Das Geschlecht der Schwarzenbergs in Böhmen

Karel Schwarzenberg

Am 9. Januar dieses Jahres wurde Karel Schwarzenberg zum Außenminister der Tschechischen Republik ernannt. Die Ernennung eines Adligen in diese wichtige Regierungsfunktion hat große Aufmerksamkeit ausgelöst. Wer sind die Schwarzenbergs überhaupt und in welcher Beziehung standen sie in der Vergangenheit zum tschechischen Staat? Antworten auf diese Fragen gibt der Historiker Petr Masek im heutigen "Kapitel aus der tschechischen Geschichte".

Karel Schwarzenberg
"Die Schwarzenbergs sind ursprünglich ein deutsches Adelsgeschlecht. Ihre erste Erwähnung geht auf das Jahr 1127 zurück. Damals waren sie noch als Herren von Seinsheim oder von Sowensheim bekannt. Erst Anfang des 15. Jahrhunderts haben sie den Namen Schwarzenberg angenommen, als sie die gleichnamige Herrschaft in Franken erwarben. Zum ersten Kontakt mit den Ländern der böhmischen Krone kam es im 15. Jahrhundert, als sich Erkinger von Schwarzenberg an der Seite von Kaiser Sigismund am Kreuzzug gegen die Hussiten beteiligte. Dadurch gewann er, wenn auch nur sehr kurz, einige Güter in Böhmen."

Später waren es jedoch vor allem die Türkenkriege, in denen die Schwarzenbergs zu Ruhm und Ehre gelangten. So eroberte zum Beispiel Adolf von Schwarzenberg 1598 im Dienste von Kaiser Rudolf II. die ungarische Festung Raab. Dieser Sieg wurde vom ganzen christlichen Europa gefeiert. Adolf wurde 1599 vom Kaiser in den adligen Stand eines Grafen erhoben, und zum Familienwappen der Herren von Schwarzenberg wurde ein am Kopf eines Türken pickender Rabe erkoren.

Johann Adolf Schwarzenberg
"In den ersten Jahrhunderten ihrer Existenz haben sich die Schwarzenbergs vor allem dem Kriegswesen gewidmet. Dafür haben sie verschiedene Privilegien erhalten. Sie waren aber ebenso fähige Politiker. Zum Beispiel wurde Jan Adolf, der im Jahr 1683 gestorben ist, für seine treuen Dienste am Wiener Hof vom Kaiser in den Fürstenstand erhoben. Dieser Adelstitel wurde jedoch nur auf die jeweils Erstgeborenen des Geschlechts übertragen. Jan Adolf erwarb auf Dauer ebenso die ersten umfangreichen Ländereien in Böhmen, und zwar die Güter in Trebon und Hluboka / Frauenberg. Seine Tochter Marie Ernestina wurde mit dem Herzog von Krumau, Jan Kristian von Eggenberg verheiratet. Das war ein sehr reicher Grundbesitzer in Südböhmen. Weil ihre Ehe kinderlos blieb, und weil auch alle anderen Angehörigen von Eggenberg in dieser Zeit ausstarben, ging das riesengroße südböhmische Dominium dank der Eheschließung ganz legal und geräuschlos auf die Herrschaft von Schwarzenberg über."

Diesen Gesichtspunkt gilt es hervorzuheben. Oftmals nämlich werden die Schwarzenbergs mit allen Adelsgeschlechtern, die ihre Besitztümer in Böhmen nach der Schlacht auf dem Weißen Berg im Jahre 1620 gewonnen haben, auf eine Stufe gestellt. Also auf Kosten vieler Protestanten, die Böhmen nach der Schlacht verlassen mussten. Dem war aber nicht so, die Schwarzenbergs erlangten ihre Güter in der Regel durch einen Kauf oder aufgrund eines Erbes.

"Der Hauptbesitz der Schwarzenbergs lag immer in Südböhmen. Neben Trebon, Hluboka und Cesky Krumlov / Krumau gehörten noch Orlik und später auch Cimelice dazu. Zur nächsten Rangerhöhung der Herren von Schwarzenberg kam es Mitte des 18. Jahrhunderts. Ihr lag jedoch im Jahr 1732 der unglückliche Zufall zugrunde, dass Adam Frantisek von Schwarzenberg auf der Jagd von Kaiser Karel VI. versehentlich erschossen wurde. Als Entschuldigung dafür erhob der Kaiser nunmehr das ganze Geschlecht - also nicht nur die Erstgeborenen - in den Fürstenstand. Seitdem ist der führende Kopf des Geschlechts der Fürst und alle andere Angehörigen tragen den Titel eines Prinzen oder einer Prinzessin."

