Eine Frage des Stils: Koalitionsstreit um Finanzminister Babiš

Andrej Babiš (Foto: ČTK)

Es kriselt in der tschechischen Regierungskoalition. Im Mittelpunkt steht wie so oft Finanzminister Andrej Babiš. Der sozialdemokratische Abgeordnete Ladislav Šincl hatte dem Vize-Premier und Firmenbesitzer in dieser Woche den Konflikt zwischen Politik und persönlichen Finanzinteressen unter die Nase gerieben. Babiš suchte daraufhin nach diskreditierendem Material über Šincl und konfrontierte ihn damit. Untragbare Stasi-Methoden seien das, sagen die Sozialdemokraten.

Bohuslav Sobotka  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Ein Stapel Papier mit der Aufschrift „Šincl“ – darüber hat sich die Regierungskoalition, genauer gesagt die Ano-Partei und die Sozialdemokraten, in dieser Woche entzweit. Am Donnerstag trat Premier Bohuslav Sobotka vor die Presse:

„Kein Regierungsmitglied darf in dieser Weise auf die sachliche Kritik oder die Frage eines Abgeordneten reagieren und eine Akte mit irgendwelchen kompromittierenden Materialien zusammenstellen.“

Die Sozialdemokraten forderten eine öffentliche Entschuldigung von Finanzminster Babiš. Die werde es nicht geben, teilte der Chef der Ano-Partei umgehend mit:

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
„Ich entschuldige mich nicht. Ganz einfach. Ich sehe keinen Grund für eine Entschuldigung. Mich hat am Dienstag der Abgeordnete Šincl in einer beispiellosen Form öffentlich angegriffen, dass ich Interessen im Versicherungswesen hätte.“

Um Beschränkungen für Versicherungsprovisionen, darum ging es in der Sache. Die Sozialdemokraten haben dazu einen Vorschlag eingebracht. In der Parlamentsdebatte wollte Šincl von Babiš wissen, ob der Widerstand darauf zurückzuführen sei, dass auch dessen Firmen davon profitierten. Schnell verschob sich die Debatte auf eine persönliche Ebene. Am Mittwoch verhandelten der Haushaltsausschuss und mit ihm ihr stellvertretender Vorsitzender Šincl erneut zum Thema Versicherungsprovisionen. Babiš hatte aber etwas ganz anderes vorbereitet, sagt Šincl.

Ladislav Šincl  (Foto: Archiv des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik)
„Er hatte vor sich eine Akte mit meinem Namen. Dann begann er mit Papieren zu wedeln. Darin stand, dass ich von meiner Bank ausgeschlossen worden sei, dass ich meiner Frau ein Haus überschrieben hätte und dass es sich dabei um Korruption handle.“

Ein weiterer Vorwurf: Šincl sei bezahlt vom tschechischen Lotto-König Valenta. Am Donnerstag sagte Babiš, er habe keineswegs eine Akte angelegt. Es seien lediglich Informationen aus den Medien, die er über Šincl zusammengetragen habe. Für die konservative Opposition war die Auseinandersetzung zwischen den Regierungsparteien ein gefundenes Fressen.

„Dies ist ein Angriff auf die Freiheit und den demokratischen Betrieb. Es liegt in der Verantwortung der Regierung, diese Werte zu verteidigen. Und wenn ihm das nicht den Kopf kostet, dann wird uns dieser Krake weiter auffressen.“

Miroslav Kalousek  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
So drastisch drückte es die Abgeordnete Miroslava Němcová von den Bürgerdemokraten aus. Auch der Vorsitzende von Top 09, Miroslav Kalousek, stellte die Frage, ob Babiš noch tragbar sei.

„Mit der Abberufung von Minister Chládek hat der Premier die Latte für das Benehmen seiner Minister sehr hoch gelegt. Und jetzt müssen wir sehen, ob diese Latte für alle gilt.“

Bei einem Treffen am Donnerstag vereinbarten die Koalitionsspitzen, dass Babiš und Šincl die Auseinandersetzung unter vier Augen lösen sollten. Šincl sagte, er habe keine große Lust auf ein erneutes Treffen mit Babiš. Allerdings, so war später zu hören, solle an seiner Person auch nicht die Koalition zerbrechen.