Die alte Pferdeeisenbahn neu erleben
An die ehemalige Pferdeeisenbahn zwischen Ceske Bud"jovice / Budweis und Linz, bzw. Gmunden erinnert seit kurzem eine Ausstellung im Südböhmischen Museum in Budweis. Sie öffnet zugleich eine neue Etappe in der Zusammenarbeit mit den österreichischen Partnern.
Die Ausstellung zeigt, in welchem Zustand sich die Überreste der Pferdebahn beiderseits der Grenze befinden und inwieweit sie heute genutzt werden. Die Pläne für die bestmögliche touristische Nutzung der erhaltenen Objekte stehen dabei im Vordergrund. Besonders in der Budweiser Innenstadt gibt es nämlich mehrere Bahnbauwerke, deren interessante Geschichte aber bleibt den Passanten meistens verborgen. Das erläutert die Vizedirektorin des Südböhmischen Museums, Marta Zavrelova:
"Unsere Ausstellungsführung beginnt beim einstigen Einkehrgasthaus zum Grünen Ast. Zu Zeiten der Pferdebahn befanden sich hier die Lagerräume, die Wohnungen für Kutscherführer, die Ställe und die Wagenschuppen. Heute gibt es hier ein Restaurant und Büros. Ähnlich das so genannte Niesselhaus, wo früher die Bahnkasse beherbergt war. Heute sind dort Geschäfte, eine Auktionshalle und Büros. Das ehemalige Salzmagazin ist in seiner ursprünglichen Gestalt nicht erhalten. Der Großteil des Gebäudes wurde Anfang des 20. Jahrhunderts abgebrochen und der Rest wird derzeit für studentische Kulturaktivitäten genutzt. Nur das ehemalige Wächterhäuschen erinnert an seinen früheren Zweck, denn schon seit mehreren Jahren ist dort eine kleine Dauerausstellung über die Pferdeeisenbahn untergebracht. Wir im Südböhmischen Museum planen, die Ausstellung zu erneuern und auch die Umgebung des Ortes ein wenig zu kultivieren."
Anlässlich der Ausstellung fand vor kurzem ein tschechisch-österreichisches Seminar statt. Fazit war, dass auch die Eigentümer der früheren Pferdebahnobjekte Interesse an ihrer Wiederbelebung haben. So scheint beispielsweise der Wiederaufbau der Umspannstation in Holkov nach den Originalplänen gut realisierbar zu sein. Auch die Erweiterung des jetzigen Museums im ehemaligen Bahnhof Bujanov ist beabsichtigt. In der Stadtverwaltung von Budweis gibt es sogar die Idee, einen kleinen Streckenabschnitt im Stadtkern zu erneuern."Unser Ziel ist es, mehrere Orte der ehemaligen Strecke zu beleben und dadurch gewisse Inseln der Geschichte zu bilden. Irgendwo entsteht eine stilechte Gaststätte, woanders die Replik eines Wächterhäuschens oder einfach eine Gedenktafel. Diese Orte sollten mit einem Rad- oder Wanderweg verbunden werden, damit die Touristen verschiedene Ausflüge unternehmen können. Das benötigt eine breite Zusammenarbeit von vielen Partnern beiderseits der Grenze. In kürzester Zeit möchten wir eine Arbeitsgruppe bilden, die sich der Erfüllung dieser Aufgabe widmen würde. Es geht jedoch um eine langfristige Arbeit, die nicht in zwei, drei Jahren beendet sein kann", so Marta Zavrelova.
