Brünner Versöhnungsmarsch
In diesen Tagen findet in Brno / Brünn das Kulturfestival Meeting Brno statt. Am Samstag wurde dabei der sogenannte Versöhnungsmarsch veranstaltet. Mehrere Hundert Menschen haben sich auf die Spuren der vertriebenen deutschsprachigen Brünner begeben – jedoch in der genau entgegensetzten Richtung. Der Gedenkmarsch, der in Pohořelice / Pohrlitz startete, fand sein Ende im Stadtzentrum Brünns.
„Der Gedenkmarsch, den wir auch eine Versöhnungs-Pilgerfahrt nennen, soll beim Festival Meeting Brno an die Vertreibung von rund 20.000 deutschsprachigen Bewohnern von Brünn erinnern. Am Vorabend des Versöhnungsmarsches haben wir auch an diejenigen tschechischen Patrioten gedacht, die während der NS-Besatzung im Kaunitz-Wohnheim gefangen gehalten und hingerichtet wurden. Am Versöhnungsmarsch nahmen am Morgen etwa 300 Personen teil, viele schlossen sich erst zum Abschluss in Brünn an.“
Den Todesmarsch vom Mai 1945 haben viele nicht überlebt. Der Opfer gedachten am Samstag auch Diplomaten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Tschechien, Deutschland, Japan, Österreich und Ungarn. Die Oberbürgermeisterin der südmährischen Großstadt, Markéta Vaňková (Bürgerdemokraten), sagte, der Versöhnungsmarsch ende nicht an diesem Tag an diesem Ort.„Hoffen wir, dass unser jetziges Treffen nicht nur eine Versöhnungsgeste ist, sondern auch eine Warnung vor der Wiederholung der damaligen Fehler. Wir dürfen bei der Erinnerung an die dunklen Kapitel unserer eigenen Geschichte auch die warnenden Schatten der Gegenwart nicht übersehen.“
Am Versöhnungsmarsch nahm auch der stellvertretende Vorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft Steffen Hörtler teil. Er sei die ganze Strecke mitgegangen, so der CSU-Politiker:
„Ich bin dankbar für jeden Meter, den ich heute laufen konnte. Das Tolle war, dass ich so viele Gespräche mit unterschiedlichen Menschen führen konnte. Sie hatten alle das Interesse, die gemeinsame deutsch-tschechische Geschichte aufzuarbeiten. Es war nicht leicht, die 32 Kilometer zu schaffen, aber wir haben uns bewusst gemacht, was das bedeutet. Für mich war wichtig, junge Menschen zu erleben, die gesagt haben: ,Heute waren wir einige Hundert, damals marschierten aber mehrere Tausend Menschen. Was für ein Leid musste das gewesen sein.‘ Wir sind mit 120 Sudetendeutschen aus Bayern hier, die zum Teil diesen Marsch als Kinder absolvieren mussten und die heute alle sehr versöhnliche Töne von sich gegeben haben. Es ist ein ganz toller Blick in die Zukunft.“Diesmal ist auch eine größere Delegation aus der Partnerstadt Stuttgart nach Brünn gekommen. Der Oberbürgermeister der baden-württembergischen Landeshauptstadt Fritz Kuhn sagte gegenüber Radio Prag:
„Ich war sehr tief beeindruckt vom Engagement und der Ergriffenheit der Menschen, die an dem Versöhnungsmarsch teilgenommen haben. Es ist immer wichtig, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Wir haben heute zwei davon besprochen: die Schrecken des NS-Regimes auf der einen Seite, aber auch die Vertreibung wie bei dem Todesmarsch mit vielen toten Frauen und Kindern auf der anderen Seite. Was sollen wir anderes tun, als die Vergangenheit dadurch zu überwinden, indem wir uns versöhnen und zusammenhalten. Ich habe auch in meiner Rede gesagt: Die Zukunft ist Europa, Rechtsstaat und Demokratie. Wenn wir auf sie aufpassen, dann können wir verhindern, dass so etwas Schreckliches nochmals passiert. Wir feiern heute das 30. Stadtpartnerschaftsjubiläum zwischen Brünn und Stuttgart. Wir tauschen uns in vielen Bereichen aus. Es ist eine gute Städtepartnerschaft, weil sie vor allem zwischen den Schulen und zwischen den Kulturschaffenden gestaltet wird.“Das Kulturfestival Meeting Brno findet noch bis 9. Juni an verschiedenen Orten Brünns statt.