Florian Haug, neuer Direktor des Österreichischen Kulturforums in Prag

Florian Haug (Foto: Autor)

Seit Anfang Januar ist Dr. Florian Haug Direktor des Österreichischen Kulturforums in Prag. Die Kulturforen haben, ähnlich wie für Deutschland die Goethe-Institute, die Aufgabe, österreichische Kultur im Ausland zu präsentieren. Gerald Schubert hat mit Florian Haug gesprochen.

Florian Haug  (Foto: Autor)
Herr Haug, was war Ihre letzte Station, bevor sie im Österreichischen Kulturforum in Prag gelandet sind?

„Meine letzte Station war die eines Abteilungsleiters im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten in Wien. Von 2002 bis 2008 war ich dort für wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zuständig, also für alles, was mit Bildung, Forschung und Erziehung zu tun hat. Dazu gehört auch der interkulturelle Dialog. Konkret war das der Dialog mit dem Islam, hauptsächlich auf internationaler, aber auch auf nationaler Ebene. Deutsch als Fremdsprache zu verbreiten gehörte ebenfalls zu meinen Aufgaben. Deswegen bin ich auch noch Aufsichtsratsvorsitzender der Österreich-Institut-GmbH. Aber das werde ich wohl bald abgeben, weil es zu mühsam ist, diese Funktion in Wien von Prag aus zu betreuen.“

Wie sind Sie denn nach Prag gekommen? Mit einem Koffer voller konkreter Pläne, oder ist es eher so, dass man auf der Arbeit des Vorgängers aufbauen muss? Oder kommt man in erster Linie mal mit Neugier und lässt sich davon überraschen, was einen so alles erwartet?

Walter Persché
„Prag ist mir eine sehr bekannte und auch sehr liebe Stadt. Ich kenne Prag und auch die tschechische Provinz seit etwa 30 Jahren sehr gut, also habe ich ungefähr gewusst, was mich hier erwartet. Vom Beruf her war ich aber vollkommen unvorbereitet, weil ich noch nie ein Kulturforum geleitet habe. Ich war früher einmal Botschafter, aber ein Kulturforum hat mir noch gefehlt in meinem Strauß an verschiedenen Funktionen, die ich in meinem Leben ausgeübt habe. Ich hatte aber das große Glück, dass mein Vorgänger Walter Persché unglaublich kooperativ war. Was die weitere Vorbereitung betrifft, die Sie ansprechen, und von der Sie vielleicht denken könnten, ich hätte ein paar richtige Pläne: Da habe ich mir eigentlich nichts vorgenommen, weil ich mich hier erst einmal umschauen wollte, wissen wollte, wer die wichtigsten Partner für mich sind, und was die Leute interessiert. Ich habe festgestellt, dass sich die Dinge in den 30 Jahren, in denen ich Prag und die Tschechische Republik kenne, unglaublich geändert haben. Und zwar gerade was die Themen betrifft, die ein Österreichisches Kulturforum ansprechen kann. Ich bin also froh, dass ich nicht mit fixen Vorstellungen gekommen bin, die ich dann entweder umsetzen oder revidieren muss, sondern dass ich hier seit Januar Gedanken, Ideen und Vorstellungen entwickeln kann.“

Wieso kennen Sie die Tschechische Republik eigentlich so gut? Was war ihre erste Erfahrung mit der damaligen Tschechoslowakei?

Prag  (Foto: Kristýna Maková)
„Ich bin damals als Student mit einer Studentengruppe nach Prag gereist. Die Atmosphäre von Prag hat mich sofort gefangen genommen, die Schönheit der Stadt, auch wenn die Gebäude meistens ziemlich heruntergekommen waren. Aber mit ein bisschen Fantasie konnte man sich sehr gut vorstellen, wie es einmal war – und wie es eigentlich jetzt auch wieder ist. Ich bin wirklich begeistert, in so einer schönen Stadt leben zu können.“

Österreichische Kulturforen gibt es auch in Washington oder Tokio, also in Ländern, die der österreichischen Kultur relativ fern sind. Prag hingegen ähnelt in vielen Dingen Wien sehr, und auch die Kulturen sind einander bei allen Mentalitätsunterschieden recht nahe. Macht das die Arbeit des Direktors des Österreichischen Kulturforums leichter oder schwerer?

