Der Tschechische Rundfunk ging erstmals digital auf Sendung

Heute wollen wir in unserer Mediensendung ein Thema behandeln, dem wir in der Vergangenheit relativ wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben. Die Rede ist vom digitalen Rundfunk. Einer der Gründe dafür war auch nicht zuletzt, dass es sich bis vor kurzem um eine relativ abstrakte Materie handelte, die nicht über technische Versuche hinausging. Zum anderen war auch die Gesetzeslage lange relativ unklar.

Diesmal, so glauben wir zumindest, haben wir jedoch einen Grund uns den digitalen Rundfunk näher anzusehen: Vor fast einem Monat hat nämlich der öffentlich-rechtliche Tschechische Rundfunk versuchsweise mit der digitalen Ausstrahlung einiger seiner Programme begonnen. Dazu erhielt die Anstalt eine dreißigtägige Lizenz von der Tschechischen Telekommunikationsbehörde und somit auch die Möglichkeit, erstmals den digitalen Rundfunk in der Praxis zu testen.

Die Empfangsmöglichkeiten waren aber während dieser dreißig Tage relativ beschränkt. Einerseits, weil das Signal noch nicht flächendeckend ausgestrahlt werden kann, andererseits, weil es in Tschechien noch nicht genügend Empfangsboxen für digitalen Rundfunk gibt.

Welche Bilanz zieht also der Tschechische Rundfunk im Zusammenhang mit diesem Experiment? Lassen sich die Reaktionen der Hörerinnen und Hörer irgendwie zusammenfassen oder quantifizieren? Das fragten wir Pavel Balicek, der beim Tschechischen Rundfunk für die Einführung neuer Technologien zuständig ist:

"Ich denke, dass man die Hörerzahl bisher nur schätzen kann. Richtig ist, dass sich die Programme des Tschechischen Rundfunks gewissermaßen als Magneten im Rahmen des Digitalfunks bezeichnen lassen, weil auf diese Weise ganz neue Radioprogramme zu den Hörern gelangen. Wenn also irgendwelche Reaktionen kommen, dann sind das oft Fragen bezüglich dieser neuen Programme. Täglich kommen einige neue Hörer dazu, so dass man gegenwärtig vielleicht von etwa Tausend Zuhörern ausgehen kann."

Zu den Vorteilen des digitalen Rundfunks gehört die Möglichkeit, das Sendesignal stark komprimiert zu übertragen. Während also heute auf einer analogen Fernseh- oder Rundfunkfrequenz nur ein Programm ausgestrahlt wird, könnten künftig auf Grund der Kompressionsmöglichkeiten bis zu fünf verschiedene Programme auf einer Frequenz übertragen werden. Bei den Betreibern würde das nicht nur zu Einsparungen bei den Übertragungskosten führen, sondern im Endeffekt könnten große Anbieter, wie etwa die öffentlich-rechtlichen Anstalten, auf diese Weise verschiedene Spartenkanäle ausstrahlen - etwa für Sport, Wetter, Nachrichten, oder aktuelle Verkehrsinformationen.

Das Experiment des Rundfunks hat gezeigt, dass es technisch bereits möglich ist, digital auf Sendung zu gehen. Es fragt sich aber, ob die Hörer auch wissen, welche Möglichkeiten der digitale Funk bietet, bzw. dass man sich dafür auch entsprechend technisch ausrüsten muss. Sollten also die Betreiber jetzt nicht eine Art Erklärungskampagne starten? Pavel Balicek vom Tschechischen Rundfunk:

"Es wird sicherlich notwendig werden, den Digitalfunk zu erklären und eine entsprechende Kampagne zu starten. Die vergangenen fünf Jahre waren vor allem von technischen Versuchen, wie auch der Entwicklung der Empfangsanlagen geprägt. Genauso aber wurden in dieser Zeit die ganzen gesetzlichen Voraussetzungen für den digitalen Funk geschaffen. Es war also mit anderen Worten sehr schwer für etwas Werbung zu betreiben, bei dem man nicht wusste, wann es beginnen wird und wann man damit wirklich auf die Hörer zugehen wird. Die digitalen Sendungen haben erst jetzt richtig begonnen. Wir werden aber bestimmt in Zusammenarbeit mit dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen eine Werbekampagne starten."

