Humanitäre Organisation "Mensch in Not" muss Tätigkeit in Tschetschenien einstellen

Simon Panek
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Die tschechische humanitäre Organisation "Clovek v tisni" ("Mensch in Not") war eine der ersten, die sich im Jahr 2000, nach dem 2. Tschetschenienkrieg im Nordkaukasus engagierte, um den Menschen in der vom Krieg verwüsteten Region ein möglichst würdiges Leben zu ermöglichen. Jetzt muss die Organisation ihre Tätigkeit vorerst einstellen, denn die russischen Behörden haben ihr nicht die Registrierung verlängert, die jede ausländische Organisation vorweisen können muss, wenn sie in Russland tätig sein will.

Welche Gründe hinter diesem Schritt stehen, habe man nicht erfahren, so der Direktor von "Mensch in Not", Simon Panek:

"Uns wurde überhaupt keine konkrete Beschuldigung mitgeteilt, gegen die wir uns in irgendeiner Weise verteidigen könnten. Der Druck stützt sich ausschließlich auf irgendwelche lächerlichen Spekulationen in den Zeitungen oder anderswo. Es ist absurd, denn z.B. waren sämtliche Gelder, die unsere Organisation verwendet hat, Gelder der Europäischen Union oder der UNO. Und diese Organisationen kontrollieren natürlich, was mit ihren Geldern passiert."

Ganz überraschend kam der jetzige Vorfall für die tschechische Hilfsorganisation nicht. Im März waren in der russischen Presse Beschuldigungen aufgetaucht, nach denen "Mensch in Not" antirussische Terroristengruppen finanziere. Und auch sonst fühle man sich seit längerer Zeit seitens Russlands unter Druck gesetzt, sagten Mitarbeiter der Organisation. Man habe natürlich sofort eine neue Registrierung beantragt, um das Engagement im Nordkaukasus fortsetzen zu können, so Simon Panek:

"Wir hoffen, dass sich der Vorfall aufklärt, denn letztendlich machen wir in Tschetschenien genau das, was die russische Regierung ihren eigenen Worten nach für richtig hält: nämlich der Zivilbevölkerung zu helfen. Wenn man in Russland also rational über die Angelegenheit entscheidet, sollte unsere Registrierung erneuert werden."

Logo der Gesellschaft Mensch in Not
Weniger optimistisch sieht es Jaromir Stetina, Mitgründer von "Mensch in Not" und heute parteiloser Abgeordneter in der Oberen Parlamentskammer Tschechiens. Er wäre überrascht, wenn die russische Regierung tatsächlich rational mit der Angelegenheit umgehen würde. Stetina geht stattdessen davon aus, dass der jetzt erfolgte Schritt gegen "Mensch in Not" ein ganz bewusster Bestandteil der russischen Strategie ist, nach den Journalisten jetzt die humanitären Organisationen allmählich aus dem Kaukasus zu verdrängen, sagte Stetina am Freitag gegenüber dem Nachrichtensender BBC. Das tschechische Außenministerium stellte sich unterdes hinter die tschechische Hilfsorganisation und geht davon aus, dass sie ihre Tätigkeit in Tschetschenien alsbald wieder aufnehmen kann.