Dreifaltigkeitskirche: Von den Trinitariern zur griechisch katholischen

Dreifaltigkeitskirche in der Prager Neustadt (Foto: Kristýna Maková)

In Prag gibt es mehrere Barockkirchen, die von namhaften Architekten erbaut wurden. Am bekanntesten sind zweifelsohne die beiden Nikolauskirchen auf dem Altstädter und auf dem Kleinseitner Ring. Im Stadtführer sind jedoch nicht alle Barockdenkmäler zu finden. Zu den versteckten Bauten gehört die Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit in der Prager Neustadt. Die Kirche ist in der Regel nur während der Gottesdienste geöffnet. Im Rahmen der vor kurzem veranstalteten Nacht der Kirchen gab es die einzigartige Gelegenheit, sich die Dreifaltigkeitskirche anzuschauen. Diese Möglichkeit haben viele Prager genutzt.

Dreifaltigkeitskirche in der Prager Neustadt  (Foto: Kristýna Maková)
Die Barockkirche in der Spálená-Straße in der Nähe des Karlsplatzes steht an keinem ruhigen Ort: Das Rattern der Straßenbahnen, die hier bei Tag und Nacht an dem imposanten Sakralbau vorbeifahren sowie das Bremsen der Autos vor der Kreuzung gehören zur Alltagskulisse. Es reicht aber, die Kirche zu betreten, um den Straßenlärm im malerischen Barockinterieur zu vergessen. Es ist kein Zufall, dass die Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit geweiht ist. Denn sie wurde vor 300 Jahren für einen Kirchenorden erbaut, der die Dreifaltigkeit in seinem Namen hat. Der Trinitarier-Orden, auch Orden der heiligen Dreifaltigkeit genannt, ist heute hierzulande fast unbekannt. Entstanden ist er im 12. Jahrhundert in Frankreich. Die Hauptaufgabe der Trinitarier war es damals, christliche Gefangene oder Sklaven von den Sarazenen freizukaufen. Später konzentrierten sich die Ordensmitglieder auf Seelsorge und Krankenpflege. 1705 erhielten die Trinitarier von Kaiser Josef I. die Erlaubnis, einen eigenen Konvent in Prag zu errichten. Für die neu gegründete Klostergemeinschaft kauften sie damals vier Häuser in der Prager Neustadt. In einem davon errichteten sie eine Kapelle. Einige Jahre später ließen die Ordensmitglieder dank großzügigen Spendern die Dreifaltigkeitskirche bauen, erzählt Ján Kočerha. Er ist Kaplan der griechisch-katholischen Gemeinde, die diese Kirche seit einigen Jahren verwaltet.

Foto: Kristýna Maková
„Herr Johann Ignaz Putz von Adlersthurm mit seiner Frau Theresa finanzierten den Bau dieser Kirche sowie eines Klosters für die Trinitarier. Die Baumeister Christoph Dientzenhofer und Johann Georg Aichbauer fingen 1708 an, diese Barockkirche nach einem Entwurf von Ottavio Broggio zu bauen. Der Bau wurde 1712 beendet, im Juni 1713 wurde die Kirche von Bischof Daniel Josef Mayer geweiht. Bis 1716 dauerte der Bau der Konventgebäude, die neben der Kirche standen und Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen wurden. Als die Klostergemeinschaft 1783 aufgelöst wurde, wandelte man das Klosterareal in Kasernen um. Nach Protesten von Gläubigen wurde wenigstens die Kirche wieder zu religiösen Zwecken genutzt.“

Hauptaltar  (Foto: Kristýna Maková)
Über dem Haupteingang der Kirche erinnert eine Inschrift aus dem Jahr 1713 an jene Spender, die den Bau des Sakralbaus finanziert haben: Johann Ignaz Putz von Adlersthurm und seine Frau. Der dreischiffige Bau mit einer Kuppel über der Mitte der Kirche und einem Turm über dem Presbyterium ist mit vielen Deckenmalereien verziert. Die heilige Dreifaltigkeit ist nicht nur auf einem Gemälde auf dem Hauptaltar, sondern auch auf den sechs Nebenaltären abgebildet. Ján Kočerha:

