Cesky Telecom - vom Staatsmonopolisten zum modernen, konkurrenzfähigen Serviceleister

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Leistungsfähige Informations- und Kommunikationsnetze sind eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren unserer Gesellschaft. Wurde noch vor wenigen Jahren die Telekommunikation in Europa weitgehend als ein Monopol des Staates angesehen, so wird heute der Telekommunikationsmarkt fast überall liberalisiert. Die Privatisierung der nationalen Telefongesellschaften war in vielen Ländern ein schwieriger Prozess - auch in der Tschechischen Republik, wo Ende des vergangenen Jahres der Verkauf von Ceský Telecom an eine private Anbietergruppe sozusagen in letzter Minute scheiterte. In der heutigen Ausgabe des Wirtschaftsmagazines möchten wir Ihnen dieses mit Abstand wichtigste Unternehmen des hiesigen Telekommunikationsmarktes näher vorstellen. Dazu begrüsst Sie, verehrte Hörerinnen und Hörer, am Mikrofon in Prag Jürgen Siebeck.

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Der Direktor für Marketing und Corporate Communication von Ceský Telecom, Dr. Milan Smutný, zur Entwicklung des Unternehmens:

"Jede Republik hat sozusagen einen eigenen Telekommunikationsmonopolisten. Das ist so eine Art natürlicher Entwicklung, die wir alle als Steuerzahler bezahlt haben. Es war ein rein staatliches Unternehmen. Seit einigen Jahren heisst es die Tschechische Telecom. Bislang ist es auch mehrheitlich noch in staatlichen Händen und zwar bei 51%, vertreten durch National Property Fund."

Dieser Fonds verwaltet in Tschechien die früheren staatlichen Firmen und bereitet deren Privatisierung vor. Somit ist er auch in den Kontrollgremien der Telecom einflussreich vertreten. Grössere Anteile an Ceský Telecom werden noch vom Konsortium TelSource und der niederländischen Telefongesellschaft KPN gehalten, die zusammen etwa ein Drittel der Aktien besitzen. Die restlichen Aktien sind im Streubesitz.

"Im Dezember 2002 hat sich die tschechische Regierung zuletzt entschieden, die Privatisierung zu stoppen. Die grossen Interessenten waren der Investor, die Deutsche Bank, und als der zukünftige Manager oder Inhaber war TeleDanmark vorgesehen."

Die Gründe für das vorläufige Scheitern der Privatisierung stellen sich aus der Sicht von Dr. Smutný so dar:

"Die Tschechische Telecom war nur ein Objekt. Wir waren ganz offen und es gab keine Beschwerde seitens der potentiellen Investoren, was unser Herangehen an die Privatisierung betraf. Ich meine, nicht alle haben die vorliegenden Verträge richtig gut gelesen und alle technisch-juristischen Probleme verstanden, dass man natürlich im Verkauf der Tschechischen Telecom auch die Minderheitsanteile des mobilen Operators Eurotel mitlösen muss, dass man auch TelSource abfinden muss usw. Das heisst, es waren mehr technisch-administrative Probleme und bestimmt ist die Tschechische Telecom weiterhin eine sehr gute Braut."

So bleibt natürlich auch das Kapitel Telecom, eines der letzten Filetstücke der Privatisierung in Tschechien, weiter aufgeschlagen.

"Ende Januar hat die tschechische Regierung gesagt, sie möchten dieses Unternehmen weiter sehr positiv entwickeln und für gutes Geld bis 2005 für den Privatisierungsprozess wieder zur Verfügung stellen."

Dabei werde man natürlich abwarten müssen, ob die bisherigen Bieter noch im Rennen bleiben werden, die ja schon Einiges in dieses strategische Projekt investiert hätten. Zur Ausgangslage von Ceský Telecom meint Dr. Smutny:

"Dieses Unternehmen hat ein riesiges Potential und bestimmt auch keine schlechten Ergebnisse und es ist ein dynamisches Unternehmen. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen und dieses Unternehmen dann weiterentwicklen. Wenn sich die Aktionäre dann entscheiden, einen neuen Inhaber zu bringen, ist das deren Sache."

Die Ertragsergebnisse des Unternehmens in den ersten neun Monaten des letzten Jahres waren etwa vergleichbar zum Vorjahr. Die direkten Schäden im Telefonnetz durch die grosse Flutkatastrophe im letzten Sommer seien weitgehend dank guter Versicherungsverträge abgedeckt.

"Die Spezialisten der Branche sagen von der Tschechischen Telecom, das ist eine "Cash Cow", das heisst, dieses Unternehmen kann gutes Geld generieren. Finanzanalysten sagen, dass der jetzige Kurs der Ceský Telecom-Aktie unterbewertet sei."

Dies nicht zuletzt aufgrund der Unsicherheiten im Blick auf die nicht vollzogene Privatisierung im letzten Jahr.

