Dominanz der Damen hält an: Martina Sáblíková ist Tschechiens "Sportler des Jahres"
Das Sportjahr 2009 geht zu Ende. Ein Jahr, in dem auch tschechische Athleten und Athletinnen einige Ausrufezeichen setzten. Aber einzig Eisschnellläuferin Martina Sáblíková hat es in diesem Jahr bis nach ganz oben zum Weltmeistertitel geschafft. Deshalb wurde sie auch zu Recht zum tschechischen „Sportler des Jahres“ gewählt.
Ja, es stimmt, im Gegensatz zur Sportlerwahl in Deutschland wird bei der Einzelwahl in Tschechien nicht nach Geschlechtern unterschieden. Ein besonderer Erfolg also für die 22-jährige Kufenflitzerin aus Nové Město na Moravě in Mähren. Und ein ziemlich aufregender dazu, denn bei der Preisverleihung im Prager Hilton-Hotel nahm sie die Sportlerkrone erstmals auch persönlich entgegen:
„Für mich war das eine große Premiere und ich muss sagen, so nervös war ich lange nicht. Ich muss zugeben, dass ich mich bei der Preisübergabe kaum auf dem Podium halten konnte, so haben mir die Knie gezittert.“
Nach ihrem ersten Umfrage-Triumph konnte Martina Sáblíková die Siegestrophäe bei der Sportlergala nicht eigenhändig im Empfang nehmen, da sie zur gleichen Zeit bei einem wichtigen Wettkampf im Ausland weilte. Auch im vorigen Jahr, als sie Zweite wurde, war das der Fall. Deshalb haben viele ihrer Bewunderer die kleine drahtige Eisschnellläuferin erstmals auch in einem schicken Abendkleid erleben können. „Alle werfen mir ständig vor, dass ich in meinem Sportanzug aussehe wie ein Junge, also wollte ich endlich zeigen, dass ich mich auch fraulich kleiden kann“, entgegnete Sáblíková den Nörglern mit einem Lächeln im Gesicht. Doch die zierliche, nur 53 kg schwere Athletin hat in der Tat gut lachen. Auch in dieser noch jungen Saison hat sie wieder sehr gute Ergebnisse vorzuweisen. Im Weltcup führt sie derzeit die Konkurrenz auf der Langstrecke an. Und auf den langen Kanten, den Wettbewerben über 3000 und 5000 Meter, rechnet sich Martina Sáblíková auch sehr gute Medaillenchancen für den Höhepunkt der Saison, die Olympischen Winterspiele in Vancouver aus. Ihr ehrgeiziger Trainer Petr Novák ist sogar überzeugt davon, dass sein Schützling in Kanada seinen schon drei Jahre anhaltenden Siegeszug fortsetzen kann:
„Wir wollen für die Tschechische Republik zumindest eine Medaille holen. Ich wäre natürlich froh, wenn es eine goldene wäre, und wenn möglich noch eine andere dazu. Aber auch mit einer bronzenen wäre ich zufrieden, denn wenn wir ohne Medaille heimkehren würden, dann wäre das eine Riesenenttäuschung.“
Von großen internationalen Erfolgen ist der tschechische Sport gegenwärtig allerdings so weit entfernt wie die Hauptstadt Prag vom Olympiaort Vancouver. Besonders in den Teamsportarten sind tschechische Spitzenleistungen nur noch dünn gesät, denn im harten Konkurrenzkampf der großen Sportnationen fehlt dem hiesigen Profisport eines immer mehr: das Geld. Daher haben sich erst kürzlich Spitzenfunktionäre der Sportverbände zusammengetan, um mit Politikern über die Förderung des Sports zu verhandeln. Die Sportfunktionäre, die vom Chef des Fußballverbandes, Ivan Hašek angeführt werden, wollen mehr Geld vom Staat sowie eine Änderung des Lotteriegesetzes erreichen. Letzteres deshalb, weil die Lotteriegesellschaft Sazka, aus deren Einnahmen der Sport bisher hauptsächlich finanziert wird, die Förderung willkürlich gesenkt hat. So hat Sazka den Sportverbänden in diesem Jahr statt der erwarteten 420 Millionen Kronen (ca. 16 Millionen Euro) nur 175 Millionen Kronen (ca. 6,8 Millionen Euro) gezahlt. Hintergrund für die Kürzung der Zuschüsse sind die Probleme, die Sazka mit der Refinanzierung der von ihr errichteten Prager O2-Arena hat. Dafür aber wollen die Sportverbände zu Recht nicht büßen, weshalb Ivo Kaderka, der Chef des Tschechischen Tennisverbandes, fordert:
