Dissidenten, Agenten und die Osterweiterung in den Köpfen: 50 Jahre ARD-Studio Prag
Das Prager ARD-Studio feierte am Mittwoch seinen 50. Geburtstag. Zu der Festveranstaltung, die in einem Gasthaus auf der Kleinseite begann und mit einem Empfang in der deutschen Botschaft endete, kamen führende Repräsentanten von Deutschlandradio und MDR sowie ehemalige Prager TV- und Radiokorrespondenten. Tschechien war unter anderem durch Ex- Außenminister Karel Schwarzenberg und den ehemaligen Regierungschef Petr Pithart vertreten.
„Da saßen wir hinter zugezogenen Vorhängen in der Wohnküche, und Havels Frau Olga hat auf dem Herd etwas gebrutzelt. Jiří Dienstbier war da, mit Vollbart und Mütze, und andere aus der Charta 77. Die haben mir dann erzählt, was sie vorhaben, und auch, was hier in der Politik vor sich geht. Sie hatten unheimlich gute Kenntnisse, weil sie auch von vielen Leuten aus der Regierung unterm Tisch Informationen bekommen haben.“
Wenn sich ein Reporter zur Zeit des kommunistischen Regimes mit Dissidenten traf, dann war auch die tschechoslowakische Staatssicherheit nicht weit. Das ARD-Büro war komplett verwanzt, Möllers Wohnung ebenso.„Der Verkehr in Prag war damals nicht so stark. Nach einer Weile konnte man es sehen, wenn immer dieselben Autos hinter einem waren. Auch rings ums Büro standen sie. Ich habe überhaupt nichts gemacht, aber ich wurde beschattet.“
Die Besetzung der westdeutschen Botschaft in Prag durch tausende Flüchtlinge aus der DDR, die im September 1989 in die Bunderepublik emigrieren wollten, gilt heute als einer der ersten Risse im Eisernen Vorhang. Botschaftsflüchtlinge aber gab es vereinzelt bereits viel früher, erinnert sich Dieter Möller:
„Ich weiß nicht mehr genau, ob es 1983 oder 1984 war. Da ist an einem Faschingssamstag ein großer Volvo Kombi durch das Tor der deutschen Botschaft im Palais Lobkowitz gefahren, vollgepackt bis unters Dach und mit einer Familie drin. Es war die Familie der Nichte des ehemaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden Willi Stoph.“
Von da an fanden immer wieder Menschen über die Prager Botschaft den Weg in den Westen, erzählt Möller.
Im November 1989, während der Samtenen Revolution, die in der Tschechoslowakei das kommunistische Regime zu Fall brachte, kam Dieter Möller noch einmal als Berichterstatter zurück nach Prag:„Ich wollte mit meinem Team von der einen Seite des Wenzelsplatzes durch die 100.000 Menschen auf die andere Seite kommen, weil dort auf einem Balkon Václav Havel sprach. Unsere Dolmetscherin hat gesagt: ‚Macht doch mal Platz, das ist die ARD, westdeutsches Fernsehen!‘ Da sind die Leute zur Seite gewichen und haben uns applaudiert. Das war sehr berührend. Es hat gezeigt, dass die Menschen uns kannten und die Arbeit, die wir Jahrzehnte lang hier gemacht haben, zu schätzen wussten.“