Die besonders starke Position von Ceský Telecom hat eine Ursache im Betrieb des Leitungsnetzes und somit in den Festanschlüssen. Dazu Dr. Smutný:

"Wir haben 3,7 Millionen feste Leitungen, bestimmt immer noch 93% des Marktes. Die Digitalisierung des ganzen Netzes haben wir 2002 vollendet. Das tschechische Netzwerk ist absolut vergleichbar mit den westlichen. Wir können jetzt wirklich mit schnellen Geschwindigkeiten an die Kunden bringen, was er zu Hause haben möchte: Entertainment, Shopping, Erziehung, die Verbindung zur ganzen Welt."

Die Digitalisierung des Telefonnetzes in Tschechien bedeutete natürlich für das Unternehmen eine enorm hohe Investition.

"Das sind wirklich Milliarden. Bevor wir eine Krone verdienen, müssen wir zuerst für die Abschreibungen verdienen."

Früher habe man sich vor allem als Anbieter des Telefonnetzes verstanden. Jetzt sehe man sich mehr als Anbieter von Mehrwertdiensten, von originellen, kompletten Paketlösungen für den Endnutzer, sei es in Firmen oder im privaten Bereich. Das Internet, ISDN, Breitband, ADSL oder der geplante Aufbau eines Digitalen Fernsehsystemes im Raum Prag bilden eine weitere technische Plattform, auf der man qualitativ hochwertige Dienste anbieten könne. Gerade in diesen Marktsegmenten erziele Ceský Telecom hohe Zuwachsraten.

Man hat in Tschechien die Nutzung des Telekommunikationsnetzes so weit liberalisiert, dass man auch noch die "letzte Meile" der Leitung vermieten oder verkaufen kann. Damit steht das Netz im Prinzip auch den Mitbewerbern für Dienste zur Verfügung, was den Wettbewerb vor allem im Geschäftsmarkt verschärft hat. Über die Fairness im Wettbewerb wacht ein unabhängiges Aufsichtsamt, das sich auch schon an EU-Regelungen orientiert. Natürlich sieht man es bei Ceský Telecom nicht gerne, wenn sich Mitbewerber nur die Rosinen aus dem Markt picken und die Netze der Telecom zudem noch fast kostenfrei nutzen wollen. Die Herausforderung durch Mitbewerber wird von Dr. Smutný aber positiv gesehen.

"Der Kunde kann sich entscheiden und dieser Druck der Konkurrenz brachte auch dieses Unternehmen zu neuen Produkten, zu neuer Bewegung. Der Konkurrenzkampf bringt eine neue Qualität, immer bessere Leistungen für denselben Preis, bessere Produkte und zufriedene Kunden - besseres Leben vor allem. Wir haben jetzt funktionell im Unternehmen alles in Richtung Kunde und Geschäft reorientiert."

Im letzten Jahr hat man das Personal sozialverträglich um etwa 9% verringert auf nunmehr 14 000 Beschäftigte. Die generelle Devise sei mehr Produktivität, mehr Effektivität.

Es gäbe aber auch noch Wachstumspotential. Zum Beispiel könnten in den vielen Hunderttausenden Wochenendhäusern in Tschechien Festnetzanschlüsse installiert werden. Damit könne man die bereits verlegten Leitungen besser nutzen. Und der Kunde könne so auch am Wochenende gegen ein geringe Pauschale ein komplettes, leistungsfähiges Angebot an Informations- und Kommunikationsdiensten erhalten, zum Beispiel die neueste Wunschfilme per Video auf Abruf, was mit Mobiltelefonen so nicht möglich sei.

Selbstverständlich steht das Festnetz von Ceský Telecom auch in Konkurrenz zu Diensten per Mobiltelefon. Mit 8,5 Millionen mobilen Apparaten bei einer Gesamtbevölkerung von 10 Millionen sei hier aber nach Meinung von Dr. Smutný mittlerweile ein quantitativer Sättigungsgrad erreicht. Ausserdem habe man mit dem Telecom-Tochterunternehmen Eurotel den grössten Anbieter mit fast der Hälfte aller Mobiltelefone in Tschechien im eigenen Hause. Man wolle sowohl mit verbesserten technischen Möglichkeiten (z.B. Bildübertragungen), erhöhter Qualität und inhaltlichem Mehrwert diesen Mobilfon-Markt für das Unternehmen nutzen als auch zugleich das Festnetz aufwerten:

"Mit Value-added, mit neuen Inhalten die feste Leitung wieder zur Geltung bringen,weil die Leute wollen Benefit haben und das Gefühl haben, nicht dass der Preis herunter geht, sondern vielmehr, dass sie für ihr Geld mehr bekommen. Wir dürfen nicht mehr nur die Technologie verkaufen. Die Telekommunikationswelt ist für mich eine verkörperlichte Freiheit. "

Mit diesem fast philosophischen Schlusswort des Direktors Dr. Smutný von Cesky Telecom sagt Ihnen Jürgen Siebeck aus Prag "Auf Wiederhören".

Autor: Jürgen Siebeck
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