„Die Allerheiligste Dreifaltigkeit wird am häufigsten so dargestellt wie auf dem Hauptaltarbild von Franz Anton Maulbertsch: also Gott der Vater, Christus mit dem Kreuz und die Taube, die den heiligen Geist symbolisiert. Es gibt aber auch andere Darstellungen: Beispielsweise wurde auf einem Gemälde Christus nicht mit dem Kreuz, sondern als Jesuskind gemalt, über ihm sind aber wieder der Gott und die Taube zu sehen. Auf dem Gemälde neben dem Eingang ist die Taufe Jesu im Jordan zu sehen, und erneut fehlen weder Gott noch der heilige Geist, symbolisch als Taube dargestellt. Wenn man sich alle diese Altargemälde anschaut, entdeckt man immer irgendwo die Dreifaltigkeit.“

Foto: Kristýna Maková
Die Deckenmalereien aus dem Jahr 1779 sind nach Motiven aus der Bibel, vor allem aus dem Alten Testament entstanden. Sie sind Werke des Malers Anton Schlachter.

An den Orden der heiligen Dreifaltigkeit – den Trinitarierorden - erinnern nicht nur die Altargemälde mit der heiligen Dreifaltigkeit. Kaplan Kočerha:

„Neben dem Ausgang sind die beiden Ordensgründer, Johannes von Matha und Felix von Valois abgebildet. Statuen dieser beiden ersten Trinitarier befinden sich auch auf der Karlsbrücke. Wenn Adelige der Ordensgemeinschaft beitraten, schenkten sie ihr ganzes Eigentum dem Orden. Für diese finanziellen Mittel wurden dann die Gefangenen oder Sklaven im Heiligen Land freigekauft.“

Ikonen mit der Mutter Gottes und mit Christus  (Foto: Kristýna Maková)
Da die Kirche heute von der griechisch-katholischen Gemeinde genutzt wird, befindet sich zwischen dem Altarraum und dem inneren Kirchenschiff eine Ikonostase.

„Es ist nur ein Teil der Ikonostase, es sind Ikonen mit der Mutter Gottes und mit Christus. Diese wurden in diesen Barockraum eingefügt. Die ganze Ikonostase würde hierher nicht rein passen. Vorne vor dem Altarraum wird unter dem Glas auf einem Tisch die so genannte ´Plaščenica´ aufbewahrt. In römisch-katholischen Kirchen gibt es am Karfreitag das so genannte Grab Gottes: eine Statue des toten Christus, die in ein stilisiertes Grab gelegt wird. In den griechisch-katholischen Kirchen haben wir keine dreidimensionale Darstellung des Grabs Christi, sondern entweder ein gesticktes oder gemaltes Bild auf einem Stück Stoff, also nur eine zweidimensionale Darstellung.“

Ján Kočerha  (Foto: Martina Schneibergová)
Im Laufe der Nacht der Kirchen zog die Dreifaltigkeitskirche sehr viele interessierte Besucherinnen und Besucher an, das Gebäude platzte aus allen Nähten. Im vergangenen Jahr waren es über 1000 Menschen, erzählt Kaplan Ján Kočerha:

„Mir gefällt daran, dass die Leute in die Kirche kommen, ohne Angst zu haben, dass sie jemand taufen wird. Unsere Großeltern haben die Kirche noch regelmäßig besucht. Durch das kommunistische Regime sowie die Konsumgesellschaft wurde diese geistliche Dimension des Lebens verdrängt. Jetzt kommen meiner Meinung nach viele Leute hierher, um sich dessen bewusst zu werden, dass der Mensch nicht nur einen Körper, sondern auch eine Seele hat. Sie stellen oft fest, dass die Kirchen, die hier Jahrhunderte lang stehen, nicht als Verzierung, sondern wegen des geistlichen Bedarfs erbaut worden sind.“

Foto: Kristýna Maková
Der Kaplan zeigt Interessierten einen Dokumentarfilm über die griechisch-katholische Kirche, die 1950 in der kommunistischen Tschechoslowakei verboten wurde. Erst 1968 wurden die Aktivitäten der griechisch-katholischen Kirche wieder erlaubt. Zu den Sonntagsmessen kommen dem Kaplan zufolge viele slowakische und ukrainische Studenten oder Menschen, die vorübergehend nach Tschechien gezogen sind, um hier zu arbeiten. Stolz ist die ständig wachsende Gemeinde auf ihren Männerchor, der oft auch außerhalb von Prag auftritt.


Dieser Beitrag wurde am 31. Mai 2013 gesendet. Heute konnten Sie seine Wiederholung hören.