Der lange Weg zur Abschaffung des Superbruttolohns
In der Nacht zum Freitag hat das tschechische Abgeordnetenhaus einem neuen Steuerpaket zugestimmt. In dessen Mittelpunkt steht das Ende des Superbruttolohns.
Alles sieht danach aus, als ob das Kabinett von Andrej Babiš (Partei Ano) nun ein Vorhaben umsetzt, was die Vorgängerregierungen nicht geschafft haben. Die Zustimmung von Senat und Präsident Miloš Zeman vorausgesetzt, wird in Tschechien zu Beginn des neuen Jahres der Superbruttolohn gestrichen.
Dieser Super-Wert setzt sich zusammen aus dem Bruttolohn, Zuschüssen, Prämien und Sachbezüge für den Arbeitnehmer sowie den Abgaben für Sozial- und Krankenversicherung, die vom Arbeitgeber geleistet werden. Er summiert also die gesamten Kosten, die ein Arbeitnehmer in der Buchhaltung des Arbeitgebers darstellt.
Die Einkommenssteuer wird seit Januar 2008 aus dem Superbruttolohn berechnet. Die damalige Regierung von Mirek Topolánek (Bürgerdemokraten) wollte mit dieser Reform das damalige vierstufige Steuersystem durch einen einzigen Steuersatz von 15 Prozent vereinfachen. Tatsächlich belief sich die Steuerhöhe dann aber auf real 23,1 Prozent. Aktuell zahlen die Arbeitnehmer effektiv 20,1 Prozent Einkommenssteuer.
Die Abschaffung des Superbruttolohns hatten sowohl die Regierung von Petr Nečas (Bürgerdemokraten, 2010-2013) als auch von Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten, 2014-2017) im Programm. Die derzeitigen beiden Koalitionspartner erfüllen mit der Umsetzung ihre jeweiligen Wahlversprechen. Vizepremier Jan Hamáček (Sozialdemokraten) hatte einen Einkommenssteuersatz von 19 Prozent des Bruttolohns vorgeschlagen. Die untere Parlamentskammer hat aber dem Entwurf von Premier Babiš zugestimmt, der 15 Prozent vorsieht. Für Besserverdiener mit einem Einkommen ab 140.000 Kronen (5312 Euro), soll ein Steuersatz von 23 Prozent gelten.
Nach den Berechnungen des Nationalen Haushaltsrates sinken die Steuereinnahmen dadurch im kommenden Jahr um 88 Milliarden Kronen (3,3 Milliarden Euro). Der Gewerkschaftsdachverband ČMKOS rechnet sogar mit einem Minus von 94 Milliarden Kronen (3,6 Milliarden Euro). Der bereits gebilligte Haushaltsentwurf für 2021 sieht insgesamt ein Defizit von 320 Milliarden Kronen (12,2 Milliarden Euro) vor. Darin wurden die Folgen der Abschaffung des Superbruttolohns aber nicht einberechnet.