„In die neue Welt!“ Ausstellung zu den Amerika-Reisen von Antonín Dvořák
In Vysoká u Příbrami, einem kleinen Dorf in der malerischen Waldlandschaft in Mittelböhmen, fand der Komponist Antonín Dvořák (1841–1904) für mehr als zwanzig Jahre sein zweites Zuhause. Radio Prag International hat das dortige Antonín-Dvořák-Museum besucht und mit seinem neuen Leiter gesprochen.
Die Antonín-Dvořák-Gedenkstätte ist seit 1963 in einem Neurenaissance-Schlösschen im englischen Park am Rande der Gemeinde Vysoká u Příbrami untergebracht. Die aktuelle ständige Ausstellung dort entstand in den 1990er Jahren. Sie erinnert an den ehemaligen Schlossbesitzer, Graf Václav Kaunitz, und seine Frau Josefína, eine bekannte Schauspielerin des Nationaltheaters in Prag. Vor allem aber beschäftigt sie sich mit dem berühmtesten Besucher des Hauses, mit dem Komponisten Antonín Dvořák. Vojtěch Poláček leitet das Museum:
„Dvořák ist 1877 das erste Mal nach Vysoká gekommen. Damals fand in der Kirche in Třebsko die Hochzeit von Graf Václav Robert Kaunitz und Josefína Čermáková, einer Schwester von Dvořáks Frau Anna statt. Graf Kaunitz ließ hier ein Jahr später dieses Schloss erbauen, und Dvořák besuchte regelmäßig seine Verwandten hier. Der Komponist bewohnte zunächst ein Haus in der Nähe des Schlosses. In den 1880er kaufte er einen Speicher mit Schafstall am Rande des Dorfes und ließ diesen zu einem Landhaus umbauen. Ab da hielt er sich etwa zwanzig Jahre lang immer von Frühling bis Herbst hier auf.“
Das Haus wurde später als Villa Rusalka benannt. Dort hat Dvořák komponiert, aber auch mit Begeisterung gegärtnert und Tauben gehalten. Er fühle sich dort glücklich, schrieb er in Briefen an seine Freunde.
„In die neue Welt!“
Seit Ende April lädt das Museum in Schloss Vysoká zum Besuch einer neuen Ausstellung ein, sie hat den Namen „In die neue Welt!“. In der Schau geht es um die Amerika-Reisen zweier Persönlichkeiten der tschechischen Kultur im 19. Jahrhundert – eben des Komponisten Dvořák und des Schriftstellers Josef Václav Sládek.
„Unser Anliegen war, die Reisen dieser beiden Künstler zu beschreiben und zu vergleichen. Es gibt nämlich deutliche Unterschiede: Sládek reiste als junger Mann dorthin, damals noch kaum bekannt und mittellos. Seine Reise war sehr abenteuerlich. In den USA nahm er mehrere Jobs an, meist als Arbeiter, und er schrieb Artikel für Periodika der dort lebenden Tschechen. Dvořák hingegen reiste als etablierter Künstler in die Vereinigten Staaten, um am Konservatorium in New York zu unterrichten. Über seinen Aufenthalt wurde in der Presse berichtet, er veranstaltete dort viele Konzerte und Vorträge. Dies stand in einem deutlichen Kontrast zu Sládek. Auf der anderen Seite verband beide unter anderem das Interesse für das Leben der Indianer. Sládek übersetzte zum Beispiel das Epos ‚Das Lied von Hiawatha‘ von Henry Longfellow. Dvořák plante, eine Oper auf Motive indianischer Mythen zu komponieren, was leider aber nicht geschah.“
Der Schriftsteller Josef Václav Sládek (1845–1912), ein enger Schulfreund von Graf Kaunitz, war ein häufiger Gast in Vysoká, deswegen wird in der Ausstellung nun auch an ihn erinnert. Dvořák und Sládek trafen in Vysoká wiederholt zusammen. Eines der überhaupt bekanntesten Fotos des Komponisten und seiner Familie auf der Treppe des Schlosses wurde eben von Sládek geschossen, denn dieser war ein begeisterter Fotograf. Der Schriftsteller besuchte bereits 1868 die USA und blieb dort für zwei Jahre. Der Aufenthalt beeinflusste sein literarisches Schaffen wesentlich.
