Bilanz des deutschen EU-Ratsvorsitzes: Europa zufrieden - Tschechien skeptisch
Mit der ersten Jahreshälfte ist auch gleichzeitig die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zu Ende gegangen. Nach sechs Monaten wurde nun in Brüssel Bilanz gezogen - diese fiel nicht nur dort, sondern auch im restlichen Europa überwiegend positiv aus. Und beim EU-skeptischen Tschechien?
Dies waren Angela Merkels Worte zum Ende ihrer EU-Ratspräsidenschaft vor dem EU-Pralament in Brüssel. Diplomatisch-optimistische Töne, wie es von der scheidenden Ratspräsidentin selbst auch nicht anders zu erwarten war. Doch sie hat allen Grund dazu, schließlich fielen zwei wesentliche Schwerpunkte für die Zukunft der EU in ihre Amtsperiode: Sowohl das Klimaprogramm als auch der EU-Reformvertrag wurden nach zähen Verhandlungen verabschiedet, wenn auch nicht in ihrer ursprünglich angedachten Form. Gerade diese beiden Themen wurden aus tschechischer Sicht kritisch betrachtet. Was die Umweltpolitik angeht, bestehen nach wie vor noch Vorbehalte, sagt Sarka Dankova, Auslandsredakteurin bei der tschechischen Tageszeitung Lidove Noviny:
"Einer der großen Erfolge beziehungsweise Schwerpunkte der deutschen EU-Ratspräsidentschaft war die Klimapolitik, die Ökologie. Da wurde ein Ergebnis erzielt, aber ich sehe dieses Ergebnis auch ein bisschen problematisch. Es wurde zwar gesagt, dass wir den Kohlendioxidausstoß bis 2020 um 20% senken wollen, aber es wurde nicht gesagt, wer was und wie dazu beiträgt und wie das ganze praktisch zustande kommen soll."
Diese Zweifel drücken scheinbar auch die allgemeine Stimmung zum europäischen Gedanken. Nur 46 Prozent der Tschechen bewerten die EU-Mitgliedschaft als positiv, das sind 5 Prozent weniger als noch vor einem halben Jahr. Zum Vergleich: Die Zustimmung der gesamten EU-Bevölkerung ist mit 57 Prozent aktuell so hoch wie seit 1994 nicht mehr. Diese Zahlen veröffentlichte das Eurobarometer, in Auftrag gegeben von der Europäischen Komission, in seiner Frühjahresstatistik. Ein möglicher Grund für die Skepsis der Tschechen könnte die im März vereinbarte "Berliner Erklärung" sein. Dieses Dokument sieht die Schaffung einer verfassungsrechtlichen Basis bis 2009 vor. Da die genauen Inhalte erst kurz vor der Anerkennung durch alle Regierungschefs transparent gemacht wurden, fühlten sich die Tschechen überrumpelt. Dazu noch einmal Sarka Dankova:"Aus der Sicht der tschechischen Presse oder der Tschechen allgemein muss ich sagen, wurde vor allem die Art und Weise wahrgenommen, wie die Deutschen bei den Verhandlungen mit den anderen umgegangen sind, besonders was die Berliner Erklärung angeht. Diese "Geheimdiplomatie" hat schon Misstrauen erweckt. Die Tatsache, dass man etwas unterschreiben sollte, wo man bis zur letzten Minute nicht genau wusste, was genau man da unterschreibt, das hat man nicht so positiv gewertet."
Die offene Diskussion bei den Verhandlungen in Brüssel habe jedoch dazu beigetragen, dass die vertraglichen Ergebnisse der deutschen EU-Ratspräsidentschaft von der tschechischen Regierung als positiv bewertet werden.