Bestechungsskandal erschüttert drei Parlamentsparteien

Die tschechische Politszene hat einen neuen Bestechungsskandal. Vor rund zwei Monaten begann die Tageszeitung Mlada fronta Dnes Fallen für korrupte Politiker zu stellen. Am Wochenende hat das Blatt erste Ergebnisse veröffentlicht. Bei den Kommunisten (KSČM) und Christdemokraten (KDU-ČSL) hat dies ein Erdbeben ausgelöst.

Illustrationsfoto: Barbora Němcová,  Radio Prague International
Die Falle wurde für alle im Parlament vertretenen Parteien gestellt. Im Auftrag der Tageszeitung Mladá fronta Dnes wandte sich ein fiktiver Unternehmer aus der Glücksspiel-Branche an einen ihrer ranghohen Vertreter mit einem lukrativen Angebot. Für eine Million Kronen (etwa 40.000 Euro) sollte sich der jeweilige Parteivertreter für Änderungen an der geplanten Novelle zum Glücksspielgesetz bei den Verhandlungen im Abgeordnetenhaus einsetzen. Darüber zu verhandeln waren mindestens Politiker von drei Parteien bereit: die stellvertretenden kommunistischen Parteivorsitzenden Jiří Dolejš und Čeněk Milota, der christdemokratische Generalsekretär Jiří Stodůlka sowie Ladislav Šustr, Abgeordneter für die neu gegründete Partei TOP 09.

Nachdem am Samstag die Mladá fronta Dnes dies veröffentlichte, ging es hoch her bei den drei Parteien. Šustr legte nach der Bekanntgabe seines Namens sofort sein Mandat nieder. Von seinem Vorgehen hat sich der TOP-09-Parteivorsitzende Miroslav Kalousek distanziert:

„Herr Šustr hat nicht im Auftrag der TOP 09 verhandeln können, weil er weder unser Parteimitglied war noch ist. Gleichzeitig wollen wir nicht auf jede Verantwortung verzichten, weil er mit unserer Partei im Abgeordnetenhaus zusammengearbeitet habe.“

Die Zusammenarbeit muss allerdings gut gewesen sein. Bei der bis vor kurzem geplanten Parlamentswahl sollte sich nämlich Herr Šustr als TOP 09-Kandidat auf Platz vier der südmährischen Kandidatenliste die Sporen verdienen dürfen. Das einzige, was man habe machen können, so Kalousek, war das Problem innerhalb von einigen Stunden konsequent zu lösen.

Ziemlich schnell ging man mit der Causa bei den Christdemokraten um. Das KDU-ČSL-Präsidium hat Stodůlkas Entscheidung, auf seine Funktion zu verzichten, akzeptiert.

Jiří Dolejš
Weniger reibungslos verlief die „Parteisäuberung“ bei den Kommunisten. Der KSČM-Parteivorsitzende Vojtěch Filip hat für den Dienstagvormittag eine Sondersitzung des Exekutivkomitees angeordnet, um seinen Vorschlag zur Abberufung der Vizeparteivorsitzenden Jiří Dolejš und Čeněk Milota vorzulegen. Jiří Dolejš hat noch am Montag jede Schuld entschieden bestritten und daher auch abgelehnt, von seinem Posten zurückzutreten. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk sagte er:

„Ich persönlich fühle mich nicht im Geringsten schuldig. Man hat uns beiden keinerlei Aussage entlockt, die rechtlich relevant wäre oder politisch gesehen ins falsche Licht gerückt werden könnte.“

Der Parteivorsitzende Filip, der am Sonntag von seinem möglichen Rücktritt sprach, hat seinen Vorschlag im Exekutivkomitee offenbar durchgesetzt. Offiziell hieß es: Jiří Dolejš und Čeněk Milota haben auf ihre Parteifunktionen verzichtet. Gleichzeitig aber haben sie sich an ein Gericht gewandt. Alle drei Parteien glauben jetzt, den Fall vom Tisch zu haben. Es bleibt aber abzuwarten, ob die Mlada fronta Dnes noch mehr belastendes Material hat.