Die Kollektivierung der Landwirtschaft - eines der schwersten Verbrechen des kommunistischen Regimes

Die Gefühlsbeziehung zum Grund und Boden zu unterbrechen, die bäuerliche Tradition zu vernichten und die Landwirtschaft nach dem Muster der sowjetischen "Kolchosen" zu organisieren - das war eines der Ziele der kommunistischen Planer. Die Umsetzung der Pläne brachte Unglück nicht nur für Tausende betroffene Familien, sondern auch für Natur und Landschaft.

Die Kommunisten begannen mit der Zerstörung der traditionellen landwirtschaftlichen Strukturen gleich nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie setzten im Rahmen ihrer so genannten "Agrarreform" durch, alle Gehöfte mit der Fläche ab 50 Hektar zu verstaatlichen und den Ackerboden unter den Kleinbauern zu verteilen. Der kommunistische Führer Klement Gottwand versprach noch vor der Machtergreifung 1948, dass seine Partei für die private Landwirtschaft stehe und keine gezwungene Kollektivierung in Betracht komme. Nachdem die Kommunisten die Macht übernommen hatten, war aber plötzlich alles anders. Sie bedrängten die Bauern, alle ihre Grundstücke, Maschinen und Tiere in die neu gegründeten Genossenschaften zu überführen. Wer ablehnte, der musste dem Staat eine genau vorgeschriebene Menge an landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu sehr ungünstigen Preisen verkaufen. Auch die Familie von Bohumil Řehák aus Kolovraty unweit von Prag, war davon betroffen. Řehák erinnert sich:

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„Die Pflichtlieferungen wurden immer höher bis zu einer nicht mehr erfüllbaren Menge. Es war egal, ob die Ernte gut oder schlecht war, ob der Bauer das schaffen konnte oder nicht. Für jede Nichterfüllung oder nur Verspätung gab es grosse Geldstrafen. Der Name des Bauern wurde in der Zeitung veröffentlicht mit der Notiz, dass es sich um einen "Schädling" des Sozialismus handelte. Und nicht nur das: Wer schon einmal bestraft wurde, dem wurde im kommenden Jahr staatliche Zuschüsse verweigert. Das Ziel war klar: die privaten Bauern ins Elend zu stürzen und sie damit zu zwingen, auf die private Landwirtschaft zu verzichten. Meine Eltern hielten das bis 1952 durch. Sie lieferten Getreide, Eier, Obst und Gemüse, aber sie erhielten nach Abzug aller Strafen und Kürzungen nur Geld für Milch.“

Die gewaltige Kollektivierung erreichte mit der "Aktion Kulak" ihren Höhepunkt. Das Wort "Kulak" kommt aus dem Russischen und bezeichnet einen reichen Landwirt. Im Rahmen dieser Aktion wurden seit Oktober 1951 bis August 1953 mindestens 2000 Familien aus ihren Gehöften vertrieben. Die einzige Schuld dieser Leute war, dass sie sich gegen die Kollektivierung geäussert hatten und damit in den Augen der Kommunisten gefährlich waren. Die Bauern selbst wurden oft verhaftet und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Dieses Schicksal ereilte auch den Vater von Bohumil Řehák.

„Mein Vater bekam Anfang 1952 aufgrund der ausgeklügelten Anklage für Sabotagen und Bedrohung der amtlichen Organen drei Jahre Kerker. Er hat sie vor allem in Zwangsarbeitslagern verbracht. Grosse ´Verdienste´ erwarb sich im Zuge der Enteignungen der damalige Obmann des örtlichen Nationalausschusses František Křeček, der offen erklärte: ´Es ist notwendig, mit allen Mitteln die Gefühlsbeziehung der Bauern zum Grund zu vernichten. Nur dadurch können wir eine neue sozialistische Landwirtschaft aufbauen´. Soweit ich weiss, erklangen solche Worte auch beim Volksgericht in Říčany, wo mein Vater verurteilt wurde.“