Hluboka  (Foto: CzechTourism)
Zu einem bedeutenden Einschnitt kam es am Ende des 18. Jahrhunderts, als sich das Geschlecht teilte - in die Primogenitur-Linie mit dem Sitz auf Schloss Hluboka und in die jüngere Linie mit dem Sitz auf Schloss Orlik. Die Schwarzenbergs präsentierten sich damals schon lange Zeit als ausgezeichnete Landwirte und Unternehmer. Ein Vertreter ihres Hauses bekleidete aber auch eine hohe kirchliche Funktion: Bedrich (Friedrich) aus dem Hluboka-Zweig. Er hatte Theologie studiert und im Jahr 1850 sogar das Amt des Prager Erzbischofs inne. Eine sehr interessante Persönlichkeit war auch sein gleichnamiger Zeitgenosse aus der zweiten Linie.

"Der zweite Friedrich, der zur Orlik-Linie gehörte, nannte sich selbst der letzte Landsknecht. Er war ein geborener Soldat, der es schon in seiner Jugend bereut hatte, dass er in der Zeit der napoleonischen Kriege zu jung war, um wie sein Vater Karel I. von Schwarzenberg an ihnen teilzunehmen. Karel I. war ein berühmter General und Herrscher, der die Armeen der antinapoleonischen Koalition in den Schlachten bei Slavkov / Austerlitz und bei Leipzig befehligt hatte. Für Friedrich war der Krieg die Erfüllung seines ganzen Lebens. Er war ein überzeugter Böhme und ein großer Bewunderer des Hussitenführers Jan Zizka, der für ihn das Sinnbild des tschechischen Kriegers war."

Schloss Orlik
Im 19. Jahrhundert haben sich die Herren von Schwarzenberg enorm in der Politik engagiert. Wenn auch ihre politischen Ansichten insgesamt sehr konservativ blieben, so standen sie immer auf der Seite des tschechischen Staatsrechts und traten für die Rechte von Böhmen und Mähren gegen die Wiener Regierung ein. Karel III. von Schwarzenberg unterstützte die Tätigkeit des Nationalmuseums und die Gründung des Nationaltheaters. Alle Mitglieder des Geschlechts sprachen Tschechisch schon seit der Zeit, als sich die Schwarzenbergs in Böhmen niedergelassen hatten. Ihr nationales Bewusstsein wird auch deutlich in ihrer positiven Haltung zur Tschechoslowakischen Republik. Gleich nach deren Entstehung trat Adolf von Schwarzenberg 1918 in die tschechoslowakische Armee ein. Und das, obwohl dadurch die Schwarzenbergs nach dem Gesetz 61 ähnlich wie andere Aristokraten um ihren Adelstand sowie um Orden und Prädikate kamen.

"Auch die Bodenreform im Jahre 1927, die den Besitz der beiden Linien verringerte, zog bei den Schwarzenbergs kein tiefes Gefühl von Unrecht nach sich. Im Gegenteil, sie standen stets unerschütterlich auf der tschechischen Seite. Das war auch Ende der 30er Jahre der Fall, als das Protektorat entstand. Mit ihren Unterschriften auf der "Erklärung des böhmischen Adels" haben sie sehr mutig ihr nationales Bewusstsein zu erkennen gegeben."

Auch während der Zeit des Zweiten Weltkriegs, in dem die Angehörigen des Geschlechtes unter dem zweifelsfreien Druck des Naziregimes standen, sind die Schwarzenbergs der Republik treu geblieben. Dabei wurde auch ihnen mit Verfolgung und Verschleppung gedroht.

"Das Faktum, zu dem es während des Protektorats und der Nazizeit nicht gekommen war, wurde leider nach dem Krieg vollendet. Im Jahr 1947 wurden auf Grund des Gesetzes "Lex Schwarzenberg" sämtliche Besitztümer des Hluboka-Zweigs enteignet. Der Hauptgrund dafür aber war nicht die vorgeschobene Kollaboration, sondern ausschließlich das riesige Vermögen der Schwarzenbergs, das nach Meinung der sozialistischen Gesetzgeber trotz der Bodenreform immer noch zu groß war."

Das Vermögen des Orlik-Zweigs kam erst im Jahr 1948 an die Reihe. Damals war Karel VI. das Oberhaupt des Geschlechts. Er war der Vater von Karel VII., dem heutigen Außenminister Tschechiens. Karel VI. war ein bekannter tschechischer Historiker und Genealoge. Es half ihm überhaupt nichts, dass er nach der Befreiung 1945 in Cimelice, wo seine Familie die Kriegszeit verbrachte, zum Vorsitzenden des Revolutionskomitees gewählt wurde.

"Die Besitzstände der beiden Linien wurden also beschlagnahmt. Hauptsitze wie Krumlov, Hluboka und Orlik sind Schlösser der ersten Kategorie geworden und wurden für Besucher geöffnet. Andere kleinere Schlösser wurden verschiedenen Institutionen aus der Landwirtschaft und der Armee übergegeben."

Die Schwarzenbergs gingen 1948 nach Österreich, wo im Jahr 1965 der ältere Hluboka-Zweig ausgestorben ist. Ihr Besitztum erbte der heutige Außenminister Karel VII., der als anerkannter Politiker von 1984 bis 1990 Präsident des Helsinki-Komitees für Menschenrechte war. Nach der politischen Wende 1989 wurde ihm ohne Schwierigkeiten das Besitztum des Orlík-Zweigs in Böhmen zurückerstattet.