Auf der österreichischen Seite hat man bei der Belebung der Pferdebahn einen kleinen Vorsprung. Das Museum mit dem Fahrbetrieb auf der einen halben Kilometer lang originalgetreu nachgebauten Strecke in Kerschbaum hat in diesem Jahr schon das zehnjährige Jubiläum gefeiert. Die Geschichte der Eisenbahn wird dort von Damen in Biedermeierkostümen erläutert, die Kondukteure tragen historische Uniformen und die Waggons Hannibal und Franz Joseph entsprechen genau dem originalen Vorbild. Schon lange gibt es auch Kontakte über die Grenze hinweg nach Tschechien erklärt der Vorsitzende des Vereins "Freunde der Pferdeeisenbahn" Karl Mayr:"Diese Kontakte zu unseren tschechischen Freunden bestehen schon seit 15 Jahren. Sie haben mit der Eröffnung des Museums in Bujanov begonnen. Dort findet jährlich auch das Kolatschenfest statt, wo wir uns entsprechend beteiligen. In den letzten Jahren hat die Zusammenarbeit mit der Stadt Budweis, mit dem Südböhmischen Museum und mit der Stiftung Hereditas zugenommen. 2004, anlässlich der EU-Erweiterung, haben wir in Budweis die Pferdebahn betrieben. In diesem Jahr, zu unserem zehnten Jubiläum, haben wir das Buch von Ivo Hajn über die Pferdeeisenbahn ins Deutsche übersetzt. Die jüngste gemeinsame Aktion ist diese Wanderausstellung, die von unseren Freunden im Südböhmischen Museum Budweis ausgezeichnet gestaltet wurde und die ab Frühling nächsten Jahres auf den wichtigsten Stationen der Pferdeeisenbahn in Österreich präsentiert werden soll."
Die 1832 in Betrieb genommene Pferdeeisenbahn war die älteste auf dem europäischen Festland. Die Städte Linz und Budweis wurden als die beiden Ausgangspunkte nicht zufällig ausgewählt. Schon in der Urzeit führte in dieser Richtung ein Handelsweg, der den Süden mit dem Norden Europas verbunden hat. Das Bestreben, den Gütertransport zu beschleunigen, führte mehrmals zu erfolglosen Versuchen, zwischen den beiden Städten einen Wasserkanal zu bauen. Doch erst die Pferdeeisenbahn gab den Anstoß zu einer mächtigen wirtschaftlichen Entwicklung. Es entstanden zahlreiche Industriewerke in Budweis und die Bevölkerungszahl stieg deutlich an. Die Pferde verkehrten bis etwa 1870 zwischen Budweis und Linz, dann wurden sie von Dampflokomotiven ersetzt. Fast alles, was beweglich war, ist dabei verloren gegangen, sagt Marta Zavrelova aus dem Südböhmischen Museum Budweis:"Wir haben in unserem Museum nur ein paar Gegenstände: eine Laterne, einen Fahrrichtungsanzeiger, ein Rohr. Zum Glück sind jedoch viele Aufzeichnungen erhalten, die die Herstellung von Kopien ermöglichen. Auf der Ausstellung ist beispielsweise ein Nachbau eines Salzwagens im Maßstab 1:1 zu sehen. Auch die Personenwagen, die in Kerschbaum die Touristen befördern, wurden nachgebaut. Im Gelände ist die Situation ein bisschen besser: Denn die heutige Eisenbahnstrecke folgt nicht überall der ehemaligen Trasse, und so lassen sich mehrere verlassene Brücken, Erdwälle und Einschnitte finden. Einige von ihnen sind schon renoviert, aber die Mehrheit ist nur für Fachleute zu finden. Alle diese Überreste sind seit 1971 denkmalgeschützt, aber die Restaurierungen haben erst in den letzten Jahren begonnen. Schade, dass die Unterstützung nicht früher kam!"Die jetzige Ausstellung stellt für das Südböhmische Museum den Anfang der engeren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit dar. Als nächstes Projekt wurde die archäologische Forschung auf der geplanten Autobahnstrecke Prag - Linz ausgewählt. Sowohl in Tschechien als auch in Österreich muss diese Arbeit dem Ausbau von Autobahn vorangehen und die Archäologen wollen ihre Aktionen koordinieren. Dazu werden ein tschechisch-österreichisches Fachseminar und später auch eine Ausstellung geplant. Die weiteren Aktionen werden sich beispielsweise der Pflanzenwelt, den Volksbräuchen, den Textilwerken und der Nationalitätenmischung beiderseits der Grenze widmen - das alles wird schon im nächsten Jahr begonnen.