Schiffskoffer mit Initialen AD
Dvořák fuhr 1892 über den Ozean. In der Ausstellung erinnern unter anderem sein Reisepass und das Schiffticket an die Fahrt, beides wurde vom Museum für tschechische Musik ausgeliehen. Vojtěch Poláček nennt aber noch weitere Ausstellungsstücke, die die Amerika-Reisen dokumentieren:
„Ich möchte vor allem eine Sache nennen, die aus unserem eigenen Bestand kommt. Es ist ein Brief, den Dvořák dem Verwalter seines Hauses in Vysoká, Jan Hodík, schickte. Darin beschreibt er das Leben in Amerika, interessiert sich aber auch für das Geschehen zu Hause. Er fragt Hodík, wie der Obstgarten gedeihe und wie es seinen Tauben gehe, aber auch wie seine Nachbarn in Vysoká derzeit so leben würden.“
Des Weiteren weist der Museumsleiter auf zwei große Kisten hin:
„Wir zeigen auch Dvořáks Schiffskoffer, die noch nie ausgestellt wurden. Sie standen mehrere Jahrzehnte oder sogar mehr als einhundert Jahre lang auf dem Dachboden der Villa Rusalka. Mit diesen Koffern reiste Dvořák vielleicht auch in die USA, man sieht auf ihnen seine Initialen AD.“
Das Modell eines Dampfschiffes aus dem Nationalen Technikmuseum bildet eine weitere Dominante der Ausstellung. Dvořáks Sommeraufenthalt in der tschechischen Gemeinde Spillville im US-Staat Iowa ist ebenfalls Thema. Daran erinnert ein Stein aus dem dortigen Fluss, der speziell für die Ausstellung von dort zugeschickt wurde. Eine Karte dokumentiert wiederum Sládeks Reisen durch die USA. Und aus dem Literatur-Archiv wurden weitere Stücke und Fotos aus dem Nachlass des Schriftstellers ausgeliehen.
Die Ausstellung „In die neue Welt!“ dauert bis Oktober dieses Jahres. In Zukunft will das neue Team des Museums auch die ständige Ausstellung neu konzipieren. Vojtěch Poláček:
„Es sollen interaktive und spielerische Elemente hinzukommen, um auch für Familien mit Kindern attraktiv zu sein. Die bestehende Ausstellung ist ziemlich zerstückelt und baut eher auf Atmosphäre und Eindrücke. Ich finde, wir sollten die Informationen übersichtlicher gestalten und besser strukturieren. Zudem soll die Musik mehr Gewicht erhalten. Das heißt, es wird mehr gespielt, aber die Besucher können dann auch selbst ausprobieren, Musik zu komponieren.“
Durch die Umgebung mit Wander-App
Zum Museum gehört nicht nur das Schloss an sich. Ebenso lädt ein weitläufiger englischer Park mit etwa 1500 Bäumen und einer alten Eichenallee zu Spaziergängen ein. Dort gibt es zudem zwei malerische Teiche, einen mit einer Insel und einer Birkenlaube, den anderen mit einer Statue der Nixe Rusalka. Unmittelbar neben dem Schloss steht ein Denkmal für Antonín Dvořák, der Bildhauer Karel Otáhal hat es geschaffen. Und am Haupttor des Parks befindet sich das Gebäude „Sládkovna“ – ein ehemaliges Forsthaus, in dem Dichter Sládek wohnte. Heute sind dort ein Café sowie ein kleiner Ausstellungssaal angesiedelt. Poláček dazu:
„Die Ausstellung ‚In die neue Welt!‘ ist nicht die einzige Neuigkeit dieser Saison. Wir planen zudem eine Handy-App. Die Besucher können mit dieser durch die Umgebung des Schlosses streifen und Orte entdecken, die mit Antonín Dvořák und seinen Aufenthalten verbunden sind. Dvořák machte hier gerne Spaziergänge und ließ sich für seine Musik inspirieren. Er wirtschaftete in seinem Haus, ging in die Kirche und spielte dort Orgel, traf sich mit Nachbarn im Dorf und besuchte sie zum Mittagessen. Wir möchten mit dieser App das Dorf und seine Umgebung in Bezug auf Dvořák vorstellen. Sie wird zu Ende des Sommers zur Nutzung bereit sein.“
Bisher fanden immer einige Programmpunkte des Festivals "Dvořáks Příbram" in Vysoká statt sowie ein paar weitere Veranstaltungen im Sommer und im Herbst. Der neue Leiter will den Besuchern aber nun das ganze Jahr über im Schloss Unterhaltung bieten:
„Wir haben daher einen Winterzyklus gestartet, mit dem wir das Museum auch für andere Genres als klassische Musik geöffnet haben. Swing, Gospel und Chansons wurden hier gespielt, und das hiesige Publikum hat dies begrüßt. Wir planen ein reiches Programmangebot im Rahmen des Mittelböhmischen Sommers. Unter anderem wird hier die Oper ‚Rusalka‘ gespielt, und zwar mindestens an zwei Orten im Park. Das ist technisch sehr aufwendig, und ich hoffe, dass alles klappt. An der Aufführung werden sich Vereine und Musikschulen aus der Umgebung beteiligen, denn wir wollen die Menschen aus der hiesigen Region aktiv und kreativ miteinbeziehen. Zudem stehen weitere Konzerte und Theatervorstellungen hier auf dem Programm.“
Vysoká u Příbrami liegt etwa 60 Kilometer südwestlich von Prag. Von der Stadt Příbram erreicht man die Gemeinde auf der Landstraße Nr. 18 Richtung Rožmitál pod Třemšínem, in Bohutín muss man links abbiegen. Das Museum ist das ganze Jahr über täglich außer montags geöffnet. Die Besuchszeiten beginnen um 10 Uhr und enden je nach der Jahreszeit zwischen 15 und 17 Uhr. Nähere Informationen finden Sie unter www.antonindvorak.cz.