Die politischen Parteien und die EU - Teil 4: Die Demokratische Bürgerpartei (ODS)

Seit Wochenbeginn gibt es bei Radio Prag eine Miniserie, in der wir uns mit der Haltung der einzelnen politischen Parteien zur EU beschäftigen. Nun, im vierten und vorletzten Teil, kommen wir zur zweitgrößten Partei des Landes, der Demokratischen Bürgerpartei ODS. Gemeinsam mit den Kommunisten bildet sie ja im tschechischen Abgeordnetenhaus die Opposition. Und dort haben, im Gegensatz zur integrationsfreudigen Europapolitik der Regierung, die Euro-Skeptiker das Wort. Mehr von Gerald Schubert:

Logo der ODS
Freier Verkehr von Kapital, Waren und Dienstleistungen: So lauten bekanntlich drei der vier Grundfreiheiten, die die Europäische Union auf ihrem Gebiet garantieren möchte. Und auch Punkt vier, nämlich der freie Personenverkehr, hat - etwa was die Flexibilität der Arbeitsmärkte betrifft - ihre sehr konkreten ökonomischen Aspekte. Wirtschaftsliberale Parteien in ganz Europa haben also in der Regel gute Gründe dafür, die Prinzipien der EU zunächst einmal hochzuhalten. Und sich erst dann, in einem zweiten Schritt, von ihren meist ebenso pro-europäisch gestimmten sozialdemokratischen Konkurrenten auf die eine oder andere Art abzugrenzen.

Nicht so die Demokratische Bürgerpartei ODS in Tschechien. Hier überwiegen jene Argumente, die man getrost als EU-skeptisch bezeichnen kann, eine Mitgliedschaft in der Union wird bestenfalls als Vernunftehe bezeichnet. Und das, obwohl die Stammwählerschaft der Partei allen Umfragen zufolge den tschechischen Beitritt überdurchschnittlich positiv bewertet. Ein Grund dafür ist sicher der, dass gegenwärtig eine sozialliberale Regierungskoalition die Tschechen in die EU führt, und die oppositionelle ODS schon deshalb im Skeptizismus ein Betätigungsfeld gefunden hat. Gegner werfen der Partei daher eine gefährliche Abseitsstellung außerhalb des europäischen Mainstreams, Angstmache und mangelnde Konstruktivität vor. Die ODS selbst will derlei Kritik freilich nicht hinnehmen:

"Ich möchte mich wirklich gegen diese Etiketten pro-europäisch und euroskeptisch verwehren. Ich weiß gar nicht, was diese Begriffe beinhalten oder was sie überhaupt bedeuten sollen", meint Jan Zahradil, Schattenaußenminister der ODS und Spitzenkandidat der Partei für die Europawahl im Juni: "Ich glaube, Meinungsvielfalt ist eines der grundsätzlichen Attribute, das dem politischen Leben in allen europäischen Staaten zugrunde liegt. Und daher sind unterschiedliche Ansichten zum Modell der europäischen Integration etwas, was man schätzen sollte, anstatt es mit irgendwelchen Etiketten zu versehen."

Was das Modell der europäischen Integration betrifft, so gibt es in der ODS vor allem ein Credo: Möglichst wenig Souveränitätsverlust für die Nationalstaaten. Und dies ist auch das Credo von Präsident Vaclav Klaus, der die Partei gegründet und dreizehn Jahre lang angeführt hatte. Für die ODS scheint sich ihre Haltung bisher jedenfalls zu lohnen: In allen Meinungsumfragen zur bevorstehenden Europawahl liegt sie klar voran. Andererseits: Ein Wahlergebnis im Zusammenhang mit der EU gibt es bereits jetzt. Nämlich das des Referendums, in dem sich mehr als 77 Prozent für den Beitritt ausgesprochen haben.


Zu den anderen Teilen der Serie:
Die politischen Parteien und die EU - Teil 1: Die Freiheitsunion
Die politischen Parteien und die EU - Teil 2: Die Christdemokraten
Die politischen Parteien und die EU - Teil 3: Die Kommunisten
Die politischen Parteien und die EU - Teil 5: Die Sozialdemokraten