Was wird das Ganze aber kosten? Wird der Tschechische Rundfunk das alles aus seinen Haushaltsreserven finanzieren, oder werden dafür auch die Rundfunkgebühren verwendet? Dazu sagt Pavel Balicek:

"Hier müssen zwei Sachen unterschieden werden, und zwar die eigentliche Ausstrahlung, was also die Übertragung des Signals auf anderen Wegen bedeutet. Das kostet natürlich etwas, wird aber aus den Reserven finanziert. Der zweite Aspekt ist weitaus wichtiger und das ist die Produktion von neuen Sendeinhalten. Das wird wieder stark davon abhängen, um welche Programme es gehen wird. Das beginnt beim Spartenprogramm für klassische Musik "Radio D-Dur", wo die Herstellungskosten minimal sind und geht bis zum geplanten Jugendprogramm, wo man von einem Budget in Höhe von mehr als zehn Millionen Kronen jährlich ausgehen muss. Es ist also so, dass der Großteil der geplanten Haushaltsaufstockung eben auf das Konto der Einführung des digitalen Funks gehen wird."

Einer der größten Vorteile des Radios liegt darin, dass man das Empfangsgerät überall mit hinnehmen kann und dass Radiohören technisch wenig aufwendig ist. Der Empfang des digitalen Rundfunks wird aber an die Installierung einer speziellen Empfangsbox gebunden sein. Könnte sich das nicht als eine Art Hemmschwelle erweisen, die die Menschen davon abhalten könnte, auf den digitalen Rundfunk umzusteigen?

"Was den digitalen Funk angeht, ist tatsächlich eine spezielle Empfangsbox notwendig. Momentan ist es wirklich so, dass diese Box mit einer relativ großen Antenne verbunden ist und oft auch noch an ein Fernsehgerät angeschlossen ist. Das führt im Endeffekt zu einer wesentlich geringeren Mobilität als bei klassischen Radiogeräten. Auf der anderen Seite liegt der Preis irgendwo bei 2000 Kronen, was angesichts dessen, was die Hörer dafür bekommen, nicht allzu hoch ist. Neben einem größeren Programmangebot kann dadurch vor allem die Empfangsqualität deutlich verbessert werden und zwar in Gegenden, in denen es bislang Probleme gab. In Zukunft ist ebenfalls zu erwarten, dass der digitale Funk auch zur Datenübertragung genutzt werden könnte. Ich glaube aber nicht, dass der digitale Rundfunk die bisherigen klassischen Empfangsmöglichkeiten mittels Transistorgeräte gänzlich verdrängen wird."

Bis zum Jahr 2012 soll gemäß einer Richtlinie der Europäischen Kommission innerhalb der Gemeinschaft das Fernsehsignal ausschließlich digital ausgestrahlt werden. Der Rundfunk ist davon ausgenommen, obwohl laut Pavel Balicek auch hier anzunehmen ist, dass es entsprechende Bestrebungen geben könnte.

Pavel Balicek räumt ein, dass der Tschechische Rundfunk im Vergleich zu den öffentlich-rechtlichen Anstalten in den anderen europäischen Ländern einen gewissen Rückstand hat, weil dort bereits vor drei oder vier Jahren die neuen Sendetechnologien zum Einsatz gekommen sind. Der Dänische Rundfunk strahlt seinen Worten zu folge heute zum Beispiel 17 Programme digital aus. Auch die britische BBC sei im vergangenen Jahr massiv in den Bereich des digitalen Funks eingestiegen, bei den deutschen Sendern würde es wieder spezielle themenbezogenen Spartenkanäle geben, wie zum Beispiel Verkehrsfunk, Wetter usw.

Dennoch nimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk zumindest in Tschechien auf dem Feld des digitalen Funks eine Art Vorreiterrolle ein. Hören Sie dazu abschließend noch einmal Pavel Balicek vom Tschechischen Rundfunk:

"Bisher verfügt der Rundfunk über ein Konzept für die erste Übergangszeit. Neben den vier bisherigen landesweiten Programmen, die ebenfalls digital ausgestrahlt werden sollen, handelt es sich um das Projekt eines Nachrichtenkanals im All-News-Format mit einem Minimum an Musik. Diesen Kanal gibt es schon seit Mai und zunächst konnte er nur über das Internet empfangen werden. Ähnlich aufgebaut ist das Programm mit klassischer Musik "Radio D-Dur", wo wiederum die vornehmlich klassische Musik nur von kurzen Ansagen der Moderatoren unterbrochen wird. Eine weitaus komplexere Station ist hingegen Leonardo mit dem Anspruch, populär-wissenschaftliche Sendungen auszustrahlen. Das letzte Spartenprogramm ist dann eine Jugendsendung, die sich von den gewöhnlichen kommerziellen Sendern durch den Akzent auf alternative Musik unterscheiden soll. Der Sendestart dieser Station ist irgendwann für Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres geplant, wobei der genaue Termin bislang nicht feststeht."