Člověk v tísni – in Russland unerwünscht

Foto: Archiv der Hilfsorganisation Člověk v tísni

Die tschechische Hilfsorganisation Člověk v tísni ist in Russland bis auf Weiteres unerwünscht. Die Organisation selbst zeigt sich wenig überrascht von dem Schritt der Behörden. Proteste gegen die Maßnahme kamen unter anderem aus dem Außenministerium in Prag.

Foto: Archiv der Hilfsorganisation Člověk v tísni
Russland macht gegenüber Člověk v tísni ein Gesetz gültig, das die Menschenrechte russischer Staatsbürger schützen soll. Das Justizministerium setzte die Hilfsorganisation auf eine Liste von Institutionen, die diese angeblich gefährden und deren Tätigkeit unerwünscht ist in Russland. Bei Člověk v tísni zeigt man sich nicht überrascht über den Schritt der Behörden in dem osteuropäischen Land. Immerhin wurde den Aktivisten im Jahr 2005 schon einmal die Akkreditierung dort entzogen. Šimon Pánek leitet Člověk v tísni:

„Etwas scherzhaft könnte man sagen: Unsere Arbeit zum Aufbau einer Zivilgesellschaft dort war sinnvoll, denn sonst hätte man uns nicht auf diese Liste gesetzt. Wir werden unsere Aktivitäten jetzt einstellen, damit wir unsere Partner vor Ort nicht gefährden. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns endgültig aus Russland verabschieden.“

Tomáš Petříček  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Člověk v tísni engagiert sich in Russland vor allem für Menschenrechte. Unter anderem unterstützen die Tschechen den Aktivisten Ojub Titijew, der Vorsitzender der Menschenrechtsorganisation Memorial in Tschetschenien ist. Titijew war vergangenes Jahr wegen Drogenbesitz verhaftet worden und saß insgesamt anderthalb Jahre im Gefängnis. Außerdem weist Člověk v tísni regelmäßig auf die Rolle Moskaus im Ukraine-Konflikt hin.

Mittlerweile hat die tschechische Politik auf die Maßnahmen der russischen Behörden reagiert. Außenminister Tomáš Petříček (Sozialdemokraten) kritisierte den Schritt des Justizministeriums in Moskau auf Twitter, Zitat:

„Člověk v tísni ist eine respektable Organisation, die weltweit die Menschenrechte und Demokratie unterstützt. Die Gründe für das Verbot in Russland halte ich deshalb für absurd. Das Verbot einer Menschenrechtsorganisation zeugt nur vom Stand der Menschenrechte in dem Land. Ich will eine Erklärung dafür hören. Deshalb werde ich den russischen Botschafter vorladen.“

Pavel Fischer  (Foto: Ondřej Tomšů)
Dies dürfte voraussichtlich kommende Woche der Fall sein, denn derzeit befindet sich Petříček noch auf einer Dienstreise in Äthiopien.

Das Vorgehen gegen Člověk v tísni hat vor allem für die russischen Mitarbeiter Folgen. Diesen drohen nämlich bis zu sechs Jahre Haft, sollten sie sich weiter für ihren tschechischen Arbeitgeber engagieren. Darauf weist unter anderem der Chef des Außenausschusses im Senat, Pavel Fischer, hin:

„Člověk v tísni leistet eine großartige Arbeit in vielen Regionen der Welt. Die Bedingungen ändern sich insofern, dass bestimmten Mitarbeitern Haft droht. Darauf muss man sich nun einstellen.“

Das Gesetz zum Schutz der Menschenrechte russischer Staatsbürger gilt seit 2014. Es ermöglicht Maßnahmen gegen ausländische Organisationen in Russland und ist eine Antwort auf die westlichen Sanktionen im Zuge des Ukraine- und Krim-Konflikts. Gemeinsam mit Člověk v tísni stehen insgesamt 19 Organisationen auf der Liste unerwünschter Subjekte. Darunter sind der Open Society Fund des US-Investmentmagnaten George Soros, die US-Staatsstiftung National Endowment for Democracy oder der Weltkongress der Ukrainer.