Babišs zweite Chance
Auf den Tag genau sechs Monate nach seiner ersten Angelobung wurde Andrej Babiš zum zweiten Mal zum Regierungschef ernannt.
Im Januar war der Ano-Parteichef mit dem Konzept einer Ano-Minderheitsregierung bei der obligatorischen Vertrauensfrage im Parlament gescheitert. Seitdem regiert sein Kabinett nur geschäftsführend.
Nun plant der 63-jährige Multimilliardär eine Koalition mit den Sozialdemokraten. Auch diese würde im 200-köpfigen Abgeordnetenhaus aber nur über 93 Stimmen verfügen. Daher hat Babiš eine Tolerierung des Kabinetts durch die Kommunisten ausgehandelt. Es ist zum ersten Mal seit der Wende von 1989, dass die Kommunisten bei der Regierungsbildung mit am Verhandlungstisch saßen. Dazu sagte der frischernannte Premier auf der Prager Burg, er habe zuvor eigentlich mit anderen Partnern verhandeln wollen:
„Alle wissen, dass wir drei Tage nach der Wahl betont haben, dass wir mit den Bürgerdemokraten insgesamt 103 Stimmen im Abgeordnetenhaus haben. Leider haben wir keine Einigung mit der Partei erreicht. Die jetzige Zusammensetzung der Regierung hat sich aus der Ablehnung der Parteien des sogenannten demokratischen Blocks ergeben, Verantwortung zu übernehmen.“Das Abkommen, dass seine Partei Ano mit den Kommunisten abschließe, sei auf den beiden Seiten ganz locker, bekräftigte Babiš. „Unser Land braucht schnell eine stabile Regierung, wir haben ein Maximum dafür gemacht.“
Das Zustandekommen des neuen Kabinetts ist allerdings noch nicht sicher. Noch bis Donnerstag kommender Woche stimmt in einem Mitgliedervotum die sozialdemokratische Basis darüber ab, ob ihre Partei das Bündnis überhaupt eingehen soll. Außerdem laufen strafrechtliche Ermittlungen gegen Babiš wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug.
Zeman forderte den Regierungschef nach der Ernennung auf, in annehmbarer Zeit einen Entwurf zur Zusammensetzung dessen Regierung vorzulegen. Babiš will seine Minister voraussichtlich Mitte Juni bekanntgeben, nachdem das Ergebnis des Mitgliedervotums bei den Sozialdemokraten vorliegt. Mit der Regierungsbildung wolle er sich beeilen und die Vertrauensfrage Anfang Juli den Abgeordneten stellen.
Babišs Partei Ano war bei der Parlamentswahl Ende Oktober mit 29,6 Prozent der Stimmen stärkste Kraft geworden.