Brünn startet Pilotprojekt: Sozial betreutes Wohnen für arme Familien

Haus in Brünner „Bronx“ (Foto: Robert Barca, CC BY 4.0)

In den zurückliegenden Jahren ist die Zahl der Armenviertel in Tschechien gestiegen. In diesen ghettoartigen Siedlungen leben meist Roma, die es ohnehin schwer haben bei der Suche nach Arbeit und Wohnung. Die Stadt Brno / Brünn startet daher am Mittwoch ein hierzulande neues Sozialwohnungsprojekt.

Haus in Brünner „Bronx“  (Foto: Robert Barca,  CC BY 4.0)
„Die Bronx“ – so heißt umgangssprachlich das größte Armenviertel in Brünn. Es liegt relativ nah am Stadtzentrum. Auf mehrere Häuser verteilt leben dort etwa 8000 bis 9000 arme Menschen. Rund 7000 von ihnen sind Roma, und die allermeisten haben keine Arbeit. Aber auch andernorts in der südmährischen Stadt bestehen Armensiedlungen, wenn auch kleinere. Für viele Bewohner ist das Problem, dass sie bei den Mieten gnadenlos abgezockt werden. Beata hat zwei Kinder und bezieht Sozialhilfe. Gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks schildert sie:

„Ich habe eine Einzimmerwohnung, da wurde in eine größere Wohnung einfach eine Wand reingezogen – aus eins mach zwei. Und dafür zahle ich 12.000 Kronen. In staatlichen Wohnungen zahlt man viel weniger.“

12.000 Kronen, das sind umgerechnet fast 450 Euro. So viel kostet in Brünn eigentlich eine Dreizimmerwohnung.

Martin Freund  (Foto: ČT24)
Viele Menschen aus den Armensiedlungen hätten gerne andere Unterkünfte. Doch auf dem Wohnungsmarkt sind sie meist chancenlos. Deswegen lanciert der Brünner Magistrat nun das Projekt Rapid Re-Housing. 50 Familien mit Kindern sollen bis Ende des Jahres städtische Wohnungen erhalten. Dabei werden die bestehenden Mietparteien nicht darüber informiert, dass ihre neuen Nachbarn aus einem Armenviertel kommen. Die Neumieter erhalten zudem Unterstützung durch Sozialarbeiter. Martin Freund von der Initiative Žít Brno engagiert sich als Stadtverordneter im Bereich Wohnen und leitet den Ausschuss für Minderheiten:

Foto: Robert Barca,  CC BY 4.0
„Der Sozialarbeiter sollte mindestens einmal pro Woche bei der Familie vorbeischauen. Er soll dabei helfen, dass die Wohnung in Ordnung ist und die Beziehungen zu den Nachbarn klappen. Die Hilfeleistungen sollten sich aber vor allem nach den Bedürfnissen der jeweiligen Familie richten und nicht danach, was der Sozialarbeiter für gut hält.“

Das Vorbild dafür stammt aus Amsterdam. Dort habe das entsprechende Projekt fast zu einhundert Prozent Erfolg gehabt, sagt Martin Freund. Der Brünner Magistrat hat jedenfalls 450 Familien ausgewählt, die in Frage kommen. Wer letztlich die Glücklichen sind, wird ausgelost. Am Mittwoch wird über die ersten zehn Wohnungen entschieden. Beata gehört jedoch nicht zu den Kandidaten.

Josef Hambálek  (Foto: Archiv der Stadt Varnsdorf)
„Bevorzugt werden Leute, denen die Wohnung gekündigt wurde“, so Beata.

Was in Brünn probiert wird, gilt als Pilotprojekt in Tschechien. Schon jetzt herrscht aber auch andernorts Interesse. Beispielsweise in Varnsdorf / Warnsdorf an der Grenze zu Sachsen. Dort besteht eine Armensiedlung mit etwa 800 Menschen. Josef Hambálek von der Partei Ano ist stellvertretender Bürgermeister:

„Wir werden sicher abwarten, wie das in Brünn ausgeht, welcher Erfolg dort erzielt wird. Und wir wollen einen ähnlichen Weg einschlagen.“

In Brünn sind im Übrigen noch weitere Projekte geplant, um Armen zu helfen.