Gerechtigkeit nach 45 Jahren: Zwei Ex-Offiziere der kommunistischen Staatssicherheit verurteilt

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Ein Prager Gericht hat am Montag zwei ehemalige Angehörige des kommunistischen Geheimdienstes StB bestraft. Vor mehr als 40 Jahren hatten sie für den Ausschluss eines Studenten von der Universität gesorgt.

Der Student der Tschechischen Technischen Hochschule, Vladimír Prajzler, organisierte in seiner Wohnung Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre private philosophische Vorträge. Diese Tätigkeit entging damals nicht der Aufmerksamkeit des kommunistischen Geheimdienstes StB. Zwei Offiziere beobachteten den Organisator der Vorträge und erwirkten, dass er vom Studium ausgeschlossen wurde.

Das Gericht im ersten Prager Stadtbezirk verurteilte die beiden ehemaligen Geheimdienstoffiziere am Montag nun zu Bewährungs- und Geldstrafen. Einer der Bestraften, Stanislav Cajkář, gab seine Schuld zu. Der heute 85-Jährige sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks, er erinnere sich jedoch an viele Dinge nicht mehr:

„Als ich vor einem Jahr angeklagt wurde, konnte ich nur sagen, dass ich von der Existenz irgendeines ,Stavař‘ keine Ahnung hatte. 1979 hat man das anders gesehen als 2025.“

Stanislav Cajkář | Foto: ČT24

Cajkář nannte den Begriff „Stavař“ (zu Deutsch etwa ,Bauingenieur‘). So hieß die StB-Akte, die er einst zum Fall Prajzler geführt hatte. Der Geheimdienstler habe den Studenten lange verfolgt, beschrieb Staatsanwältin Katarína Kandová:

„Prajzler wurde 1979, im letzten Jahr seines Studiums, von der Fakultät für Bauingenieurwesen ausgeschlossen. Trotzdem schikanierte ihn die Staatssicherheit auch weiterhin. Dafür wurde ein geheimer StB-Mitarbeiter eingesetzt. Dieser informierte dann Cajkář über seine Erkenntnisse.“

Nach dem Ausschluss von der Universität arbeitete Vladimír Prajzler als Gerüstbauer. Er wollte jedoch an die Uni zurückkehren. Laut dem Gerichtsurteil hinderten ihn Cajkář und sein Ex-Kollege Miloš Knot aber daran. Knot ist der zweite Angeklagte in diesem Fall.

Die philosophischen Vorträge hatten die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit geweckt, da sie von Studenten und auch von Unterzeichnern der Charta 77 besucht wurden. Mit diesem Dokument drückten Dissidenten 1977 ihre Kritik am kommunistischen Regime aus. Einer der Besucher bei Prajzler zeichnete damals einen Vortrag auf und stellte die Aufnahme den StB-Offizieren zur Verfügung.

Der angeklagte Knot bestritt nun vor Gericht, für den Ausschluss des Studenten von der Universität verantwortlich zu sein. Zu der fraglichen Zeit habe er beim StB noch nicht gearbeitet, merkte Knot an:

„Ich fing erst Ende 1980 an, bei der Staatssicherheit zu arbeiten. Das war ein Jahr nach Prajzlers Ausschluss von der Universität.“

Miloš Knot | Foto: ČT24

Laut der Richterin versuchte der Angeklagte jedoch nur, seine Beteiligung am Fall zu verharmlosen. Ihren Worten zufolge war Knot an der Schikane des Studenten umfassend beteiligt. Er habe Prajzler verhört und daran gehindert, das Studium fortzusetzen. Der Ex-Offizier verteidigte sich hingegen mit Behauptungen, er habe kein großes Wort beim StB gehabt. Die Senatsvorsitzende Ivana Tichá befand Knot trotzdem des Amtsmissbrauchs schuldig:

„Dies kann einen Menschen nicht von der Schuld freisprechen. Selbst die kleinen Räder, die ohne Widerstand arbeiteten, trugen dazu bei, dass sich die großen Räder des Regimes drehen konnten.“

Die Richterin betonte, dass Vladimír Prajzler erst nach drei Jahren wieder an die Universität zurückkehren konnte. Die beiden ehemaligen StB-Offiziere wurden am Montag zu zweijährigen Bewährungsstrafen und zu Geldstrafen knapp über 20.000 Kronen (800 Euro) verurteilt. Der 71-jährige Knot kündigte an, Berufung einzureichen.

Auf die Frage, ob es fast 36 Jahre nach der Samtenen Revolution Sinn habe, Urteile in diesen Fällen auszusprechen, antwortete Staatsanwältin Katarína Kandová:

„Ich denke, das hat Sinn. Um zu verhindern, dass sich derartige Taten wiederholen, muss gesagt werden, dass eine derartige Handlung rechtswidrig ist. Dies sagte auch die Richterin.“

Die Staatsanwältin machte zudem darauf aufmerksam, dass diese Straftaten unverjährbar seien.