Gebäude des Österreichischen Kulturforums in Prag  (rechts) Foto: ČTK
„Diese Frage stelle ich mir eigentlich auch. Ich könnte mir vorstellen, dass man in Tokio vielleicht nach drei oder vier Jahren etwas frustriert ist, wenn man immer auf Mozart und Johann Strauss angesprochen wird und Begeisterung eigentlich nur mit einem Programm erweckt, das doch sehr konventionell ist. So stelle ich mir das jedenfalls vor, in Wirklichkeit wird es wohl wieder anders sein. Der Reiz an Prag besteht in der Ähnlichkeit der Lebensvorstellung der Leute, in der Ähnlichkeit der Vergangenheit, oder man kann sagen Gleichheit der Vergangenheit, und darin, was aus ihr geworden ist. Wie hat sich nach 1918 alles entwickelt? Welche Vorstellung haben die Leute von der Vergangenheit? Ist sie realistisch oder von der Politik gefärbt? Dieses Angleichen, Abgleichen, Unterschiede Feststellen, um dann doch mehr Parallelen und Gleichklang zu finden, das macht die Arbeit hier so reizvoll und auch immer wieder überraschend. Deswegen könnte ich mir keinen schöneren Posten in dieser Funktion vorstellen als hier in Prag.“

Sie haben gesagt, Sie sind lieber mit keinen konkreten Plänen gekommen, die Sie dann vielleicht ohnehin über Bord werfen müssten. Aber jeder hat doch zumindest eine gewisse Nähe zu bestimmten Gebieten. Die Möglichkeiten sind ja sehr vielfältig. Sie können Musik präsentieren, Sie können bildende Kunst präsentieren, Sie können Ausstellungen machen. Haben Sie da irgendwelche Vorlieben?

„Ich habe persönliches Interesse an der Einfühlung in eine Welt, wo wir noch zusammen waren: die Tschechen, die Österreicher, die Polen, die Italiener - alle diese Völker. Und eben an der Frage: was ist daraus geworden? Das ist etwas, das mich sehr beschäftigt. Jeder Gang durch Prag gibt mir dazu neue Impulse, und auch Treffen und Gespräche mit Pragern bestätigen mir, dass das ein wichtiges Thema ist. Zumal wir ja eine Gemeinsamkeit in der Zukunft sehen und in Europa diese Gemeinsamkeit brauchen. Wenn es hier eine solide Basis in der Vergangenheit gibt, dann ist das sicher sehr hilfreich für die Zukunft. Das ist ein mir wichtiger Aspekt.

Der zweite ist natürlich die Präsentation der modernen Kunst und Kultur in Österreich. Moderne Maler, moderne Komponisten, das ist hier sehr gefragt. Auch moderne Architektur. Ein anderer Punkt ist das konventionelle Österreich, das wir auch pflegen müssen, die gewisse Wohlfühlmusik, wenn ich so sagen darf, oder auch Werke in der bildenden Kunst. Die Leute wollen eben doch auch bestätigt werden in ihren Vorstellungen von Österreich, und das ist meiner Meinung nach auch notwendig. Wir haben ein treues Stammpublikum, das gerade deshalb zu uns kommt, und dieses Publikum müssen wir beachten.

Ein vierter Schwerpunkt ist die deutsche Sprache, die in diesem Land wieder einen Stellenwert haben und für einen gebildeten Tschechen eine Selbstverständlichkeit werden sollte. Genauso wie umgekehrt: Grundkenntnisse von slawischen Sprachen, darunter natürlich auch Tschechisch, wären natürlich auch auf unserer Seite sehr wünschenswert. Das wird auch angepeilt. Im Hinblick darauf, dass in Niederösterreich gerade 3800 Kinder in der Schule Tschechisch lernen, kann man da ganz optimistisch sein.“