Die Kunst der Wirtschaftsdiplomatie

Andrej Babiš in Singapur (Foto: ČTK / Radek Jozífek)
0:00
/
0:00

Der tschechische Premier ist derzeit unterwegs in Südostasien und Südasien. In seinem Schlepptau befindet sich eine Delegation tschechischer Unternehmer. Sie wollen neue Geschäfte aushandeln. Wie aber funktioniert diese sogenannte Wirtschaftsdiplomatie? Ein Blick hinter die Kulissen.

Andrej Babiš in Singapur  (Foto: ČTK / Radek Jozífek)
Am Montag landete Andrej Babiš (Partei Ano) in Singapur. Es ist das erste Ziel auf der einwöchigen Reise des tschechischen Regierungschefs. Die weiteren Stationen sind Thailand und Indien. Noch vor dem Abflug nach Südostasien erläuterte Babiš seine Mission:

„In jedem der Länder richten wir ein gemeinsames Unternehmerforum aus. Wir wollen Tschechien als Land der Zukunft innerhalb Europas bewerben. Wir knüpfen erste Kontakte. Wenn ich dann die Politiker der Staaten bei weiteren Konferenzen wiedertreffe, gibt es bereits Anknüpfungspunkte für ein Gespräch. Und wir können unsere Interessen weiter sichern.“

Deswegen traf sich der tschechische Premier in Singapur zum Beispiel auch mit Staatspräsidentin Halimah Yacob und Ministerpräsident Lee Hsien Loong. Der Wirtschaftstross besteht diesmal – neben Industrieministerin Marta Nováková (parteilos) – aus 42 Firmenmanagern. Darunter auch Petr Novosad. Er ist Eigner der Glashütte in Harrachov / Harrachsdorf:

Singapur  (Foto: Zairon,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)
„Wir wollen vor allem neue Partner finden, das heißt Abnehmer unserer Produkte. Wir stellen Luxus-Trinkgläser her.“

Novosad denkt dabei vor allem an Restaurants und Hotels sowie Zwischenhändler.

„Für uns ist wohl Singapur am interessantesten. Aber auch in Bangkok habe ich einen Kontakt. Dessen Zentrale ist zwar in Hongkong, aber in der thailändischen Hauptstadt betreibt er ein Tochterunternehmen“, so der Glashüttenbetreiber.

Regelmäßig fliegen Unternehmer zusammen mit Babiš oder auch mit Staatspräsident Miloš Zeman in ferne Länder. Denn die tschechische Wirtschaft ist ausgesprochen exportorientiert, das Wachstum hierzulande hängt stark von den Ausfuhren ab. 15 Delegationen wurden im vergangenen Jahr von der Handelskammer in Prag zusammengestellt, um weitere sechs kümmerte sich der Verband für Industrie und Handel. So auch bei Babišs vorangegangener Reise nach Marokko. In dem nordafrikanischen Land schlossen tschechische Firmen viele neue Verträge. Josef Hanák ist Chef des Industrieverbandes:

Jaroslav Hanák  (Foto: Tito Varhanov,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
„Die Verträge sind noch nicht definitiv unterschrieben worden. Ich selbst habe drei aussichtsreiche Verhandlungen begleitet. Dabei ging es nicht gerade um kleine Beträge.“

Über 80 Prozent des tschechischen Handels erfolgen mit den Staaten der EU. Doch viele Unternehmen möchten noch weitere Standbeine – entweder des Wachstums oder der Sicherheit wegen. Beim Industrieverband hat man dabei auch ein Auge auf die afrikanischen Staaten südlich der Sahara geworfen.

„Das ist zum Beispiel interessant für unsere Förderindustrie. In der ganzen Subsahara-Region ist Tschechien für seine große Maschinenbautradition bekannt. Außerdem: Wenn man sich die Frauen in den Ländern anschaut, dann sieht man, dass sie gerne Bijouterie tragen. Das ist für unsere Glas- und Keramikindustrie höchst interessant“, erläutert Hanák.

Doch per Fingerschnippen entstehen neue Kontakte nicht. Auch in der Geschäftswelt muss das Vertrauen langsam aufgebaut werden. František Kulovaný ist Generaldirektor von Baest Machines & Structures. Die Firma aus dem mittelböhmischen Benešov / Beneschau stellt unter anderem Silos und Container her.

František Kulovaný  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Es ist naiv zu glauben, dass man mit einem einzigen Kontakt die Türe in ein neues Territorium aufstoßen kann und interessante Geschäfte macht. Man muss hart dafür arbeiten. Auf der anderen Seite kann die Reise mit einer Wirtschaftsdelegation bestehende Kontakte in den Zielländern noch vertiefen. Es ist begrüßenswert, dass man sich mit Hilfe der Wirtschaftsdiplomatie einen gewissen Vorteil verschaffen kann“, so Kulovaný.

Deswegen sind die Unternehmer froh, dass sie zusammen mit Regierungsmitgliedern reisen können. So sieht das auch Jan Matyas Debären, Chef von NovaKo EU, einer Firma für Industriedienstleistungen:

„Die Unterstützung durch die Regierung ist in bestimmten Konstellationen unerlässlich. Das stärkt einem nicht nur den Rücken, sondern ermöglicht manchmal erst, dass man sich mit bestimmten Leuten an einen Tisch setzen kann. Wenn man hingegen auf eigene Faust fährt, kann es ziemlich kompliziert werden.“