Das Ende einer Ära: Tschechisches Fernsehen künftig ohne Programmansager
Das Ende der Programmansager beim öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen, sowie die Pläne der größten Medienanstalt des Landes für das Jahr 2006 sind die Themen der aktuellen Ausgabe von "Im Spiegel der Medien", der Mediensendung von Radio Prag.
Als erstes wollen wir uns dabei dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen, Ceska televize, widmen. Die größte Medienanstalt des Landes will im Verlauf dieses Jahres mit einigen wichtigen Neuerungen aufwarten, vor allem was das Angebot an Sendungen und Kanälen angeht. Wie tschechische Medien in den vergangenen Tagen berichteten, ließ Ceska televize beim Patentamt unlängst die Bezeichnungen CT4 und CT5 registrieren, womit nun endgültig sicher zu sein scheint, dass sich das Medium in naher Zukunft neben den bisher ausgestrahlten zwei Programmen und dem eigenen Nachrichtenkanal noch mit zwei weiteren Kanälen um die Gunst der Zuschauer bemühen will. Während das geplante vierte Programm ein Sportkanal sein soll, wird vermutet, dass das fünfte Programm das Format eines Wissenschaftskanals haben wird.
Dennoch hat beim Tschechischen Fernsehen zu Jahresbeginn - rein optisch gesehen - eine andere wichtige Veränderung stattgefunden: Nach gut fünfzig Jahren wird es bei Ceska televize künftig keine Programmansagen im klassischen Stil geben, das heißt die acht Damen und Herren, die bislang jeden Abend mehrmals auf den Bildschirmen zu sehen waren und die folgenden Sendungen ankündigten, werden nicht mehr auftreten. Warum hat sich CT zu diesem Schritt entschlossen? Das fragten wir den Pressesprecher von Ceska televize, Martin Krafl:
"Wir haben das schon im Jahr 1998 überlegt, und damals haben wir mit den Programmansagern vereinbart, dass sie für uns weiterhin auf externer Basis arbeiten werden. Wir haben das mit unseren Kollegen in Europa besprochen und dazu auch eine eigenen Umfrage unter den Zuschauern organisiert. Es hat sich gezeigt, dass 60 Prozent mit unserer Entscheidung, in Zukunft keine Programmansager zu haben, einverstanden waren. Die meisten europäischen Fernsehstationen haben übrigens den gleichen Weg beschritten, wie wir. Wir haben deshalb entschieden, dass mit Jahresbeginn anstatt der klassischen Programmansager auf dem ersten Kanal das Programm als Gespräch zwischen einem Mann und einer Frau präsentiert wird und auf dem zweiten Programm von einer einzigen Stimme. Wir hoffen, dass die Zuschauer diese Stimmen zusammen mit der modernen Graphik gut finden werden."
Gibt es schon irgendwelche Reaktionen von Seiten der Zuschauer, ob sie mit der Veränderung zufrieden oder nicht zufrieden sind? Denn immerhin waren die meisten Programm-Ansager von Ceska televize äußerst beliebt."Ich würde sagen, die ältere Generation wird natürlich mit unserer Entscheidung schon Probleme haben, die müssen sich daran gewöhnen, aber ich hoffe, dass wir auch dieser Gruppe beweisen werden, dass wir versuchen, alle Zuschauer anzusprechen. Wenn wir also ein spezielles Programm für ältere Menschen haben werden, wollen wir das Gespräch zwischen den beiden Sprechern so gestalten, dass es für diese Gruppe akzeptabel ist. Genauso möchten wir bei Kindersendungen vorgehen. Jeden Tag um sieben Uhr wird im Fernsehen ein Märchen für Kinder ausgestrahlt. Wir werden die Anmoderation dann so gestalten, dass das die Kinder nett finden, wir werden zu ihnen natürlich auch sagen, dass sie ins Bett gehen sollen und werden ihnen dann eine gute Nacht wünschen."
Das Jahr 2006 wird zweifellos im Zeichen der fortschreitenden Digitalisierung stehen. Im Herbst vergangenen Jahres wurde der diesbezügliche Testbetrieb in Teilen Prags und Brünns abgeschlossen. Das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen will sich schon vor dem Beginn des regulären digitalen Sendebetriebs mit einigen Spartenkanälen positionieren, etwa mit dem eingangs erwähnten Sportkanal, der schon vor den diesjährigen olympischen Winterspielen in Turin auf Sendung gehen soll. Ist die neue digitale Technik bereits soweit, sowohl was die Entwicklung als auch was die Verbreitung unter den Fernsehzuschauern angeht, dass es als sinnvoll erscheint, diese neuen Spartenkanäle ins Leben zu rufen? Oder ist es in erster Linie eine Sache des Prestiges, hier als öffentlich-rechtliche Anstalt eine Vorreiterrolle einzunehmen?"Ich würde sagen, dass beides wichtig ist. Wir haben schon in den neunziger Jahren an der Digitalisierung unserer Sendungen zu arbeiten begonnen und sind deshalb die einzige Fernsehanstalt in diesem Land, die dabei relativ weit fortgeschritten ist. Heute geht es uns natürlich darum, Schritt zu halten, nicht nur mit den Entwicklungen in Europa, sondern auch in der Tschechischen Republik. Wir hatten bis Ende des vorvergangenen Jahres zwei Programme. Seit Mai 2005 gibt es im Rahmen von CT einen eigenen Nachrichtenkanal, der 24 Stunden lang sendet, und am 10. Februar wird der neue Sportkanal starten. Wir hoffen, dass wir damit zeigen, dass wir den Zuschauern immer mehr anbieten können."
Soweit der Pressesprecher des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens, Martin Krafl.
Und nun kommen wir noch zu einer Kurzmeldung, die uns im Zusammenhang mit den tschechischen Medien als interessant erscheint:
Dabei bleiben wir noch beim Medium Fernsehen. Die traditionelle Neujahrsansprache des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus wurde am 1. Januar erstmals auf allen drei landesweiten Fernsehkanälen gleichzeitig ausgestrahlt. Das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass unter Klaus' Vorgänger, Vaclav Havel, der sich mit seiner Botschaft zum Jahresbeginn insgesamt dreizehn mal an die Mitbürger wandte, ausschließlich nur das öffentlich-rechtliche Fernsehen zum Zuge kam. Die überhaupt erste Neujahrsansprache von Vaclav Klaus im Januar 2004 war wiederum nur vom privaten Fernsehkanal TV Nova übertragen worden. Dass gerade das tschechische Staatsoberhaupt in diesem Jahr am Neujahrstag um 13 Uhr, also zur besten Sendezeit, zeitgleich auf allen drei Sendern zu sehen war, ist sicherlich nicht uninteressant. Es liegt die Vermutung nahe, dass die im vergangenen Jahr wegen ihren Reality-Shows häufig kritisierten privaten Fernsehanstalten dabei versucht haben, sich als seriöse Medien darzustellen.