Bücher, Filme, Skulpturen – Jahresabschluss in Wien

Foto: Archiv von Ondřej Kohout

Zum Ende des Jahres ist die tschechische Kultur noch einmal in Wien stark vertreten. Literatur, Film und Ausstellung – von jedem wird etwas in den kommenden Wochen zu hören und sehen sein. Mehr dazu im Interview mit Martin Krafl, dem Leiter des Tschechischen Zentrums in Wien.

Messe Buch Wien  (Foto: Archiv der Messe)
Herr Krafl, einer der Schwerpunkte des Tschechischen Zentrums in Wien in diesem Jahr ist die Literatur. Und dieser Schwerpunkt strebt auf sein "Finale grande" zu, nämlich die Wiener Lesefestwoche und die Messe Buch Wien. Ist denn das Tschechische Zentrum regelmäßiger Gast bei diesen wichtigsten österreichischen Literaturereignissen – oder ist es das erste Mal?

„Jein. Denn bei der Lesefestwoche und dem Tagebuchtag sind wir regelmäßig zu Gast. Der Tagebuchtag hat im Übrigen bereits am Mittwoch stattgefunden. Zum ersten Mal wird aber die tschechische Literatur auch sehr stark bei der Messe Buch Wien vertreten sein. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit dem tschechischen Kulturministerium.“

Auf welche tschechischen Autoren dürfen sich die Besucher freuen?

„Im Rahmen der Lesefestwoche wird Jaroslav Rudiš nach Wien kommen. Rudiš ist gegenwärtig einer der bedeutendsten tschechischen Autoren und wird aus seinem Roman ‚Die Stille in Prag’ vorlesen. Kritiken beschreiben sein Buch als präzises Psychogramm von getriebenen Lebemenschen. Die Lesung findet am 19. November um 19 Uhr in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur statt. Bei der Buchmesse in Wien werden wir zwei tschechische Autoren vorstellen. Der eine ist Emil Hakl mit seinem Roman ‚Regeln des lächerlichen Benehmens’. Das Buch wurde dieses Jahr vom Wiener Braumüller-Literaturverlag herausgegeben. Zudem präsentiert sich Markéta Hejkalová mit ihrem Werk ‚Der Zauberer aus Peking’. Hejkalová verwebt die Schicksale dreier Frauen von unterschiedlichen Kontinenten und aus unterschiedlichen Generationen. Den drei Frauen sind im Buch die Illusion und die Enttäuschung gemeinsam. Neben den Lesungen betreiben wir auf der Buchmesse auch einen Infostand über tschechische Gegenwartsliteratur und deutschsprachige Übersetzungen.“

Pavel Kohout  (Foto: Mariusz Kubik,  CC BY 3.0 Unported)
Außerdem erinnern Sie an den tschechisch-österreichischen Schriftsteller Pavel Kohout. Und zwar mit einem Film. Interessant scheint mir, dass Kohout selbst zu Gast sein und sich der Diskussion stellen wird....

„Wir sind sehr glücklich, dass er unsere Einladung angenommen hat. Die Veranstaltung findet am 25. November im Wiener Topkino statt. Wir werden an dem Abend den Film ‚Die lange Welle hinterm Kiel’ zeigen. Es handelt sich dabei um eine Literaturverfilmung des berühmten Romans von Pavel Kohout. Er selbst wird sich dann den Fragen des Publikum stellen.“

Ein weiterer großer Programmpunkt ist das Menschenrechtsfilmfestival This Human World in Wien. Dort gibt es eine Art Rückblick auf die weltweit größte Veranstaltung in diesem Bereich, das One World Festival in Prag. Was erwartet den Besucher?

Tiger Girls  (Festival One World)
„Das Festival One World in Prag hatte dieses Jahr sein 15-jähriges Jubiläum. Deshalb finden weltweit Echos auf Partnerfestivals statt. In Österreich und speziell in Wien haben wir aus diesem Anlass das Festival This Human World gewählt. Dazu bringen wir fünf Beiträge in die österreichische Hauptstadt, darunter sind vier Dokumentarfilme und ein Workshop mit dem Filmwissenschaftler Ondřej Kamenický. Er wird dem Publikum und besonders den jungen Menschen erklären, wie man beispielsweise ein eigenes kleines Festival organisiert, Dokumentarfilme online findet und präsentiert. Die vier Dokumentarfilme kommen aus Frankreich, Großbritannien und Tschechien. Der tschechische Filmbeitrag heißt ‚Fortress“. Dieser gibt Einblick in die Zustände des neuen Staates Transnistrien, der früher ein Teil von Moldawien war. Es wird darin der Alltag dieses Landes gezeigt, mit dem dortigen Propaganda- und Sicherheitsapparat, der Überwachung und Diskriminierung seiner Bürger, den Lenin-Statuen und dem Kameraverbot an den Bahnhöfen. Es ist eine nostalgische Erinnerung an die UdSSR - eine Art Freilichtmuseum des Kommunismus. Regie geführt haben Lukáš Kokeš und Klára Tasovská. Beide haben an der Filmakademie der darstellenden Künste in Prag studiert. Der Film ist von 2012.“

‚Fünf Gegenradfahrer mit leichtem Nachteil’  (Foto: Archiv von Ondřej Kohout)
Literatur und Film hatten wir bereits. Aber Sie zeigen auch eine größere Ausstellung. Und zwar startet am 10. Dezember eine Schau von Werken Ondřej Kohouts. Vielleicht können Sie den Künstler und sein Werk unseren Hörern ein bisschen vorstellen...

„Der Nachname sagt vielleicht schon etwas dazu. Ondřej Kohout ist der Sohn des berühmten Literaten Pavel Kohout. Ondřej ist 1981 nach Österreich emigriert und arbeitet hier als freischaffender Maler und Bühnenbildner. Er hat es geschafft, Mitglied des Künstlerhauses in Wien zu werden. Anlässlich seines diesjährigen 60. Geburtstags werden wir eine Werkschau über ihn anbieten. Der tschechisch-österreichische Künstler setzt sich häufig mit dem Thema ‚Körper in Bewegung’ auseinander, seine Ausstellung trägt daher den Titel ‚Body in motion’. Mit seinen Bildern stellt er Fragen über Macht und Ohnmacht, Beherrschen und Beherrschtwerden, über Glück und Unglück, über Siegen und Verlieren, oder über Erfolg und Misserfolg. Zum Jubiläum werden Werke aus der Zeit von 2011 bis 2013 augestellt und das dreidimensionale Objekt ‚Fünf Gegenradfahrer mit leichtem Nachteil’. Dieses Objekt soll nächstes Jahr in einem der Wiener Parks installiert werden. Die Ausstellung läuft noch bis Februar 2014.“

Autor: Till Janzer
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