Das aber war für die Familie Řehák, die zunächst noch auf ihrem Bauernhof in Kolovraty wohnen blieb, noch nicht das Ende der Schikanen. Ein Jahr später, am 12. Mai 1953, erhielt sie einen amtlichen Bescheid. Innerhalb von zwei Wochen musste sie ihren Hof verlassen und in eine Wohnung nahe Česká Lípa umziehen, etwa 130 km entfernt. Es wurde ihr auch verboten, sich in ihrem Heimatbezirk aufzuhalten. Die neu zugeteilte Wohnung bestand aus zwei Zimmern mit dem Ausmass von vier mal vier und sechs mal vier Quadratmetern. Der dreiköpfigen Familie wurde auch vorgeschrieben, was sie mitnehmen durfte: einen Küchentisch, drei Stühle, einen Hocker, ein älteres Sofa, einen Schrank, zwei Arbeits- und eine Festkleidung pro Person, zwei Bettdecken und drei Polster pro Person, alles ausführlich aufgelistet.

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Trotz allen Drucks war die Kollektivierung oft nicht erfolgreich. In den Genossenschaften sollte alles gemeinsam bewirtschaftet werden. Das sollte angeblich vorteilhaft sein. Zu Leitern der Genossenschaften wurden zwar aktive Funktionäre bestimmt, aber nur selten erfahrene Landwirte. Die Ergebnisse mancher Genossenschaften waren jämmerlich. Den Bauern, die ihre Tätigkeit der kollektiven Leitung anvertrauten, konnten trotz vorheriger Versprechungen keine Anteile ausbezahlt werden. Deshalb gab es auch Wellen von Austritten, worauf das Regime nur mit weiteren Repressionen antworten konnte. Dazu sagt František Čihák, ebenfalls Sohn eines so genannten ´Kulaks´:

„Zunächst wurde mein Schwiegervater verhaftet. Er hatte es gewagt, mit einem Brief an den Ministerpräsidenten gegen den gezwungenen Verkauf seiner landwirtschaftlichen Maschinen zu protestieren. Das war auch eine kommunistische Methode: wenn sie keine Maschinen in den Genossenschaften hatten, zwangen sie die Leute einfach, sie ihnen zu verkaufen - sehr billig, natürlich. Mein Schwiegervater und andere Leute, die Proteste organisiert hatten, bekamen je ein Jahr Kerker und hohe Geldstrafen. Während der Haft wurde die Familie meines Schwiegervaters umgesiedelt und der Bauernhof von der Genossenschaft bewirtschaftet. Er selbst wurde im Dorf für unerwünscht erklärt.“

Die Historiker, aber auch viele Zeitgenossen sind sich einig, dass vieles von den örtlichen kommunistischen Funktionären abhing. Die meisten von ihnen handelten ausgesprochen fanatisch und verursachten viel Leid unter den Dorfbewohnern. Es gab jedoch auch Ausnahmen, erinnert sich František Čihák:

„Zum Beispiel gab es in Nedvězí, einem typischen Bauerndorf, viele Landwirte mit einem Grundstück von mehr als 20 Hektar. Der dortige Vorsitzende der Agrargenossenschaft wurde einmal zum Kreisausschuss der kommunistischen Partei vorgeladen und da wurde ihm gesagt, dass er daran etwas ändern sollte. Man legte ihm die Liste von Bauern vor, die aus dem Dorf ausgesiedelt werden sollten. Aber er widersprach und sagte, die Bauern brächten Wohlstand ins Dorf und es käme nicht in Frage, sie durch einigen Vagabunden oder Zigeuner zu ersetzen. Er drohte auch mit Rücktritt, sollte der Kreisausschuss darauf bestehen. Und aus Nedvězí ist tatsächlich kein Landwirt vertrieben worden.“

Die Kollektivierung der Landwirtschaft bedeutete grossen Schaden auch für Natur und Umwelt. Die jahrhundertealten Flurgrenzen wurden aufgeackert, die Bäche wurden kanalisiert, Grundwasser und Erdboden mit Chemikalien verseucht. Die Folgen der jetzigen Überflutungen sind die Ergebnisse gefühlloser Landschaftspflege während der kommunistischen Zeit. Die Folgen der damaligen Agrarwirtschaft sind immer noch deutlich spürbar.