„Die Auszeichnung ist für mich eine große Ehre“

Markéta Kachlíková

Markéta Kachlíková aus unserer Redaktion hat den Deutsch-Tschechischen Journalistenpreis erhalten. Sie wurde für ihr Radiofeature vom 25. Dezember vergangenen Jahres geehrt. Am Freitag hat sie den Preis in Brno / Brünn entgegengenommen.

Markéta, du hast am Freitagabend den Deutsch-Tschechischen Journalistenpreis erhalten. Was bedeutet Dir diese Auszeichnung?

Markéta Kachlíková  (Mitte mit dem Preis) | Foto:  Ivan Svoboda,  Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds

„Es ist eine große Freude und auch eine Ehre für mich, diese Auszeichnung bekommen zu haben. Mich freut besonders, dass die Jury diesen Beitrag ausgewählt hat, weil mir an ihm sehr gelegen ist. Ebenso ist es eine Freude, dass ich in der Kategorie der deutschsprachigen Medien ausgezeichnet wurde, denn ich bin Tschechin. Es ehrt mich, dass ich mich unter den deutschen Medien durchgesetzt habe.“

Wo fand die Übergabe statt, und wie verlief der Abend?

Markthalle in Brno | Foto: VitVit,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

„Die Preise wurden dieses Jahr in Brünn übergeben, und zwar in der dortigen Markthalle. Das Gebäude liegt im historischen Stadtzentrum, stammt aber aus den 1940er Jahren. Die Architektur ist funktionalistisch und eher roh. Dem hat aber gewissermaßen auch die Atmosphäre entsprochen – sie war nicht offiziös, sondern ziemlich entspannt. Ausgezeichnet wurden Finalisten in mehreren Kategorien, also Text, Audio und Multimedia. Dabei hielten anerkannte Journalisten oder weitere Persönlichkeiten jeweils eine Laudatio. Der Preis sieht wie ein Ziegelstein aus, ist aber aus Beton. Er ist ziemlich schwer.“

Du hast den Preis für ein Feature erhalten, das wir am ersten Weihnachtsfeiertag vergangenen Jahres bei uns gesendet haben. Es heißt „Sancta Familia: Ein Weihnachtsgeschenk nach 80 Jahren“. Nicht alle Hörerinnen und Hörer werden den Beitrag noch in Erinnerung haben oder jetzt am Samstag die Wiederholung gehört haben. Vielleicht kannst du noch einmal kurz erläutern, worüber das Feature ist?

„Sancta Familia“ | Quelle: Verlag Triáda

„Es geht um ein Buch, das von zwei Jungs geschrieben und illustriert wurde. Es handelte sich um Söhne aus einer Prager tschechisch-deutsch-jüdischen Familie. Sie haben – und das ist wichtig – im Herbst 1938 das Buch als Geschenk für ihre Eltern und Großmutter angefertigt. Darin beschrieben sind Szenen aus dem Familienleben. In Dialogen spielt sich zum Beispiel ein Mittagessen ab oder etwa ein Besuch in einem bekannten Prager Bistro. Dadurch bietet das Buch einen authentischen Einblick in den Alltag der Familie sowie in das Leben Prags in dieser Zeit, aber auch in die Träume der Familienmitglieder. Es ist die Zeit nach dem Münchner Abkommen, und die Familie ahnte bereits, dass die Lage in der Tschechoslowakei sehr schwierig zu werden drohte. Sie wollten deswegen ausreisen, was auch als Thema behandelt wird. Das Buch ist deswegen so stark und zugleich traurig, weil wir heute wissen, dass die Ausreise nicht rechtzeitig gelang. Es kam zur Zerschlagung der Tschechoslowakei und zur Besetzung durch die Nationalsozialisten. Und da die Familie jüdisch war, bedeutete dies den Tod.“

Wie bist du eigentlich auf das Thema gekommen?

David Vaughan | Foto: Marián Vojtek,  Tschechischer Rundfunk

„Das war schon etwas früher, nicht erst vor Weihnachten. Im Herbst vergangenen Jahres bereitete der in Prag lebende britische Journalist David Vaughan eine Ausstellung vor, in der es eben gerade um diese Familie Wels gehen sollte. Der Vater war ein bekannter Architekt und hat auch mehrere Gebäude in Prag, aber vor allem in Westböhmen entworfen. Interessant ist, wie David Vaughan auf die Geschichte der Familie gestoßen ist. Die Familienmitglieder wurden im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet, aber einem Sohn war es zuvor gelungen, aus der Tschechoslowakei zu fliehen. Nach dem Krieg kam er nach Prag zurück und holte hier eine Kiste mit wertvollen Familien-Dokumenten ab. Diese nahm er nach Großbritannien mit, versteckte sie aber. Und er sprach nie über seine Vergangenheit in der Tschechoslowakei, weil es so schmerzhaft für ihn war. Seine Kinder ahnten nichts davon. Erst kurz vor seinem Tod in den 1980er Jahren holte er die Kiste hervor, übergab sie seinen Kindern und erzählte ihnen, woher er eigentlich stammt. Die Kinder begannen dann, sich mit der Familiengeschichte zu beschäftigen, eigentlich haben sie diese wiederentdeckt. Und David Vaughan hat dies zum Thema seiner Ausstellung gemacht. Darüber haben wir bei Radio Prag International ebenfalls einen Beitrag gesendet. Zu Weihnachten wurde dieses Buch der Jungs dann als Faksimile herausgegeben. Und ich fand, dass dies ein schönes Thema für eine Weihnachtssendung sein könnte. So ist das also zustande gekommen.“

Englische Version des Podcasts No Night So Dark

Autor: Till Janzer
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