Presseeinblicke – und: Interview mit dem Chef des Rundfunkrates
Im Medienspiegel präsentieren wir Ihnen heute wieder die Schwerpunktthemen der tschechischen Tageszeitungen in dieser Woche. Außerdem hören Sie ein Interview mit dem Vorsitzenden des tschechischen Rundfunksrates, Jiří Florián, über die Aufgaben dieses Gremiums.
Ziemlich bunt waren die Medienthemen in dieser Woche, was wohl daran liegt, dass die Ferienzeit gerade erst zu Ende geht. So brachte am Montag die Tageszeitung „Právo“ auf ihrer Seite mit innenpolitischen Nachrichten eine eigen recherchierte Geschichte mit dem Titel: Die Tschechen werden reicher und wollen nicht mehr auf die Campingplätze. Hintergrund ist, dass die Zahl der Tschechen auf tschechischen Campingplätzen stärker sinkt als die Zahl der ausländischen Gäste. Insgesamt gehört das in den Bereich der Probleme, die der tschechische Fremdenverkehr derzeit hat – nämlich zurückgehende Umsätze. Právo zitiert hierzu den Sprecher der Vereinigung tschechischer Reisebüros und Reiseagenturen, Tomio Okamura. Demnach helfe nur eine Radikalkur für die Campingplätze mit besserem Serviceangebot.
Die Zeitung „Mladá Fronta Dnes“ hat sich am Dienstag auf die tschechischen Pläne zur Ausrichtung Olympischer Sommerspiele gestürzt. Peking hat die Chancen für Olympia in Tschechien gemindert - so sehen es die Autoren des Beitrags. Prag, das sich um die Spiele im Jahr 2020 oder 2024 bewirbt, werde niemals die Messlatte erreichen, die in China gesetzt worden seien. In der tschechischen Hauptstadt werde nur mit etwa einem Siebtel der Kosten wie in Peking geplant. Die Frage sei nun, wie das Internationale Olympische Komitee den Gigantismus der gerade zu Ende gegangenen Spiele bewerte. Doch die „Mladá Fronta Dnes“ sieht noch ein anderes Hindernis für Prag: „Problem ist, dass die Olympia-Pläne weder bei den Bürgern, noch bei den Politikern in Tschechien Unterstützung finden. Nicht einmal Premierminister Mirek Topolánek stimmt mit ihnen voll überein.“
Um den zweiten Exodus tschechischer Roma nach Kanada sorgt sich die Zeitung „Lidové Noviny“ in ihrer Titelstory vom Donnerstag. Der amerikanische Traum tschechischer Roma heißt die Überschrift – und weiter: „Nach Kanada wandert eher die Elite der Roma-Minderheit aus anstatt jener Roma, die sozial besonders schwach sind. Sie wollen dort ein neues Leben beginnen.“ Das Problem habe nun die tschechische Regierung auf den Plan gebracht. 500 Antragsteller auf Asyl aus Tschechien ist die Quote, die es geben darf, ohne dass Ottawa erneut die Visumspflicht für tschechische Bürger einführt. Die Quote ist bereits jetzt im August fast ausgeschöpft worden. Die tschechische Regierung wolle nun mit Kanada intensiv kommunizieren und erläutern, dass Tschechien ein Land sei, das die Menschenrechte achte.Soweit die Presseeinblicke für diesmal. Im zweiten Teil unserer Sendung hören sie ein Interview mit Jiří Florián, dem Vorsitzenden des tschechischen Rundfunksrates. Wir haben das Interview von den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks übernommen und für die deutsche Redaktion bearbeitet.
Der Tschechische Rundfunk ist eine öffentlich-rechtliche Institution. Der Rundfunkrat soll das Recht der Öffentlichkeit auf die Kontrolle der Produktion der Radio-Sendungen und ihrer Verbreitung wahrnehmen, das ist per Gesetz so vorgeschrieben. Herr Florián, die gesetzliche Regelung ist eine Sache, wie aber funktioniert das in der Praxis?
„In der Praxis funktioniert es im Einklang mit dem Gesetz. Jetzt habe ich Ihnen eine diplomatische Antwort gegeben, die natürlich mit einem Lächeln quittiert werden kann. Der Rundfunkrat muss sich also zweifelsohne an das Gesetz halten. Er ist mit dem Recht ausgestattet, den Generaldirektor des Tschechischen Rundfunks zu wählen oder abzuberufen, greift aber nicht in die Leitungsprozesse ein. Diese Aufgabe kommt dem Management der Radioanstalt zu. Der Rundfunkrat greift ebenfalls nicht in die Programme ein, genauer gesagt, er darf nicht in die Programme eingreifen, befasst sich aber mit Programmkonzepten. In seiner Kompetenz ist zum Beispiel auch die Kontrolle des Wirtschaftens der Anstalt im Sinne des entsprechenden Gesetzes. Der Rat erstellt zwei Mal pro Jahr einen Bericht. Bis zum 31. März muss der Jahresbericht über die Tätigkeit des Tschechischen Rundfunks im vergangenen Jahr dem Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses übergeben werden. Zurzeit arbeiten wir am Hauptbericht über das Wirtschaftsjahr 2007 im Tschechischen Rundfunk, der spätestens am 31. August im Parlament sein muss.“
Wenn ich das zusammenfassen darf: Sie kontrollieren nicht den Inhalt der einzelnen Sendungen des Tschechischen Rundfunks?