„Ich unterstütze schon lange Zeit den Gedanken zur Gründung eines Regierungsausschusses für Sport, der der Regierung direkt unterstellt ist. Durch die Tätigkeit des Ausschusses sollte völlig eindeutig und transparent vermittelt werden, an wen und auf welche Weise Geld in den Sport gepumpt wird. Über dieses Thema haben wir mit Politikern schon mehrmals gesprochen, doch leider hat sich in dieser Sache noch nichts getan.“
Dabei lägen doch die Vorteile einer vernünftigen Sportförderung klar auf der Hand, meint zu demselben Thema Fußballverbandschef Ivan Hašek:„Es ist doch klar, dass all das Geld, das in den Sport und vor allem in die Stärkung der Physis von jungen Leuten gesteckt wird, sich auch für unseren Staat bezahlt macht. Wir werden eine gesündere Population haben und die Bevölkerung wird natürlich auch leistungsfähiger sein.“
Wir haben es bereits erwähnt: In den arbeits- und finanzintensiven Mannschaftssportarten geht der tschechische Sport immer schwereren Zeiten entgegen. Im landesweit beliebten Eishockey haben tschechische Cracks seit fast vier Jahren keinen internationalen Erfolg gehabt, im Weltsport Fußball werden die hiesigen Kicker im Leistungsvergleich ebenfalls seit drei, vier Jahren immer mehr nach unten durchgereicht. Die höchste Fußballklasse des Landes, die Gambrinus-Liga, bietet nur noch schmale Kost, und wenn es dennoch einen Spieler gibt, der sich in ihr besonders hervortut, dann wandert auch er recht bald ins Ausland ab. Das jüngste Beispiel für den Ausverkauf der Liga ist der groß gewachsene Innenverteidiger Roman Hubník, der zuletzt, wenn auch auf Leihbasis, für Sparta Prag spielte. Und zwar so gut, dass mehrere Clubs in halb Europa auf ihn aufmerksam wurden und ihm ein Angebot machten. Das offensichtlich beste kam von Hertha BSC Berlin, so dass Hubník schon mit Beginn der Rückrunde für den deutschen Bundesligisten auflaufen wird. Der 25-jährige tschechische Nationalspieler freut sich bereits auf seinen neuen Verein:
„Es war immer mein Traum, einmal in der Bundesliga zu spielen. Ich möchte ganz einfach die Atmosphäre der Liga und die voll besetzten Stadien mit eigener Haut erleben. Ich glaube auch daran, dass Berlin im Oberhaus bleibt und wir mit Hertha die Klasse halten werden.“
Eine sehr selbstbewusste und optimistische Haltung, die Hubník da an den Tag legt. Doch warum nicht, denn es hat sich ja schon oft gezeigt: im Sport ist (nahezu) alles möglich! Das glauben im Motorrennsport wohl nun auch Michael Schumacher und sein neuer Rennstall Mercedes. Gemeinsam wollen der Ex-Weltmeister und die deutsche Nobelmarke im nächsten Jahr wieder nach den Sternen, sprich: nach dem WM-Titel greifen. Das überraschende Comeback des siebenfachen Champions wird jedoch nicht überall mit Euphorie gesehen. In Tschechien sind Motorsportexperten eher skeptisch, wie der Chefredakteur der Zeitschrift „Formule“, Petr Dufek:
„Vor einem halben Jahr hat er noch gesagt, dass er physisch nicht fit genug sei, um in der Formel 1 bestehen zu können. Deshalb ist es schon eigenartig, wenn er jetzt behauptet, dass er sich dazu berufen fühle. Wenn wir in die Formel-1-Geschichte schauen, dann ist es nur einem Champion fürwahr gelungen, sich auf hohem Niveau wieder zurückzumelden: dem Österreicher Niki Lauda. Im Falle von Michael Schumacher rechne ich jedoch nicht damit, dass er noch einmal in den WM-Titelkampf wird eingreifen können.“
Ganz egal, wie das Schumacher-Comeback auch ausgeht, für Spannung und genügend Gesprächsstoff ist schon jetzt gesorgt. In diesem Sinne: Freuen auch Sie sich auf das bevorstehende Sportjahr 2010, das mit den Olympischen Winterspielen in Vancouver und der Fußball-WM in Südafrika gleich zwei ganz dicke Höhepunkte bereithält.