„Eine halbe Milliarde – das ist zum Lachen!“ – tschechische Lehrer streiken
6000 Schulen über die ganze Tschechische Republik verteilt befinden sich laut Gewerkschaftsangaben in einem eintägigen Streik. Insgesamt über 130.000 Lehrer und Angestellte im Schulwesen. In Prag lässt die Hälfte aller Schulen Tafel und Kreide unberührt. Man streikt wegen zu niedriger Gehälter. Christian Rühmkorf hat mit Eva Marešová gesprochen, der Direktorin des deutsch-tschechischen Thomas-Mann-Gymnasiums in Prag. Dort wird nicht gestreikt, denn die Eltern zahlen Schulgeld. Es ist eine Privatschule. Zur Situation der Lehrer in Tschechien hat Eva Marešová dennoch einiges zu sagen.
„Ja, das verstehe ich durchaus. Aus folgenden Gründen: Das Anfangsgehalt – Brutto bitte, eines Lehrers, also eines Hochschulabsolventen, beträgt nicht mal 16.000 Kronen monatlich. Das betrifft also das erste Berufsjahr des Absolventen. Im letzten – das heißt nach mehr als 32 Jahren – können es nach der Tabelle 23.000 Kronen sein. Das heißt, während 32 Jahren kann man vom Anfang bis zum Ende seiner Karriere eigentlich nur um 8000 Kronen mehr verdienen. Wenn man das vergleicht mit den Gehältern anderer Hochschulabsoventen, dann ist das natürlich überhaupt kein Vergleich. Das Schulwesen, die Lehrer, sind unterbezahlt im Vergleich zu anderen Hochschulabsolventen.“
Nach Steuern und Abzügen hat ein Gymnasiallehrer im Schnitt knapp 20.000 Kronen auf der Hand, also rund 800 Euro. Die Gewerkschaften hatten eine soforte Aufstockung des Gehaltsetats in Höhe von drei Milliarden Kronen (120 Millionen Euro) gefordert. Bildungsminister Ondřej Liška konnte den Lehrern in diesem Jahr nur eine Aufstockungs um eine halbe Milliarde Kronen zusichern. Erst nächstes Jahr sollen noch vier Millarden hinzukommen. Ist der Schritt groß genug, den die Regierung auf die Lehrer zugemacht hat?
„Eine halbe Milliarde sind eine große Summe. Für jeden Lehrer heißt das 2.300 Kronen im Jahr, also 190 Kronen brutto pro Monat. Was ist das?! Das ist nichts. Das ist zum Lachen! Jede neue Regierung proklamiert, dass das Schulwesen die Priorität sein wird, aber eigentlich ist das noch nie passiert. Dazu muss ich sagen, dass auch die Aufgaben, die jetzt auf die Lehrer zukommen, immer größer werden. Man hat hier eine so genannte Schulreform durchgeführt. Man hat beschlossen, Schulen sollen schulinterne Programme erarbeiten und nach ihnen anders und besser und effektiver lehren. Aber es sind keine Mittel mit dieser Reform in das Schulwesen geflossen. Und das ist eine zusätzliche, zum Teil eine sehr theoretische Facharbeit, die da von Lehrern verlangt wird und das eigentlich nur so, nebenbei.“Soweit die Schulleiterin Eva Marešová vom Prager Thomas-Mann-Gymnasium. Bildungsminister Ondřej Liška hat sich am Streiktag unter das Lehrervolk begeben und bereits abgewunken. Eine radikale Anbebung des Schuletats müsse sich der Staat leisten können. Er werde nicht mehr versprechen, als möglich sei. Mit anderen Worten: Eine Absage an die Gewerkschaften und ihre Forderungen.