"Brüderlich entzweit" - ein Buch über die demonstrierte "Brüderlichkeit" der CSSR und der DDR
Die Beziehungen zwischen den einzelnen Ostblockstaaten waren durch eine nach außen hin demonstrierte Brüderlichkeit demonstriert. Wie war es in Wirklichkeit mit dieser propagandistisch zelebrierten Einigkeit im Falle der DDR und der Tschechoslowakei in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts, damit befasst sich ein Buch, das vor kurzem als eine Veröffentlichung des Collegium Carolinum erschien. Der Autor der Publikation mit dem Titel "Brüderlich entzweit" ist Wolfgang Schwarz, der als Kulturreferent für die böhmischen Länder im Adalbert Stifter-Verein in München arbeitet. Martina Schneibergova fragte ihn nach der Entstehungsgeschichte des Buches:
"Mir ging es hauptsächlich darum, zu untersuchen, ob die Beziehungen zwischen den kommunistischen Parteien - in diesem Fall der SED und der KPTsch - wirklich so vorbildlich und konfliktfrei waren, wie das oftmals in den offiziellen Medien betont wurde. Ich habe mich beschäftigt mit den Beziehungen der DDR und der CSSR in den sechziger Jahren und bin zum Schluss gekommen, dass die Beziehungen sich seit 1962-63 sowohl in ideologischer, wirtschaftlicher, als auch kultureller Hinsicht in einer tiefen Krise befanden, bzw. mit der fortschreitenden Zeit immer mehr in eine Krise gerieten. Ich habe dazu tschechische, tschechoslowakische, deutsche und ostdeutscher Quellen studiert und vor kurzem ist diese Dissertation vom Oldenbourg Verlag vom Collegium Carolinum verantwortet herausgekommen. Es geht u. a. auch um die Beziehungen zur Bundesrepublik. Beide Staaten unterhielten ja in den sechziger Jahren noch keine offiziellen Beziehungen, aber es geht vor allen Dingen auch darum, wie sich die Ostpolitik langsam anbahnte, wie sich die beiden kommunistischen Parteien dazu gestellt haben und wie die Anfänge dieser diplomatischen Beziehungen ausgesehen haben."
Wann sind die ersten Risse zu spüren - zwischen den Kommunisten in der DDR und in der CSSR?
"Man kann zumindest vom Jahr 1962 behaupten, dass die Risse erstmals fühlbar waren. Der Bau der Mauer 1961 hat das Verhältnis ja insofern grundlegend verändert, dass die CSSR die Sonderrolle der DDR nicht mehr anerkennen wollte, weil nun so zu sagen, die gleichen Bedingungen für alle galten. Die tschechoslowakischen Kommunisten äußerten des Öfteren ihren großen Unmut darüber, dass die SED-Leute sich ihnen gegenüber arrogant verhielten, dass die Informationen sehr spärlich flossen, während die kulturellen Beziehungen zunächst konfliktfrei, im Jahre 1962-63 aber durch den sehr dogmatischen Charakter der DDR-Kulturauffassung zunehmend in die Krise gerieten. Die Kafka-Konferenz in Liblice ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig. Sie war zwar nicht der einzige, aber doch ein wichtiger Mitgrund dafür, dass diese Beziehungen in eine Identitätskrise geraten sind. Der Titel ´Brüderlich entzweit´ bezieht sich auf eine Publikation, die erschienen ist im Jahre 1967 mit dem Titel ´Brüderlich vereint´. Damit sind gemeint DDR und CSSR. Mit dem Titel ´Brüderlich entzweit´ soll die innere Anspannung dieser Beziehungen, die in vielen Bereichen - im politischen, auf kulturellen, wirtschaftlichen und auch ideologiepolitischen Bereich - verdeutlicht wird."