„Der Rundfunkrat befasst sich mit der Bewertung der ausgestrahlten Programme des Tschechischen Rundfunks aus der Sicht der Einhaltung des Rundfunk-Kodexes. Unser Rat ist auch berechtigt, die Ausgewogenheit der Programme zu beurteilen. Dafür haben wir kompetente Persönlichkeiten engagiert, die dem Rat jeden Monat ihre Berichte vorlegen. Diese werden von den Ratsmitgliedern besprochen und die daraus erfolgten Beschlüsse werden anschließend auf den öffentlichen Ratssitzungen publik gemacht.“
Sie sagen, dass Sie sich mit den Anregungen und Beschwerden der Hörer beschäftigen. Können Sie das etwas ausführen. Kann zum Beispiel ein Bürger einfach dem Rundfunkrat schreiben und sie beschäftigen sich dann mit dessen Anmerkungen?
„Genau, so ist es. Wir gehen davon aus, dass jeder Hörer zugleich auch Konzessionär ist und als solcher auch die Konzessionsgebühr zahlt. Und wer zahlt, das hat auch das Recht, Wünsche zu haben und Kritik zu üben. Wir befassen uns mit den Beschwerden der Hörer. Dafür ist der Vize-Vorsitzwende des Rundfunksrats zuständig. Es ist eine höchst anspruchsvolle Agenda. Wenn es sich um kompliziertere Beschwerden handelt, ersuchen wir das Rundfunkmanagement eine Stellungnahme. Die Beschwerden sind auch regelmäßig einer der Programmpunkte, mit denen wir uns auf unseren öffentlichen Sitzungen befassen. Auf der Webseite des Tschechischen Rundfunks wird dann das Ton-Protokoll der jeweiligen Verhandlungen veröffentlicht. Dort kann ein Hörer oder eine Hörerin, der sich über etwas beschwert hat, erfahren, zu welchem Schluss der Rundfunkrat gekommen ist.“
Welche Meinung haben Sie in der Diskussion, ob sich nicht der öffentlich-rechtliche Tschechische Rundfunk und das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen eine gemeinsame Struktur erhalten?
„Zu dieser Frage habe ich bereits mehrmals Stellung genommen. In diesem Zusammenhang bin ich skeptisch. Und warum? Weil die Entwicklung des Rundfunks und des Fernsehen von Anfang an auf zwei Schienen lief. Die Rundfunkgesellschaften, sei es der ORF in Österreich, BBC in Großbritannien und andere, riefen ihre eigenen Fernsehprogramme zum selben Zeitpunkt ins Leben, als das Fernsehen als solches noch in der Wiege war. Wenn sich dort dann später selbständige Fernsehsender etabliert haben und mit den Rundfunkstationen unter einem Dach weiter existieren, das ist das Ergebnis der historischen Entwicklung. Hierzulande war die Entwicklung allerdings vollkommen anders. Das tschechische Fernsehen entwickelte sich als selbständiges Subjekt und jetzt, nach 50 Jahren seiner Existenz, eine Art ´Vernunftehe´ mit dem Rundfunk anzustreben, wäre meiner Meinung nach sinnlos. Ihre Befürworter sprechen zwar darüber, was billiger werden könnte, in etwa durch gemeinsame Buchhaltung oder gemeinsame Berichterstatter und ähnliches, die Experten werden mir aber bestimmt Recht geben, dass es nicht so wäre. Ich könnte viele Argumente aufbringen, es würde aber schon den Rahmen dieses Gesprächs sprengen.“Wie sehen Sie das: Erfüllt der Tschechische Rundfunk seine Aufgabe als öffentlich-rechtliches Medium?
„Ich denke schon. Es wäre sehr traurig, wenn wir in diesem Sinne etwas in Zweifel ziehen würden. Fest steht, dass jedes menschliche Schaffen verbessert werden kann. Dessen sind sich ganz bestimmt alle Mitarbeiter unseres Senders bewusst, beim Rundfunkmanagement angefangen bis hin zu denjenigen, die sich auf den untersten Positionen an der Programmausstrahlung beteiligen. Dessen bewusst ist sich natürlich auch der Rundfunkrat. Ich persönlich schätze die Arbeit dieses öffentlich-rechtlichen Senders sehr hoch. Gott sei dank, dass es ihn gibt.“