E. E. Kisch: in Tschechien immer noch wenig bekannt

Egon Erwin Kisch

Der rasende Reporter, Prager Flaneur, immer mit einer Zigarette im Mundwinkel, ein ausgezeichneter Kinoerzählers – das sind nur einige Züge von Egon Erwin Kisch. Er selber sagte, er sei ein Deutscher, ein Tscheche, er komme aus gutem Haus, er sei noch Kommunist und auch Jude, ihm könne nichts passieren. Am vergangenen Montag wurde in Prag sein 60. Todestag begangen. In Prag bei einem Kisch-Symposium, das das Prager Literaturhaus veranstaltet hat.

Es war ein langer Zug, der da vor 60 Jahren hinter dem Sarg von Egon Erwin Kisch durch die Straßen Prags schritt. Viele Politiker, Kommunisten, aber nicht nur sie, auch viele Bürger und Bürgerinnen kamen, um Kisch zu ehren. Damals war der Name Kisch bekannt. Nach den politischen Prozessen in den 1950er Jahren, in denen seine alten kommunistischen Freunde hingerichtet wurden, geriet der rasende Reporter in der Tschechoslowakei langsam in Vergessenheit. Der neue Staat brauchte den Namen Kisch nicht mehr. Ein Teppich des Schweigens legte sich über Kisch bis zur Wende. Aber auch danach hörte man von ihm nicht viel, meint Kischs Kollegin und Erzählerin Lenka Reinerová.

„Warum sollten sie jemanden propagieren, der nicht zu ihnen gehört, der Deutsch schrieb. Das sind halt solche Ressentiments, die hier immer noch existieren – ich weiß, wovon ich rede. Es ist aber ein Unsinn. Franz Kafka schrieb doch auch auf Deutsch“, sagt Lenka Reinerová. Sie hat das Prager Literaturhaus gegründet, mit dem Ziel, die deutschsprachigen Autoren aus Böhmen, und vor allem aus Prag, hierzulande wieder bekannt zu machen. Selbstverständlich auch Egon Erwin Kisch.

„Er ist meiner Meinung nach in der Tschechischen Republik immer weniger bekannt. Im Gegensatz zu Deutschland, wo er auch durch den Journalistenpreis eher bekannt ist. Deshalb sehe ich diesen Anlass, sechzig Jahre nach seinem Tod als einen wichtigen Impuls für dieses Symposium“, so die Projektleiterin des Prager Literaturhauses, Lucie Černohousová.

Ein erster Schritt wurde gleich während des Symposiums gemacht – nach 26 Jahren erscheint wieder eine Sammlung von Kischs Erzählungen und Reportagen in tschechischer Sprache. Das Buch „Hřbitov bohatých psů“ – zu Deutsch „Friedhof der reichen Hunde“ – wurde bei der Eröffnung des Symposions vorgestellt.

Egon Erwin Kisch sei keine Antiquität, im Gegenteil, höchst aktuell, meint Lenka Reinerová.

„Ich glaube, auch die Journalisten könnten darüber, wie man ein Ereignis oder Erlebnis bearbeiten kann, viel von Kisch lernen.“