Das Jahr 1989 im Dialog – Ausstellung in Prag

Ausstellung „Dialog“ (Foto: Anna Pleslová, Archiv des Tschechischen Zentrums Prag)

Sie haben den politischen Umbruch in Mitteleuropa teilweise losgetreten und mitgestaltet, machen sich aber auch heute noch darüber Gedanken über den Zustand der Region. Es geht um zwölf Persönlichkeiten der Wendezeit, die derzeit in einer Ausstellung der Tschechischen Zentren in Prag vorgestellt werden – und zwar in Fotografien und Interviews.

Ausstellung „Dialog“  (Foto: Anna Pleslová,  Archiv des Tschechischen Zentrums Prag)

Ausstellung „Dialog“  (Foto: Anna Pleslová,  Archiv des Tschechischen Zentrums Prag)
Die zwölf Persönlichkeiten stammen aus Tschechien, Polen und Ungarn, sie gehören jeweils zur Kulturszene ihres Landes. Aber sie haben unterschiedliche Ansichten über den politischen Umbruch von 1989. Manche haben diese Zeit selbst erlebt oder auch mitgestaltet, andere wurden erst danach geboren.

Diese Persönlichkeiten wie der umstrittene polnische Künstler Zbigniew Libera, die slowakische Schauspielerin Zuzana Mistríková oder der tschechische Schriftsteller Aleš Palán wurden danach gefragt, wie sie das Jahr 1989 sehen. Die Interviews hat Barbora Baronová geführt. Sie selbst sagt:

„Ich denke, das Jahr 1989 war sehr inspirierend in dem Sinn, dass sich Veränderungen in der Gesellschaft auch anders als mit Blut und Gewalt erreichen lassen. Für mich bedeutet die Samtene Revolution die Hoffnung, dass ein Wandel möglich ist.“

Barbora Baronová  (Foto: Anna Pleslová,  Archiv des Tschechischen Zentrums Prag)
Baronová hat die Interviews in ihrem Band „Dialog 1989“ veröffentlicht. Darin treten die zwölf Intellektuellen in einen virtuellen Meinungsaustausch. Und das ist laut der Literatur-Dokumentarin wichtig:

„Sich nicht zu fürchten, einen Dialog zu führen. Das heißt, in der Lage zu sein, auch mit jenen zu reden, deren Meinung ich nicht teile. Ich glaube, ein solcher Austausch ist wichtig, um eine Gesellschaft weiterzubringen.“

Dieser Dialog müsse aber bereits ganz unten beginnen, in der eigenen Familie, betont Barbora Baronová.

In ihren Interviews kommt die gesamte Entwicklung in Mitteleuropa seit den 1970er Jahren zur Sprache. So äußern sich die von ihr befragten Persönlichkeiten unter anderem auch zur Charta 77, dem Pontifikat von Johannes Paul II. und der Entstehung der Solidarność-Bewegung. Aber auch die Zeit nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ist Thema, so etwa die Teilung der Tschechoslowakei, das Mečiar-Regime oder der Mord an dem slowakischen Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová. Zentraler Punkt bleibe aber das Jahr 1989, betont der Generaldirektor der Tschechischen Zentren, Ondřej Černý. Er hat die Ausstellung organisiert:

Ausstellung „Dialog“  (Foto: Anna Pleslová,  Archiv des Tschechischen Zentrums Prag)
„In unterschiedlichen Gegenden der Welt zeigt sich, dass die Samtene Revolution als Vorbild gelten kann. Das liegt an der starken Einbeziehung der Zivilgesellschaft, der Menschenrechte und einer Betonung der Gewaltlosigkeit. Dies war ein sehr wichtiges Element bei allen Demonstrationen. Heute gilt Václav Havel neben Gandhi als Guru dieser Art des Protests. Er ist von einem einfachen Grundsatz ausgegangen: der Macht der Machtlosen. Das heißt, dass ich mich normal verhalte und die elementaren Grundrechte einfordere.“

In Bildern festgehalten wurden die Interviewten von den Fotografen Ján Kekeli, Witek Orski und Dita Pepe.

Die Ausstellung „Dialog“ ist in der Galerie der Tschechischen Zentren in Prag zu sehen (Rytířská 31, Prag 1), und zwar noch bis 16. Oktober. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Freitag von 11 bis 18 Uhr und am Samstag von 11 bis 17 Uhr.

Autor: Till Janzer
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