Diplomatische Verstimmungen wegen der Visumpflicht für Tschechen in Kanada
Tschechische Bürger müssen für Reisen nach Kanada erneut Visa beantragen. Diese Regelung gilt seit Dienstag. Ottawa reagiert damit auf den starken Anstieg von Asylgesuchen tschechischer Roma in Kanada. Prag hatte bis zuletzt versucht, diesen Schritt abzuwenden. Über das kanadische Vorgehen herrscht nun große Verstimmung in der tschechischen Politik.
„So verfährt man nicht mit einem Land, mit dem man die Nato-Mitgliedschaft teilt, mit dessen Soldaten man Seite an Seite in Afghanistan kämpft. Erst im letzten Moment einen Verbündeten in der Allianz darüber zu informieren, dass für seine Bürger Visa eingeführt werden, halte ich für eine beispiellose Angelegenheit“, so Kohout.
Harte Worte ohne diplomatische Zurückhaltung an die Adresse von Ottawa. Und die Reaktion folgte prompt: Am Dienstagvormittag beschloss die tschechische Regierung ihrerseits Visa für kanadische Diplomaten einzuführen. Mehr ist angesichts der gemeinsamen europäischen Außenpolitik auf die Schnelle nicht möglich. Aber Außenminister Kohout soll sich laut Premier Jan Fischer an die Europäische Kommission wenden.„Bis in drei Monaten sollte die Europäische Kommission weitere Schritte gegen Kanada vorschlagen“, so Fischer.
Die erneute Visumpflicht bedeutet für tschechische Reisende ein handfestes Problem. Nur 48 Stunden lang können sie nun übergangsweise bei der Ankunft in Kanada den Visumantrag stellen. Danach müssen sie bereits mit einem Visum im Gepäck anreisen. Und das lässt sich derzeit noch nicht in Prag beantragen, sondern nur in Wien.
„Falls die Leute, die am Freitag oder am Wochenende abfliegen, dies nicht rechtzeitig schaffen, haben sie rechtlich gesehen keinerlei Anspruch auf eine Rückerstattung des Flugtickets oder bereits bezahlter Reisen. Das ist wirklich ein riesiges Problem“, so Tomio Okamura, Sprecher und Vizepräsident des Verbandes tschechischer Reiseagenturen.
Dabei ist gerade jetzt die Hauptreisezeit angebrochen. Im Sommer würden jeden Monat rund 4000 tschechische Touristen Kanada besuchen, erläutert Okamura.
Dass Kanada nach 2007 erneut Visa einführt, hat zum einen mit der steigenden Zahl rassistischer Angriffe auf Roma in Tschechien zu tun, zum anderen aber auch mit der freizügigen Asylpolitik in Kanada. 1720 tschechische Roma haben unter Hinweis auf die Diskriminierung in ihrer Heimat seit Jahresbeginn in Kanada Asyl beantragt, im gesamten vergangenen Jahr waren es nur etwa 850. In Ottawa plant man laut tschechischen Informationen aber, Zukunft das Asylrecht zu verschärfen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll bereits im Herbst ins Parlament gelangen.