Senat setzt sich mit Kollektivierung und Zwangsumsiedlungen auseinander

Im Februar 1948 errichteten die Kommunisten in der Tschechoslowakei ihr Machtmonopol. Die Verstaatlichung der Industrie und des Handels wurde zügig vollendet und die Kollektivierung der Landwirtschaft seit 1949 vorangetrieben. Viele Bauernfamilien wurden in deren Verlauf von ihren Höfen vertrieben. Am Dienstag fand im tschechischen Senat eine öffentliche Anhörung statt, die sich mit der rechtlichen Beurteilung dieser Zwangsumsiedlungen beschäftigte.

Am 23. Februar 1949 verabschiedete die tschechoslowakische Nationalversammlung das Gesetz über die einheitlichen landwirtschaftlichen Genossenschaften. Dieses bildete die Grundlage für die Kollektivierung in der Landwirtschaft, die in mehreren Etappen verlief. Die erste und radikalste Phase endete im Jahr 1953. Eine zweite Phase folgte in den Jahren 1955 bis 1959. Der Historiker Michal Stehlik schätzt, dass von der Kollektivierung insgesamt fast 300.000 Menschen betroffen waren. Zu Beginn der Kollektivierung im Jahr 1949 führte die Kommunistische Partei noch Werbekampagnen für die Bildung von landwirtschaftlichen Genossenschaften durch, die als fortschrittliche Produktionsform angepriesen wurden. Einige Klein- und Mittelbauern, besonders in den Grenzgebieten, zeigten zunächst sogar Interesse an den Genossenschaften. Die Werbeaktionen wandelten sich aber in den fünfziger Jahren schnell zu einem Kampf gegen die so genannten Kulaken, wie der Historiker Karel Jech erklärt:

"Im Jahr 1950 setzten Hasskampagnen gegen die Bauern ein, die von den höchsten Stellen geführt wurden, und auch in der Presse wurde verstärkt die Begrenzung und Verdrängung der Dorfreichen gefordert, die auf dem Land als Reste der Ausbeuterklasse und als Haupthindernis auf dem Weg des Dorfes zum Sozialismus galten", so Jech.

Bauern mit größeren Höfen, die sich der Kollektivierung widersetzten, mussten hohe Abgaben leisten und wurden bei Nichterfüllung kriminalisiert. Viele mussten ihre Höfe verlassen:

"Wenn wir über die eigentlichen Vertreibungen sprechen, dann waren ungefähr 1700 Familien betroffen, aber wir müssen bedenken, dass in dieser Zahl nicht die Familien enthalten sind, die in den fünfziger Jahren aus dem Grenzgebiet und den Grenzzonen ins Binnenland umgesiedelt wurden",

erläutert Michal Stehlik. Die Kollektivierung und der Kampf gegen die so genannten Kulaken verlief regional unterschiedlich, folgte aber demselben Muster. Dazu noch einmal Michal Stehlik:

"Bei den Nationalausschüssen in den Bezirken wurden Kommissionen gebildet, die darüber entschieden, wer zu den so genannten Dorfreichen gehörte. Den Familien wurde dann bekannt gegeben, dass sie umgesiedelt werden und das möglichst ans andere Ende der Republik. So wurden beispielsweise Menschen aus Südböhmen nach Nordböhmen oder Nordmähren umgesiedelt. Sie hinterließen funktionierende Bauernhöfe, die dann im Zuge der Kollektivierung aufgelöst wurden."

Nach 1989 stand hauptsächlich die Restitution von enteignetem landwirtschaftlichem Besitz im Mittelpunkt einer Wiedergutmachung. Hauptziel der Anhörung im Senat war es nun, eine Diskussion darüber in Gang zu setzen, wie Verbrechen aus der Zeit der Kollektivierung untersucht und eventuell bestraft werden können.