafen zu verhängen, sondern eindeutig festzustellen, dass Verbrechen verübt wurden. Sie merkte außerdem an, dass die Taten schon zu der Zeit, als sie begangen wurden, die Verfassung verletzten.

Liedermacher Vlastimil Tresnak  (links) und Senatsvorsitzende Jan Ruml  (Foto: CTK)
Die anwesenden Dissidenten waren mit dem Schiedsspruch überwiegend zufrieden. U.a. der heutige stellvertretende Senatsvorsitzende, Jan Ruml:

"Ich glaube, dass unbestreitbar nachgewiesen wurde, dass die Staatssicherheit bei der Aktion Assanierung auch gegen die damaligen kommunistischen Gesetze verstoßen hat. Es wurde die Schuld der hohen StB-Funktionäre klar festgestellt, und die Frage der Strafe ist meiner Meinung nach nicht mehr so erheblich."

Eine andere unmittelbare Reaktion äußerte einer der Betroffenen, der in den 80er Jahren brutalen Verhören ausgesetzt wurde und daraufhin ins Ausland emigrieren musste. Der Liedermacher und Schriftsteller Vlastimil Tresnak:

"Ich habe in den 70er Jahren bei der Wohnungsverwaltung um eine neue WC-Spülvorrichtung ersucht. Und nach monatelangen Mahnungen habe ich einen Eimer bekommen. Ein solches Gefühl habe ich auch heute."

Das Gericht stützte sich bei seiner Entscheidung auf schriftliche Beweise, wie etwa einen schriftlichen Befehl zur Aktion, der von Innenminister Jaromir Obzina unterzeichnet wurde. Obzina, der fünfte Mann in der Gruppe der Angeklagten, wartet derzeit auf den Beschluss des Obersten Gerichtes. Es soll beurteilen, ob er strafrechtlich verfolgt werden kann oder durch seine damalige Abgeordnetenimmunität geschützt wird. Wegen Amtsmissbrauchs würden ihm bis zu zehn Jahre Freiheitsentzug drohen.

In den vergangenen Jahren wurden schon mehrere Mitglieder der StB und anderer Organe des ehemaligen Regimes vor Gericht gestellt. Bis zum Februar dieses Jahres wurden insgesamt 170 Personen durch das "Amt für die Dokumentation und Untersuchung der Verbrechen des Kommunismus" strafrechtlich verfolgt. Viele Fälle wurden dabei verlegt oder blieben ungelöst. Für einige Verbrechen fehlen Beweise, andere sind bereits verjährt. Symbolische Strafen, häufig mit Bewährung, sind keine Ausnahme.