Brünn wird bunt - Tschechisch-Österreichischer Kulturherbst beginnt

Sieht man in die Veranstaltungsprogramme, kann man sich vor lauter kulturellen Angeboten in Tschechien kaum retten.Vor allem in Prag ist das Angebot groß. Da nun bald der Herbst vor der Türe steht, wird es wieder eine Vielzahl von Festivals geben. Darunter auch ein neues in Brünn.

Walter Persché
Nach der Frage, was Kulturbegeisterte alles während des Tschechisch-Österreichischen Kulturherbstes im südmährischen Brünn erwartet, muss Walter Persché erst einmal überlegen. Nicht etwa, weil dem Direktor des Österreichischen Kulturforums in Prag nichts dazu einfallen würde. Nein, es gibt einfach so viele Highlights, die ab dem 2. September auf die Besucher rieseln werden, wie bunte Herbstblätter. Mehr als 20 verschiedene Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Theaterstücke werden in Brünn bis zum 19. Dezember zu erleben sein. Da ist etwas für jeden dabei. Und deshalb will sich das Festival auch auf keine bestimmte Zielgruppe festlegen, so Persché:

„Wir hoffen, dass wir nicht nur eine einzige Zielgruppe erreichen können, sondern sowohl junge Leute, als auch kultur-und kunstinteressierte reifere Herrschaften. Vor allem Leute, die an kulturellen Beziehungen zu Österreich, die ja in Brünn eine ganz besonders große Tradition haben, interessiert sind.“

Außerdem will das Österreichische Kulturforum auch in den tschechischen Regionen präsent sein und nicht nur in Prag, wo es seinen Sitz hat. Es gibt aber noch mehr Dinge, die für Brünn als Hauptveranstaltungsort sprechen:

„Man ist auch von Brünn schneller in Wien als von Prag. Seit die Grenze wieder völlig offen ist, gibt es hier einen regen Austausch. Und das möchten wir mit diesem Kulturherbst einerseits dokumentieren, aber andererseits unterstützen und anregen.“

Das Österreichische Kulturforum als Veranstalter hat sich bei seiner Arbeit ein großes Ziel auf die Fahne geschrieben: Es will ein umfassendes und wahrheitsgemäßes Bild von Österreich in Tschechien etablieren. Da wird die Frage laut, ob Österreich schon öfters missverstanden wurde.

„Da gibt es verschiedene Missverständnisse. Einerseits wirken die Klischees aus der Vergangenheit noch nach. Mit der Habsburg-Nostalgie werden wir die Zukunft nicht bewältigen können. Auf der anderen Seite gibt es auch Negativ-Klischees: Die unleugbaren Verbrechen, die auch österreichische Nationalsozialsozialisten während der Besetzung des Landes zwischen 1938 und 1945 sich zu Schulden kommen haben lassen.“

Diese Vergangengheitsbewältigung soll aber in beiden Ländern auf eigene Initiative geschehen. Dabei hat es schon große Fortschritte gegeben, wie Persché erzählt. Die tschechisch-österreichischen Beziehungen seien gut, vor allem auf kultureller Ebene. Und sie entwickeln sich immer weiter. Das ist auch Perschés Verdienst. Was treibt ihn bei seiner Arbeit an?

„Das Bemühen, die losen Enden wieder zusammenzufügen. Im mitteleuropäische Kulturraum gab es einmal viel gegenseitige Befruchtung und Ergänzung. Mein Bestreben ist also, ein bisschen mitzuhelfen, diese Kontakte wiederherzustellen und diesen gemeinsamen Kulturraum wieder zum Leben zu bringen.“